Palzki 09 - Ahnenfluch
zornig. »Dietmar Becker höchstpersönlich hat dich ausgeschmiert. Aber das badest du dieses Mal selbst aus. Mit Sicherheit wird er darüber in seinem nächsten Krimi schreiben.«
Betroffen blickte er mich an. Doch ich war noch nicht fertig. »Am gleichen Abend muss unser Mörder in dem Haus der Professorin gewesen sein. Das hast du bestimmt auch übersehen, oder?«
»Nein, da war niemand!«, behauptete Jürgen steif und fest. »Nur der Spaziergänger mit den wuscheligen Haaren. Aber der ist nicht zum Haus gegangen.«
Zu dritt glotzten wir ihn an. »Was für ein Spaziergänger?«, fragten wir fast synchron.
»Das war nur ein harmloser alter Mann«, erläuterte unser Jungkollege verlegen. »Er klopfte an die Scheibe der Beifahrerseite und fragte mich, was ich da machen würde. Ich sagte ihm, dass ich auf jemanden warte. Dann fragte er mich nach einer bestimmten Straße in Limburgerhof. Während ich auf meinem Notebook nachschaute, ließ ich ihn kurz in den Wagen steigen.«
»Und dann ging er wieder?«, fragte Jutta skeptisch.
Jürgen wand sich. Schließlich antwortete er kleinlaut: »Ich weiß nicht mehr so genau. Irgendwann war er dann weg.«
Das gibt’s doch nicht, dachte ich, und Gerhard und Jutta wahrscheinlich auch. So naiv kann doch kein Mensch sein.
»Ist dir an dem Mann etwas aufgefallen?«
»Na ja, seine wuscheligen Haare. Zuerst dachte ich, er hätte eine Perücke auf. Dann holte er aber eine Dose Haarspray aus der Jackentasche. Das hätte er ja nicht gemacht, wenn die Haare unecht gewesen wären.«
»Und von da an weißt du nichts mehr, stimmt’s?«
Sein Nicken war nur noch die Bestätigung.
»Er hat dich betäubt, mein Lieber. So wie die Professorin und die Studenten in Mannheim.«
Mit großen Augen schaute er mich an. »Dann war das gar kein Haarspray?«
Mit einer übertriebenen Handbewegung klatschte ich mir an die Stirn. Natürlich genau an die Stelle, an die mir im Zeughaus die Skulptur gedonnert war. Ein schmerzhaftes Ziehen durchzog meinen Schädel. Vielleicht war es auch besser so, sonst hätte ich Jürgen vollends zur Sau gemacht.
»Hallihallo«, schallte es zur Tür herein. Becker war angekommen.
»Ich habe unterwegs noch kurz an einer Bäckerei gehalten«, sagte der Student. »Ich hoffe, das geht in Ordnung, Kollege Palzki.«
Da Jutta und Gerhard erstaunt dreinblickten, klärte ich sie auf. »Das haben wir als Tarnung im Schwetzinger Schloss benutzt. Damit ist jetzt aber Schluss, Herr Becker.« Meine Magensäfte brodelten.
Jürgen war froh, dass wir an einem anderen Thema angelangt waren. Der Student öffnete die Tüte und ich sah die Misere.
»In Ludwigshafen habe ich zufällig eine Bäckerei entdeckt, die neuerdings vegane Produkte anbietet. Warum nicht mal so etwas probieren, dachte ich mir. Die Verkäuferinnen sind sehr freundlich gewesen.«
»Die kann man aber nicht essen«, kommentierte ich enttäuscht. Das Zeug, das er mitgebracht hatte, sah widerwärtig aus. Seltsamerweise sahen das meine Kollegen anders. Und zwar alle. Ich konnte darüber nur den Kopf schütteln.
»Haben Sie die Kopien?«
Becker strahlte über beide Wangen. »Aber sicher doch, auf mich ist stets Verlass. Unterwegs habe ich mir bereits Gedanken über ein Exposé für meinen nächsten Krimi gemacht, Herr Palzki. Die Szene im Schwetzinger Schloss ist auf jeden Fall dabei. Auch Sie, Herr Palzki, werde ich selbstverständlich gebührend erwähnen, damit der Humor nicht zu kurz kommt.«
Ich bedankte mich nicht und sagte stattdessen: »Dann geben Sie das Zeug mal gleich an Jürgen weiter. Wie das geht, haben Sie gestern Abend bereits als Pizzabote geübt.«
Der Student zog ein paar Blätter aus seiner Hosentasche und übergab diese mit einem ›tut mir leid‹ an unseren Jungkollegen. Dieser zog die Schultern ein, schnappte sich die Kopien und setzte sich wie selbstverständlich an Juttas Computer.
»Ach, fast hätte ich es vergessen«, sagte Gerhard, stand auf und gab mir ein Blatt Papier, das auf Juttas Schreibtisch lag. »Du hast mal wieder eine anonyme Nachricht bekommen. Eine mehr oder weniger persönliche Einladung zu einer Kriminacht. Seit wann interessierst du dich für so etwas, Reiner?«
Während ich stutzig dreinschaute, überschlug sich fast die Stimme unseres Hobbyautors. »Kriminacht? Meinen Sie meinen Auftritt morgen im Mannheimer Barockschloss?«
Mit dieser Frage bestätigte er, dass er immer für eine Überraschung gut war.
»Wovon faseln Sie da?«, fragte ich zurück, während
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