Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer
mich eben darum kümmern. Bring mich zu den Gefangenen, die heute Morgen gekommen sind.«
»Ich fürchte, das ist nicht möglich, Herr«, sagte der Soldat zögernd. »Corvas hat den Befehl gegeben, dass nur er zu ihnen vorgelassen werden darf.«
»Er ist aber nun einmal nicht da.«
»Der Befehl war unmissverständlich, Herr.«
»Jetzt hör mir mal gut zu«, sagte Jackon barsch und mit all der Arroganz, die er sich in den Diensten der Lady angeeignet hatte. »Weißt du, woher ich diesen Kratzer habe? Es gab einen Anschlag auf Lady Sarka. Die Attentäter konnten fliehen, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass sie zurückkommen. Die Herrin hat mich hergeschickt, damit ich herausfinde, wer dahintersteckt. Deshalb lässt du mich jetzt
sofort zu
den Gefangenen.«
Der Soldat haderte sichtlich mit sich. Damit er nicht auf die Idee kam, Fragen zu stellen, setzte Jackon nach: »Aber wenn du lieber auf Corvas warten willst — nur zu. Ich bin nicht derjenige, der Lady Sarka morgen erklären muss, warum wertvolle Zeit vergeudet wurde.«
Der Wächter schluckte. »Also gut«, meinte er schließlich. »Unter diesen Umständen ist es wohl vertretbar, eine Ausnahme zu machen.«
Er ging voraus Richtung Innenhof.
Jackons Herz schlug bis zum Hals, während er dem Mann folgte. Was er da tat, war absoluter Wahnsinn. Jetzt musste er so überzeugend sein wie noch nie zuvor in seinem Leben. Nur ein falsches Wort, nur einen Moment der Unsicherheit, und es wäre um ihn geschehen.
Und schon im Innenhof gab es eine böse Überraschung. Während sie den viereckigen Platz überquerten, öffnete sich eine Tür, und mehrere Soldaten traten heraus.
Sie führten Vivana, Lucien und Godfrey ab.
Vor Anspannung krampfte sich sein Magen zusammen.
Nichts anmerken lassen,
sagte er sich.
Einfach weitergehen.
Vivana sah zu ihm her — und ihre Augen weiteten sich. Er konnte ihr förmlich ansehen, was sie dachte:
Hilft er uns, oder verrät er uns wieder?
Jackon betete, dass sie nichts tat, das ihn in Schwierigkeiten brachte.
Es gab einen kurzen Wortwechsel zwischen seinem Führer und den anderen Soldaten.
»Das sind die Eindringlinge, Herr«, erklärte der Wächter.
»Wohin bringt ihr sie?«
»Zu den Zellen. Corvas wird sie morgen verhören wollen.«
Jackons Gedanken rasten. Wenn die Soldaten Vivana, Lucien und Godfrey ins Gefängnis warfen, würde das seinen Plan verkomplizieren. »Nein. Ich verhöre sie selbst. Wartet hier oben mit ihnen.«
»Dieses Vorgehen ist unüblich«, meinte der Soldat unsicher.
»Du kannst dich ja morgen bei Corvas beschweren. Weiter jetzt! Ich habe nicht die ganze Nacht Zeit.«
Nachdem sein Befehl an den Trupp weitergegeben worden war, brachte ihn der Wächter zum Gefängnis des Ministeriums, ein unübersichtliches und verwinkeltes Gewirr aus Kammern und Gängen. Von einem zentralen Raum, der sich über alle drei unterirdische Geschosse erstreckte, führten vergitterte Durchgänge zu den verschiedenen Zellentrakten. Zwei hölzerne Galerien, erreichbar über mehrere Treppen, umliefen den Saal, von dessen Gewölbedecke rostige Ketten mit Öllampen hingen.
Jackons Anspannung wuchs. Es würde viel Zeit kosten, Liam und die anderen aus diesem Labyrinth herauszuholen. Und mit jeder Minute, die verstrich, stieg das Risiko, dass man ihm auf die Schliche kam.
Wenigstens begegneten ihnen keine Spiegelmänner. Corvas hatte offenbar alle mitgenommen. Auch menschliche Wachen gab es hier unten kaum, und die wenigen, die sie antrafen, litten sichtlich unter den Traumstörungen. Sein Führer trug den übermüdeten Männern Jackons Anliegen vor. Es gab eine kurze Diskussion, bei der sich die Soldaten auf Corvas' Befehl beriefen und Jackon zunächst den Zutritt zum Zellentrakt verweigern wollten, doch schließlich fügten sie sich. Jackons Führer ließ sich einen Schlüsselring aushändigen, und sie stiegen eine der Treppen hinunter.
Der Soldat schloss ein Gitter auf. Dahinter erstreckte sich ein Gewölbe, dessen Rundbögen mit seltsamen Symbolen versehen waren, alchymistische Schriftzeichen und Figuren, die Basilisken, Chimären und andere Mischwesen darstellten.
»Die Gefangenen sind in diesem Trakt untergebracht«, sagte der Soldat.
»Gut. Bring mich zu der Zelle, in der Liam Hugnall festgehalten wird.«
»Wir haben hier nur einen Liam Satander.«
»Das ist er.«
Der Wächter ging zu einer eisenverstärkten Tür und schob den Schlüssel ins Schloss — und plötzlich wurde Jackon klar, wovor er
wirklich
Angst hatte.
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