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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Odin
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beobachteten, wie der Infizierte sie nach und nach zerfleischte. Einen Moment lang hatten sie einen Anflug verspürt, dieser unbarmherzigen Frau zu helfen, es aber dann doch unterlassen. Sie warteten ab, bis der Infizierte sein Werk vollendet hatte und wieder verschwand. Dann liefen sie los und stiegen über die Leiche hinweg in das Fahrzeug, das ein perfektes Fluchtauto abgeben würde.

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    Es waren keine Geschäftspapiere, die Schanz aus dem Safe in seinem Büro holen wollte, sondern Gold. Viel Gold. In Form von Krügerrand-Münzen.
    Von seinem Vater hatte er die ersten Münzen geerbt und dann im Laufe der Jahre weitere dazugekauft. Darunter befanden sich auch solche Sammlerstücke wie die »Prestige Version« oder die »Proof«. Was für ein Glück, dass er einen Teil seines Vermögens in Gold sicher angelegt hatte. Während des New-Economy-Booms um die Jahrtausendwende hatte er im großen Stil mit Aktien spekuliert und dabei eine Menge Geld verdient, das er aber wieder verloren hatte, als die Dotcom-Blase geplatzt war. Seine drei Immobilien waren im Grunde krisensichere Anlagen, da sie sich aber, außer der Wohnung in Charlottenburg, in Berlin-Mitte befanden, konnte er sie momentan nicht verkaufen. Er würde mit seiner Familie das Land verlassen, bis sich die Lage in Deutschland wieder beruhigte. Mittlerweile war nicht nur ganz Deutschland in Panik versetzt, auch der Rest der Welt arbeitete fieberhaft an Notfallplänen, um der drohenden Pandemie zu begegnen.
    Weinert hatte seine Kontakte spielen lassen und ihm in recht kurzer Zeit den Passierschein besorgt, der jetzt vor ihm auf dem Armaturenbrett lag. Schanz vermied es, mit seinem Jaguar über den Ku’damm und dann weiter Richtung Mitte zu fahren. Ein Durchkommen war nahezu unmöglich, weil dort fast täglich Menschen gegen das Unrecht in Berlin-Mitte demonstrierten und es dabei häufig zu Ausschreitungen kam, denen die Staatsgewalt mit dem verstärkten Einsatz von Polizei und Militär begegnete. Überhaupt herrschte faktisch in ganz Berlin der Ausnahmezustand. Überall war es zu Plünderungen, Überfällen und anderen Gewalttaten gekommen, denen die Polizei nahezu machtlos gegenüberstand, besonders in den sozialen Brennpunkten der Stadt. Dies war ein Grund, aus dem die Notstandsgesetze in Kraft getreten waren, die erlaubten, die Bundeswehr im Inneren einzusetzen und gewisse Grundrechte einzuschränken.
    Außer ein paar Obdachlosen, die an U-Bahn-Stationen saßen, und einem Penner, der seine Habseligkeiten in einem Einkaufswagen vor sich herschob, war kein Mensch auf der Straße zu sehen.
    Das gesamte wirtschaftliche Leben Berlins war zum Erliegen gekommen. Das vorweihnachtliche Geschäft etwa war schlagartig auf null zusammengeschrumpft, als allen klar wurde, dass Weihnachten dieses Jahr nicht stattfinden würde. Touristen kamen nicht mehr in die Stadt, und diejenigen, die noch da gewesen waren und die man als gesund eingestuft hatte, waren umgehend aus Deutschland ausgeflogen worden. Die Menschen hatten sich mit Vorräten eingedeckt, solange das noch möglich war, und sich aus Angst vor Ansteckung in ihren Häusern verkrochen. Für diejenigen, denen das Essen ausging, gab es in der ganzen Stadt Anlaufstellen, die Lebensmittel verteilten.
    Als Schanz an einem größeren Wohnhaus in der Potsdamer Straße vorbeifuhr, sah er, wie jemand von zwei Männern in Schutzanzügen durch die Eingangstür nach draußen und zu einem Notartztwagen geführt wurde. Es musste sich um Polizisten handeln, da neben der Ambulanz des Deutschen Roten Kreuzes ein Polizeiwagen stand. Der abgeführte Mann wehrte sich, so gut es ging, mit Händen und Füßen und schrie die beiden Polizisten ständig an; er wurde jedoch mehrmals von starken Hustenanfällen geschüttelt. Was der Mann rief, verstand Schanz selbst dann nicht, als er durch das offene Fenster hinaushorchte, nachdem er die elektrischen Fenster heruntergelassen und die Fahrt verlangsamt hatte. Er sah jedoch die Symptome im Gesicht des Mannes: die Blässe, die Schweißperlen auf der Stirn und die geröteten, glasigen Augen. Ob es die Anzeichen des Todesfiebers oder die einer normalen Grippe waren, konnte er nicht erkennen. Wahrscheinlich war der Mann Opfer einer Denunziation durch irgendeinen Nachbarn geworden. Schanz dachte sofort an seine Frau, die das gleiche Schicksal ereilen würde, wenn er jetzt nicht schnell handelte. Er drückte auf das Gaspedal und rauschte die Potsdamer Straße hinunter auf den Checkpoint Charlie

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