Paloma
wenn ich nur wüsste, wie ich Ihnen irgendwie helfen kann.“
„Danke, das ist sehr freundlich von Ihnen, aber es wird ganz bestimmt nicht nötig sein. Das hoffe ich wenigstens.“
„Falls Sie aber doch Hilfe brauchen, kann ich mich darauf verlassen, dass Sie mir Bescheid sagen?“
Paloma nickte.
Als er ging, lud sie ihn wie gewöhnlich ein, am kommenden Sonntag wiederzukommen. Allerdings ohne zu ahnen, wie viel bis zum kommenden Sonntag geschehen würde.
Palomas Berechnung nach, würde Ernesto oder auch Ana in etwa zwei Wochen Catalina holen müssen. Und sie konnte diesen Tag auch kaum mehr erwarten. Sie kam sich so plump und schwerfällig vor, als ob sie einen Sack Kartoffeln mit sich herumschleppte, kam nur noch mühsam von einem Stuhl hoch oder morgens aus dem Bett. Und im Nebenzimmer wartete bereits ein mit hübschem Stoff bezogener Korb auf das Kleine. Damit kein Staub hereinkam, blieben Tür und Fensterläden in dem Zimmer ständig geschlossen. Nur am Morgen lüftete Paloma das Zimmer und sah sich zum vielleicht hundertsten Mal all die kleinen Sachen an, die sie für ihr Kind besorgt hatte.
Als sie am Samstag mit einem leichten Ziehen in der Rückengegend aufwachte, kümmerte sie sich nicht weiter darum. Sagte sich nur, sie habe möglicherweise schlecht gelegen in der Nacht. Und da sie nun schon einmal wach war, stand sie auf und zog sich an und bald hatte sie den leichten Schmerz im Rücken auch wieder vergessen.
Sie frühstückte und versorgte die Tiere und wollte dann den Boden in der Sala aufwischen, wie sie es jeden Morgen tat. Als sie jedoch einen Eimer voll Wasser aus der Zisterne holte, fuhr ihr plötzlich ein heftiger Schmerz in den Rücken, bis hinunter zur Hüfte. Leise stöhnend richtete Paloma sich auf. Und atmete dann kräftig und gleichmäßig durch, bis der Schmerz allmählich wieder verging. Dann zog sie erneut einen Eimer Wasser aus der Zisterne, machte ihn aber diesmal nur noch halbvoll. Trotzdem strengte es sie mehr an als gewöhnlich, und sie war froh, als sie die Ration Wasser, die sie für gewöhnlich für einen Tag brauchte, beisammen hatte. Irgendwie fühlte sie sich heute nicht besonders wohl. Sie fröstelte.
Es war einer jener Februartage auf der Insel, an denen sich feuchtkühle Luft schwer in die Kleider legt und es einen schaudert vor Kälte, obwohl es nicht wirklich kalt war. Paloma holte sich ihr altes Wolltuch vor, das sie schon länger nicht mehr trug und legte es sich um die Schultern. Dann setzte sie sich eine Weile auf die Verandamauer, um sich ein wenig auszuruhen. Eine seltsame innere Unruhe ließ sie jedoch schon bald wieder aufstehen und da sie sich mit irgendetwas ablenken wollte, machte sie mit ihrer Hausarbeit weiter. Sie füllte Wasser in einen Topf für die Kartoffeln, die sie mittags essen wollte. Als sie jedoch in die Knie ging, um das Feuer im Küchenanbau anzuzünden, durchfuhr sie erneut jener starke Schmerz.
Beide Hände in die Hüfte gestützt, stemmte sie sich schweratmend in die Höhe und klammerte sich an die Tischkante, bis der erneute Schmerzanfall vorüber war. Danach setzte sie sich auf einen Stuhl, die Hände in die Hüfte gestemmt, auf weitere Schmerzen gefasst. Und während sie so dasaß und wartete, dämmerte ihr allmählich, dass es möglicherweise nicht diese Rückenschmerzen waren, die man manchmal bekam, wenn man etwas Schweres angehoben hatte. Sondern dass sich vielleicht die bevorstehende Geburt ihres Kindes ankündigte. Sie überlegte krampfhaft, ob Ana jemals über Rückenschmerzen geredet hatte, konnte sich aber nicht daran erinnern. Dabei hatte Ana oft und viel von der Geburt ihrer Kinder erzählt.
Da die Schmerzen jetzt jedoch in regelmäßigen Abständen kamen und gingen, zweifelte Paloma bald nicht mehr daran, dass es sich um erste Wehen handelte. Sie versuchte, völlig ruhig zu bleiben und sich in Erinnerung zu rufen, was sie und Ana für diesen Fall vereinbart hatten. Was kam als erstes? Raus aus dem Haus. Hinüber zu Ana. Paloma wartete eine erneute Schmerzwelle ab, die ihr trotz der Kälteschauer, die ihr über den Rücken liefen, Schweiß auf die Stirn trieb. Und verließ dann mit kurzen, schwerfälligen Schritten das Haus, beide Hände in die Hüften gestemmt, wo der Schmerz sich nun endgültig eingenistet hatte.
Ich muss es schaffen, ich muss, sagte sie sich bei jedem Schritt. Ich muss rüber zu Ana, damit sie Catalina holen kann. Oh Gott! Hilf mir, dass ich es schaffe!
Wenn neuer Schmerz sie überschwemmte, was
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