Pallieter
wie er herauskam, kreisten die Tierchen sofort wieder um die süßen Töpfe.
Dort, hoch über den Bäumen, erhob sich die alte Mühle; sie drehte friedlich ihre roten Flügel in dem ruhigen Südwind und ließ eine kupferne Wetterfahne glitzern, und da die Sonne sehr mächtig strahlte, war das Moos ganz hell, das so üppig in Streifen an dem schwarzen hölzernen Rumpf klebte.
Es war eine schöne Mühle, sie hing ein wenig hinten über, was sie noch freundlicher aussehen ließ, und sie herrschte über das Land, stolz wie eine Kirche, und war von allen Seiten sichtbar.
Pallieter ging gern hinauf, denn dort hatte er stets einen schönen Blick über die Bäume und die Fernen und genoß tief die Luft und ihre Elemente: den Wind, der das Land blau werden ließ, und die Regengardinen, die sich hinter der Welt emporschoben und die Erde begossen, während drüben die Sonne ein Dorf mit einer Mühle aus der Dunkelheit auftauchen ließ. — Er konnte sich stundenlang daran vergucken, an dem Wühlen und Wachsen der Wolken. Die Abende und die Morgen waren hier länger und die Nächte noch einmal so unendlich. Die Winter lagen drum herum wie wahrhaftige Breughels, und von hier aus sah man den Lenz leibhaftig aus dem Süden herankommen; und dann, immer und allenthalben in Sonne und Nebel, sah man das Landvolk die gütige Erde melken. War das nicht moseshaft?
Rasch kletterte Pallieter mit dem Honig und den Bienen auf das Atelier im obersten Stock der Mühle. Franzoos stämmige Frau folgte ihm lachend.
Der Freund stand halb nackend da und malte eine Panorama-Landschaft in dem gedämpften Licht, das durch die Luken kam, durch die man schon von der Mitte des Ateliers aus den weihrauchblauen Horizont sah.
Pallieter überreichte den Honigtopf, lief dann sofort nach einer der Luken und steckte den Kopf hinaus.
Hei! Luft und Licht! Soweit er sehen konnte, war Korn, Korn über die ganze Welt, um die Dörfer, den Beginenwald, die Häuser, um die Wiesen herum und an der Nethe entlang, goldenes Korn überall! Und klein und dünn und schwarz waren die Menschen hineingetüpfelt, die darin an der Arbeit waren.
Das war das heilige Werk des Korns! Weit und breit summte die Sense, überall drehten sich die Mühlen, und hier jagten die Flügel stöhnend und klappernd mit einem sausenden Luftstrom an seinem bewundernden Gesicht vorbei. Hei! das war alles, um Brot zu machen; das Manna, das aus der Erde kommt. Und hoch da droben schlug die Sonne ihr Licht ins All hinein.
»Heisa!« rief Pallieter Franzoo und seiner Frau zu, die gerade den Honig probierten, »seht die Welt! Sie gebiert! Sie gibt Muttermilch! Kommt, laßt uns feiern! Laßt uns durch das Korn gehen, die Erde küssen und im Boden ertrinken.«
Sie gingen hinunter und tranken bei dem Müller ein Gläschen roten Wein, und Pallieter bekam von Leonie, Franzoos Frau, einen großen Strauß von safrangelben Rosen; das war aus Dankbarkeit für seinen Honig, und er drückte die Nase hinein und machte die Augen zu vor übergroßem Wohlbehagen.
Und dann machten sich Pallieter und Franzoo auf, um den andern Honigtopf in das arme Krankenhaus zu bringen. Jeder hatte an einem Henkel angefaßt.
Sie gingen am Korn entlang.
Hier stand es noch und reifte gelb aus, vornübergebeugt durch die schweren Ähren und an der Erde blau und rot gesprenkelt; dort waren sie schon dabei, es zu schneiden, ein Trupp Männer mit lärmenden Binderinnen oder ein kleines Kerlchen allein. Ganze Felder waren hier und da schon fertig und standen nun voller schön aufgereihter Garben. Und um alles hing das starke Sonnenlicht wie ein Kranz, um die Ähren, die Bäume und die gebückten Menschen, und die Hitze zitterte darüber wie unruhiges Wasser.
Pallieter und Franzoo hatten sich ausgeschwätzt und schwiegen. Sie gingen im gleichen Schritt weiter, immer hinter dem Staub her, den ihre Füße aufwirbelten; und das einzige Geräusch war ihr Atem, das Klatschen einer Kornähre gegen ihr Gesicht und das Summen der Bienen um den Honigtopf.
So waren sie schon ein ganzes Ende gegangen, und Pallieters Mund war trocken wie Pulver vor Durst, und er hatte eine schreckliche Lust nach dem Geschmack von Bier bekommen. Aber sie waren tief im Land drin und in der Gegend nicht das kleinste Wirtshaus. Er würgte mit Mühe den Speichel in seinem Mund, der wie aus Leder war.
Aber nach einem Viertelstündchen sah er aus einem Hohlweg einen Bierwagen herangerasselt kommen, und er rief: »Hurra!«
»Was ist denn los, Vetter?« fragte
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