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Paloma

Paloma

Titel: Paloma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Dannenmann
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dann fiel ihr Blick auf das Wollbündel in ihren Armen und sie schämte sich für solche Gedanken. Wie konnte sie Philipp hassen, wo sie eben sein Kind auf die Welt gebracht hatte. Paloma scheuchte die beiden Ziegen fort, die neugierig das Wolltuch beäugten und richtete sich dann, an der Mauer Halt suchend, wieder auf. Und als sie spürte, dass sie sicher auf den Beinen stehen konnte, drückte sie ihr Kind erleichtert an sich, wobei sie ein so warmes, zärtliches Gefühl überkam, dass ihr Tränen übers Gesicht liefen. Sie blickte auf die winzigen Händchen, den kleinen Körper, dem noch alles Rundliche fehlte, strich mit der Hand über den verklebten Flaum auf dem kleinen Kopf. Dabei fiel ihr ein, sie hatte Wasser für die Kartoffeln auf dem Feuer, das sie nun gut für das erste Bad ihrer Tochter gebrauchen konnte. .
    Während Paloma langsam, ängstlich bedacht, mit ihrer kostbaren Fracht nicht zu stolpern, ins Haus zurückkehrte, war ein ums andere Mal ihr Lachen zu hören. Und sie flüsterte vor sich hin: „Es ist nicht zu fassen, nicht zu fassen! Du, Kleines, hast mir noch eben solchen Kummer gemacht und jetzt liegst du in meinem Arm und verziehst dein Gesicht und siehst aus wie ein kleiner Frosch.“ Hühner und Truthähne kamen Paloma im Laufschritt entgegen und auch die Gänse kamen angewatschelt und begleitet von lautem Geschnatter und Gegacker legte Paloma den Rest des Weges ins Haus zurück.
     
    Paloma gab ihrer Tochter den Namen Maria Christina. Allerdings sollte es nicht lange dauern und jeder, selbst Paloma, hatte den Namen wieder vergessen. Daran waren die Frauen schuld. Die Frauen aus der Nachbarschaft oder Verwandtschaft, die kamen, um sich das Neugeborene anzusehen. Sie beugten sich über das Körbchen und riefen: „Ay! Que blanca!“
    Und wenn Paloma unten im Ort eine der Frauen begegnete, erkundigte sich niemand nach Maria Christina, immer hieß es dann: „Wie geht es deiner kleinen Blanca?“
    Und da wohl kaum ein Name besser zu dem Kind gepasst hätte, blieb er hängen. Vor allem nachdem der auffallend helle Flaum auf dem kleinen Kopf dichter wurde und dadurch noch heller schimmerte. Wenn die Sonne draufschien, hatte er dasselbe weiß wie die sonnenbeschienen Strände. Was Paloma an ihrem Kind aber am meisten entzückte, war nicht die Farbe seiner Haare sondern die seiner Augen. Sie waren von kräftigem Blau, ohne verwaschen oder farblos zu wirken. Wie die Farbe des Meeres, wenn der Himmel wolkenlos war.
    Ana, die Philipp vor Jahren einmal auf dem Hof gesehen hatte, sprach Paloma auf die verblüffende Ähnlichkeit an, die sich bei dem Kind zeigte. Und meinte, es sei geradezu eine Sünde, wenn Paloma ihm nicht Blancas Geburt mitteilte. Aber Paloma wollte davon nichts wissen. Nicht einmal Anas Prophezeiung, er würde sich in das nächste Flugzeug setzen und herkommen, sobald er von dem Kind erfuhr, konnte sie umstimmen.
    „Eines Tages kommt er sowieso wieder. Du wirst schon sehen“, sagte sie.
    „Ja, eines Tages vielleicht. Aber wieso willst du so lange warten?“
    „Ich warte ja nicht auf ihn. Wenn er eines Tages wieder da ist, freue ich mich darüber. Und irgendwann kommt er bestimmt ... schon wegen der Cala Dragonera.“
    „Du meinst, das Land sei ihm wichtiger als du? Als du und das Kind?“, Anas Stimme drückte ihre ganze Fassungslosigkeit aus.
    „Vielleicht nicht wichtiger. Aber sehr wichtig. Vielleicht hat er mich ja schon vergessen, aber sein Land unten an der Cala Dragonera ganz bestimmt nicht.“
    „Also dann tu etwas, damit er dich nicht ganz vergisst. Blanca ist so ein süßes Kind, wenn er sie sehen würde ...“
    „Irgendwann wird er sie ganz bestimmt sehen.“
    Paloma drückte das kleine Bündel an sich und strich ihm über das helle Köpfchen. Ihre Sehnsucht nach Philipp war wieder jener ruhigen Gewissheit gewichen, mit der sie schon seit langem ihr Leben eingerichtet hatte, dass nichts, aber auch gar nichts, an ihrer Liebe zu Philipp je etwas ändern konnte. Und durch Blanca gab es noch etwas Zusätzliches, das sie mit ihm verband. Etwas, das Bestand hatte für alle Zeiten.
     
    Obwohl Paloma sich nichts vormachte, erfuhr sie nicht, wie heftig über sie und ihr Kind unter den Frauen geklatscht wurde. Ein Glück, dass Salvador das nicht mehr miterlebt hatte, hieß es sogar. Hübsch sollte es zwar sein, Palomas Kind, und hellhaarig. Um mitreden zu können, musste man das sagenhafte Kind aber auch gesehen haben. Und da Blanca tatsächlich so hübsch war, wie allgemein

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