Palzki 09 - Ahnenfluch
uns schlicht und einfach verpasst. Ich bin die ganze Zeit im Museum herumgeirrt und habe mir vieles angeschaut. Mein Wissen über die Wittelsbacher hat heute beträchtlich zugenommen. Wann machen wir weiter?«
»Jetzt ist erst mal Wochenende, Palzki. Aber Montagfrüh geht’s gleich weiter, wir können uns keine weiteren Verzögerungen leisten. Kommen Sie eigentlich morgen auch zu Herrn Beckers Premierenveranstaltung? Es ist ein schöner Kriminalroman geworden.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, blickte er zu dem Schriftsteller. »Kommen Sie doch gleich noch auf einen Sprung mit zu mir in mein Büro. Wir sollten den Ablauf der Lesung nochmal durchsprechen, damit nichts schiefgeht.«
Widerwillig stand der Autor auf und folgte unserem Chef und seinem Freund Ludwig-Wilhelm Zweier. Auf der einen Seite war es gut, dass KPD und Zweier so schnell wieder verschwunden waren, auf der anderen Seite war es ärgerlich, dass er Becker mitnahm. Nun war die Antwort um das Geheimnis der Gruft abermals vertagt.
Jürgen, der still hinter Juttas Computer saß und den KPD nicht einmal registriert hatte, kam zu uns an den Besprechungstisch.
»Viel schlauer werden wir dadurch nicht«, meinte er. »Der Text handelt ausschließlich von der Verwandtschaft Christians IV., Herzog von Pfalz-Zweibrücken. Da dieser keine erbberechtigten Kinder hatte, sollte nach einem Wittelsbacher Hausvertrag sein jüngerer Bruder Friedrich der Erbe von unserem bekannten Carl Theodor werden. Sein Bruder Friedrich starb allerdings früh, hatte aber zwei Söhne, Karl August und Max Joseph, die nach dem Tode ihres Vaters von ihrem Onkel Christian erzogen wurden.«
»Das ist ja hochinteressant«, schnaubte ich sarkastisch.
»Es kommt noch besser. Nach dem Tod von Christian IV. wurde sein Neffe Karl II. August Herzog von Pfalz-Zweibrücken. Doch auch er starb 1795 noch zu Lebzeiten Carl Theodors. Sein Bruder Max Joseph wurde schließlich 1799 Erbe von Carl Theodor und 1806 zum ersten König von Bayern.«
»Und deswegen wurden Menschen umgebracht? Das steht doch bestimmt in Wikipedia.«
Jürgen nickte. »Bis dahin stimmt alles überein, Reiner. Doch ein Abschnitt birgt Sprengkraft.«
»Dann spreng mal los«, sagte ich gespielt gelangweilt. Die Daten konnte ich mir sowieso nicht merken.
»Dieser Christian IV. heiratete die 16-jährige Tänzerin Marianne Camasse. Sie wurde später Gräfin. Mit ihr hatte er sechs Kinder, die aber nicht als erbberechtigt galten.«
»Das wissen wir doch alles schon.«
»In dem Schriftstück wird aber behauptet, dass er seine Frau zwar am Mannheimer Theater kennengelernt hat, sie aber keine Tänzerin war, sondern bereits von Geburt an adlig. Er heiratete also von vornherein standesgemäß. Die Geschichte mit der Tänzerin soll erst nachträglich forciert worden sein, um die Erbreihenfolge der Wittelsbacher nicht ändern zu müssen.«
»Heißt das, die Geschichte wäre anders verlaufen, wenn damals der Richtige geerbt hätte?«
»Davon ist auszugehen«, meinte Jürgen. »Dann wäre den Bayern auch Ludwig II. erspart geblieben. Allerdings gäbe es dann auch kein Schloss Neuschwanstein und solche Dinge.«
»Das könnte ich gerade noch verschmerzen. Wer wäre dann der richtige Erbe gewesen?«
Jürgen las weiter von seiner Übersetzung ab. »Christian IV. hatte sechs Kinder. Der erste Sohn bekam nur drei Mädchen, das hatten wir ja bereits entschlüsselt. Sein Zweitgeborener, Philipp Wilhelm von Forbach, brachte vier Kinder, darunter zwei Söhne zur Welt.«
»Er brachte sie selbst zur Welt?«, fragte ich überrascht.
»Ich meine natürlich seine Frau«, verbesserte Jürgen lächelnd. »Wir sind auch noch nicht fertig, Reiner. Jetzt kommt der Knaller.« Er blickte in die Übersetzung und las ab. »Dieser Philipp kam, wie gesagt, auf vier Kinder. Der Erste hieß, haltet euch fest, Christian Marianne Wilhelm August Franz von Birkenfeld-Bischweiler. Na, ist das nicht ein toller Name?«
Ich atmete geräuschvoll aus. In meiner Fantasie hatte ich mir eingebildet, dass nun der Name Diefenbach auftauchen würde.
»Wie lang geht das noch weiter?«, fragte ich leicht genervt. »Hatte der Typ mit dem rekordverdächtig langen Namen auch wieder Kinder?«
Jürgen zeigte sich von meinem sarkastischen Einwand unbeeindruckt. »Dieser Christian von Forbach, wie er abgekürzt hieß, war zweimal verheiratet. Seine erste Frau starb mit 18 Jahren zwei Monate nach der Geburt des einzigen Kindes von Christian. Sie hieß Christiane Freifrau von
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