Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Palzki 09 - Ahnenfluch

Palzki 09 - Ahnenfluch

Titel: Palzki 09 - Ahnenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
Vom Netzwerk:
hatte ich aufgrund seiner Einmaligkeit auf dieser Welt sofort erkannt. Sein extrem wucherndes und ungepflegtes Barthaar ging nahtlos in die ebenso wilde Kopfbehaarung über, die erst tief über seinen Schultern endete. Von seiner Gesichtspartie war nichts, aber auch absolut nichts zu erkennen. Keine Ahnung, wie er seine Umwelt optisch wahrnahm. Vor gut einem Jahr hatte ich ihn Waldschrat getauft, als er mir bei meinen Recherchen zu einem toten Erntehelfer über den Weg lief. Auch bei den Ermittlungen des Serienmörders in der S-Bahn an Fasnacht machte ich seine Bekanntschaft. Nicht genug, war neben der Erscheinung sein Dialekt das Herbste, was man sich vorstellen konnte, vom Sächsischen mal abgesehen. Und schon legte er los, als er mich erkannte. Sein Goldzahn blitzte durch den haarigen Dschungel.
    »Oh, servus, du bischt doch de Bolizischt wu blos Pilsbier sauft, odär? Wie siehschten du aus? Gans dreckisch, bischt higfalle? Des kummt defu, wenn ma schunn morjens afangt zu saufe.«
    Er griff in den etwa halbleeren Kasten und reichte mir eine Flasche Export.
    Ich winkte ab. »Ich trinke nur Pilsener.«
    »Des haw ich domols an Fasnacht in de Bahofskneip schunn mitkriggt. Ich hab awer nix anneres. Warum is do alles voller Bulle? Laaft mol widder ähn Deifel Amok? Oder hot des was mit derre Armbrust zu due, wu der Kerl do vorhin rumgetrage hot?«
    Der Waldschrat schob seinen Rollator näher zu mir und setzte sich neben mich auf die Steinmauer.
    »Sie haben eine Person mit einer Armbrust gesehen?«
    Der Waldschrat nahm einen Schluck aus der Flasche und rülpste dermaßen laut, dass er damit die gerade läutenden Glocken der nicht weit entfernten St. Jakobus-Kirche übertönte. Der sich verbreitende Geruch leerte meinen Magen vollends.
    »Eijo«, begann er schließlich. »Der Kerl hot ausgesehe, als wär er nimmi gans sauwer. Der iss do in alte Klamotte rumgeloffe.« Er machte eine Wischbewegung vor seinem Gesicht.
    »Was meinen Sie mit alten Kleidern?« Diese Frage kam von Zweier. Der Waldschrat schaute kurz zu ihm, dann zu mir. »Ghert der zu dir? Iss des a ähn Bulle?«
    Ich nickte, auch wenn es nicht stimmte.
    »Ich meen so richtisch alte Kleeder, wie aussem Museum halt.«
    »Sie wissen, was ein Museum ist?« Mist, die Frage war mir spontan herausgerutscht. Hoffentlich sah er sie nicht als Beleidigung an.
    »A her ämol, ich war johrelang in Ludwigshafe Stammgast im Biermuseum. Bis es halt zugemacht hot.«
    Ich wusste, dass das Biermuseum kein Museum war, sondern eine Kneipe, in der es über 100 Sorten Bier aus aller Welt gab.
    »Haben Sie gesehen, wie er mit der Armbrust schoss?«
    Die Vorderseite des Haar-Dschungels schaute links am Adlergebäude vorbei zur Kirchenstraße. Ein kleiner Streifen Büsche trennte die Straße vom Parkplatz des Hofes. Mit der Flasche in der Hand zeigte er in diese Richtung.
    »Do driwwe war er gstanne, direkt hinner dem große Busch. Ich hab gsehe, wie er die Armbruscht in ähn Beitel gsteckt hot. Dann iss er fortgerennt.«
    »Haben Sie gesehen, wo er hingerannt ist? Wie hat er ausgesehen?«
    »Ihr Bulle wollen es awer a immer ganz genau wisse. Der hot ganz normal ausgsehe, ah wenn er nimmi normal war mit seine Kleeder. Der ist do vorne um die Eck gerennt, wus zum Caravella geht. Vielleicht iss er was esse gange?«
    Da war ich anderer Meinung. Der Name Caravella aktivierte allerdings meine Magensäure. Zusammen mit einem leeren Magen war das fatal. Mein Magen knurrte und das nicht gerade leise.
    »Trink halt doch mol ä Export«, forderte mich der Waldschrat auf. »Des helft mer a immer, wenn ich Hunger hab.«
    Im Augenwinkel hatte ich beobachtet, wie Gerhard zwei Streifenbeamte zu dem Busch beorderte. Viel mehr Informationen würden wir nicht von ihm erfahren.
    Gerhard hatte noch eine Frage: »Wo haben Sie eigentlich Ihren schönen Schäferhund?«
    »Mein Zeus? Der hot heit deheem bleiwe misse, ich muss uffs Rothaus niwwer. Do gibt’s ä paar, die hän Angst vor meim liewe Zeus. Bloß weil ich mei Hundl ämol im Rothaus rumrenne hab losse.« Er zeigte auf seinen Rollator. »Seit die Bahofskneip mit de Preise so uffgschlage hot, geh ich nur noch zwee mol am Tag hi. Fer de Rest vum Tag laaf ich mit meim Export-Porsche rum. De Kaschte Bier langt grad fer bis zum Rothaus unn widder zurick.«
    Im Hintergrund sah ich Zweier, wie er sich angeregt mit Histor, dem Leiter des Museums, unterhielt. Unter allen Umständen musste ich verhindern, dass ich mir heute noch das Museum anschauen

Weitere Kostenlose Bücher