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Paloma

Paloma

Titel: Paloma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Dannenmann
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Vater nickte erneut.
    „Ich war auf dem Festland, die ganze Küste rauf und runter, ein paar Wochen lang. Aber Magali ...“ Der Fremde stieß den Rauch seiner Zigarette aus. „Nichts lässt sich mit Magali vergleichen.“
    „Magali ist klein. Nichts Besonderes“, sagte der Vater. Aber Paloma wusste nur zu genau, wie sehr es ihm gefiel, dass der Fremde so über Magali redete.
    „Und ich hab einiges gelernt, seit ich hier bin. Zum Beispiel, dass ich gerne was mit meinen Händen mache, lieber als über Büchern zu hocken. Wenn sich irgendwo Arbeit findet, so wie heute, greif ich zu. Wenn nicht, mache ich das da.“
    Ehe Paloma wusste, wie ihr geschah, hatte der Fremde nach dem Lederband gegriffen, das sie um den Hals trug und nahm den kleinen durchbohrten Stein in die Hand.
    „Das macht mir Spaß und vielleicht kann man das Zeug auch verkaufen.“
    Paloma wagte nicht, sich zu rühren und schielte zu der Hand so nahe an ihrem Kinn. Eine kräftige Hand, noch nicht von Wind und Sonne gegerbt wie die des Vaters. Nachdem der Fremde den Stein wieder los gelassen hatte, schob sie ihn hastig in den Ausschnitt ihres Kleides zurück.
    „So was verkaufen? An wen denn? Wer will denn so was schon kaufen?“, wollte der Vater wissen.
    „Touristen vielleicht. Sie kaufen doch gerne was, das sie an ihren Urlaub erinnert.“
    Paloma presste noch im letzten Moment die Lippen zusammen, bevor ihr womöglich rausrutschte, dass bestimmt niemand auf der ganzen Welt Geld ausgab für ganz gewöhnliche kleine Feldsteine, die man sich um den Hals hängen konnte. Auch ihr Vater blickte skeptisch, was den Fremden offensichtlich verunsicherte.
    „Es kommen doch Touristen im Sommer?“
    Der Vater winkte ab. „Nicht viele. Nur die paar, die hier Häuser gebaut haben oder ein paar Hippies ...“ Der Vater begann laut zu lachen. „Manche schlafen am Strand, manche sogar in alten Ställen ohne Dach und sie machen Musik und singen.“
    Auch der Fremde lachte jetzt. „Ich weiß schon, was Sie meinen. Ich wohne bei einer Malerin und ein Hippie ist sie wohl auch, jedenfalls sieht sie ein bisschen so aus.“
    Bei einer Malerin. Paloma musste an das bunte Bildchen denken, das Mariano ihr einmal mitgebracht hatte. Eine Mutter Gottes mit einem blauen Tuch über dem Kopf, das ihr fast bis zu den Augen reichte, die so schwarz waren wie die verkohlten Stücke Olivenholz, die in der Asche zurückblieben. Aber weil sie nicht gerne in diese schwarzen Augen sah, hatte sie das Bild in ihre Schublade gelegt, ganz nach unten, noch unter die beiden Taschentücher, die sie zur Kommunion bekommen hatte. Ob diese Malerin wohl auch so etwas malte?
    Am folgenden Tag saß der Fremde wieder bei ihnen am Tisch. Aber bevor Paloma das Essen austeilte, hieß der Vater sie, seine Hände anzuschauen. Sie sahen nicht sonderlich gut aus. Die ungewohnte Arbeit mit der Hacke hatte Spuren hinterlassen. Beide Handflächen waren rot und geschwollen und dort, wo die ersten Blasen geplatzt waren, bildeten sich nässende Flächen. Der Fremde winkte jedoch ab. Beide, er und auch der Vater, waren stolz darauf, dass sie in nur zwei Tagen die Saatkartoffeln in den Boden gebracht hatten. Alle Körbe im Stall waren leer.
    Nachdem sie gegessen hatten, suchte Paloma verschiedene Kräuter zusammen und zerrieb sie zu einer breiigen Masse, die sie dem Fremden auf die Handflächen strich.
     
    „Adiós“, sagte er, bevor er auf seine Mobylette stieg. „Und danke für alles“, an Paloma gewandt. Und den Vater erinnerte er noch einmal an das Land in der Cala Dragonera.
    „Salvador, überlegen Sie es sich. Irgendwann würde ich gerne ein Haus in der Gegend bauen. So eins wie dies hier, mit dicken Mauern und einer Terrasse davor.“ Dann trat er in die Pedale bis der Motor ansprang und während er über den Hof rollte, winkte er Paloma und ihrem Vater zu. Sie sahen ihm nach, bis er hinter einer Anhöhe verschwunden war.
    Von ferne war ein Grollen zu hören und schwarze Wolken zogen von der Cala Sahona her auf.
    „Wenn es heute Nacht noch regnet, hat uns der Fremde Glück gebracht“, sagte der Vater nach einem langen Blick hinauf zum Himmel.
     
    Es vergingen mehrere Tage, ehe Paloma den Vater fragte, ob der Fremde noch einmal wiederkäme. Aber der Vater zuckte nur mit den Schultern. Wer konnte schon wissen, was diese Fremden taten? Sie kamen und gingen und kamen erneut. Ob es sich jedoch immer um die gleichen handelte, war ebenfalls ungewiss. Sahen sie nicht alle mehr oder weniger ziemlich

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