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Paloma

Paloma

Titel: Paloma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Dannenmann
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ältere, die sich an der Suche nach dem Vater beteiligt hatten. Aber nur selten kam es dabei zu wirklichen Gesprächen. Wenn zum Beispiel Erinnerungen an die jungen Jahre des Vaters aufkamen. Erinnerungen an einen kleinen, schüchternen jungen Mann, den Paloma nicht gekannt hatte. Von den jüngeren Männern kamen nur sehr wenige. Wofür Paloma Verständnis hatte. Sie hatten ihr eigenes Leben, Familie, ihre Arbeit.
    Auch ein paar ältere Frauen ließen sich blicken. Aber außer bei der alten Antonia, die erneut vergeblich versuchte, Paloma mit einem ihrer Neffen zu verkuppeln, schob Paloma dringende Arbeiten vor, um deren mitleidige Klagen zu entgehen. Lieber redete sie noch mit ihren Hühnern oder Schafen, wenn die Lust zum Reden sie überkam, als sich die Jammertiraden alter Frauen anzuhören, die mit neugierigen Blicken jede Zimmerecke inspizierten.
    Im Grunde hatte Palomas Sehnsucht nach einem Kind mit Ana zu tun. Deren kleiner Tomás war mittlerweile bereits drei und ein kleines wildes Teufelchen. Paloma liebte ihn sehr, sah ihn aber eher selten. Da Ana jetzt in einem der Souvenirläden arbeitete, hüteten ihre Eltern den Kleinen und sahen es eher mit Misstrauen, wenn ihr Enkel Paloma freudig entgegen lief.
    Weshalb Paloma letzten Endes plötzlich ganz sicher war, schwanger zu sein, konnte sie selber nicht sagen. Eines Morgens stand sie auf – mittlerweile war es August geworden – blickte in den blauen Himmel und spürte die Wärme auf ihren nackten Armen und wusste, dass sie ein Kind in sich trug. Ein Kind von Philipp. Sie wusste es ganz einfach. Es hatte lange gedauert, aber nun hatte die Glücksmuschel ihr doch endlich Glück gebracht.
    Noch am gleichen Tag räumte sie Marianos früheres Zimmer vollständig aus, zerrte seinen Schrank und sein Bett in den Anbau und begann, die Wände zu streichen. Als nächstes besorgte sie weißen, duftigen Stoff und nähte daraus Gardinen und brachte ein Fliegengitter am Fenster an. Nach und nach wollte sie ein paar Möbelstücke besorgen, ein Bettchen, einen Tisch, auf dem sie das Kind wickeln konnte. Und so wurde innerhalb kurzer Zeit aus Marianos ehemaligem Zimmer das zukünftige Kinderzimmer.
    Mit einem Rest Farbe, der noch vom Streichen der Fensterläden übrig war, strich Paloma auch den Tisch und die Stühle in der Sala. In leuchtendem Blau, von dem es hieß, es verjage die Fliegen. Und danach stellte sie Tisch und Stühle in die Mitte des Raumes, wie sie es bei Ana gesehen hatte, die sich in letzter Zeit häufig Zeitschriften kaufte, in denen viel über Kleider, Kinder und Wohnungseinrichtungen drin stand.
    Sämtliche Frauen, welche die alte Antonia ihr schickte, damit sie für Paloma strickten, wunderten sich über die Veränderungen im Haus.
    „Na, es sieht ja ganz so aus bei dir, als ob du demnächst hohen Besuch erwartest“, sagte Imma Lopez, die mit dem Fahrrad kam, die fertigen Pullover gebündelt auf dem Gepäckträger.
    „Kann schon sein“, sagte Paloma. Mehr nicht, sie wollte ihr wundervolles Geheimnis für sich behalten, solange es eben ging.
    „Ich wette“, fuhr Imma fort, „da steckt ein Mann dahinter. Wird auch so langsam Zeit, dass du dir einen an Land ziehst.“
    Paloma lachte. „Ich denke, du ziehst dir wohl eher einen an Land als ich.“
    „Ich?“ Imma schlug in gespieltem Entsetzen die Hände zusammen. Sie war bereits seit einigen Jahren Witwe, trug aber immer noch ausschließlich schwarz. Eine kleine, flinke Frau trotz ihrer breiten Hüften, die ihre Nase gerne überall reinsteckte.
    „Wer will denn schon eine alte Frau wie mich? Nein, nein, jetzt bist du erst mal dran. Und erzähl mir nicht, du findest keinen. Dann müssten sie schon alle blind sein, die jungen Männer hier bei uns. Und dazu noch dein ganzes Geld. Jeder weiß doch, du verdienst ein Vermögen mit deinen Pullovern.“
    Paloma hielt es für klüger, das Thema nicht weiter zu verfolgen. Sie wusste, dass neuerdings über ihren angeblichen Reichtum geredet wurde. Früher hatte man sie ein tüchtiges junges Mädchen genannt, aber seit eine ganze Reihe Frauen für sie strickte, war sie einigen wohl zu tüchtig geworden. Tatsächlich verdiente Paloma, und mit ihr die alte Antonia, eine schöne Stange Geld. Paloma war manchmal selber überrascht, wenn sie die Wocheneinnahmen zusammenrechnete. Sie war allerdings kein Einzelfall. Jeder, der weder arbeitsscheu noch auf den Kopf gefallen war, machte im Moment eine Menge Geld – allerdings gaben die meisten auch gleichzeitig eine

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