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Panter, Tiger und andere

Panter, Tiger und andere

Titel: Panter, Tiger und andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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Bräutigams tüchtig gekratzt und gut geprügelt. Er heiratet sie. Es klappt gar nicht … er berührt sie zunächst überhaupt nicht. Sie kommandiert wütend im Hause herum, vernachlässigt ihn ganz und gar … es klappt nicht. Da sitzen sie nun so vor dem Haus; die Katze döst in der Sonne, der Papagei schaukelt sich plappernd auf seinem Ring, weiter vorn auf dem Vorplatz ist das schönste Reitpferd des Ehemannes angebunden. Die Frau liegt in der Hängematte, der Mann sitzt im Schaukelstuhl.
Don Juvencio hatte seinen Schaukelstuhl so stehen, dass er den Hof übersehen konnte.
Er hob jetzt seine Arme hoch, reckte sich ein wenig aus, gähnte leicht und ergriff die Zeitung, die vor ihm auf dem Tischchen lag. Er las einige Minuten, und dann legte er die Zeitung wieder hin.
Nun sah er zu dem Papagei, der vor ihm in seiner Schaukel hockte.
»He, Loro«, rief nun Don Juvencio befehlend, »hole mir eine Kanne mit Kaffee und eine Tasse aus der Küche, ich habe Durst.«
Der Papagei, durch die Worte aus seinem Dahindämmern aufgeweckt, kratzte sich mit dem Fuß am Nacken, rutschte ein kleines Stück weiter auf seiner Schaukel, krächzte ein paar Laute und bemühte sich, sein unterbrochenes Dröseln wiederaufzunehmen.
Don Juvencio griff nach hinten, zog seinen Revolver aus dem Gurt, zielte auf den Papagei und schoß. Der Papagei tat einen Krächzer, es flogen Federn in der Luft herum, der Vogel schwankte, wollte sich festkrallen, die Krallen ließen los, und der Papagei fiel auf den Boden des Portico, schlug ein paarmal um sich und war tot.
Juvencio legte den Revolver vor sich auf den Tisch, nachdem er ihn einige Male in der Hand geschwenkt hatte, als ob er sein Gewicht prüfen wollte.
Nun blickte er hinüber zur Katze, die so fest schlief, dass sie nicht einmal im Traume schnurrte.
»Gato«, rief jetzt Don Juvencio, »he, Kater, hole mir Kaffee aus der Küche, ich habe Durst.«
Donja Luisa hatte sich umgewandt zu ihrem Manne, als er den Papagei angerufen hatte. Sie hatte das, was er zum Papagei sagte, so angenommen, als ob er mit dem Papagei schäkern wollte, und sie hatte darum nicht weiter darauf geachtet. Als dann der Schuß krachte, drehte sie sich völlig um in ihrer Hängematte und hob den Kopf leicht.
Sie sah den Papagei von seiner Schaukel fallen, und sie wußte, dass Juvencio ihn erschossen hatte.
»Hay no«, sagte sie halblaut. »Lächerlich.«
Jetzt, als Don Juvencio die Katze anrief, sagte Donja Luisa laut zu ihm herüber: »Warum rufst du denn nicht Anita, dass sie dir den Kaffee bringt?«
»Wenn ich will, dass mir Anita den Kaffee bringen soll, dann rufe ich Anita, und wenn ich will, dass mir die Katze den Kaffee bringen soll, dann rufe ich die Katze.«
»Meinetwegen«, sagte darauf Donja Luisa, und sie rekelte sich wieder in ihrer Hängematte ein.
»He, Gato, hast du nicht gehört, was ich dir befohlen habe?« wiederholte Don Juvencio seine Anordnung.
Die Katze schlief weiter, in dem sichern Bewußtsein, dass sie, wie alle Katzen, solange es Menschen gibt, ein verbrieftes Anrecht darauf habe, ihren Lebensunterhalt vorgesetzt zu bekommen, ohne irgendeine Verpflichtung zu haben, sich dafür durch Arbeit erkenntlich zu zeigen; denn selbst wenn sie sich doch so weit herablassen sollte, gelegentlich eine Maus zu erjagen, so tut sie es nicht, um den Menschen eine Gefälligkeit zu erweisen, sondern sie tut es, weil ja schließlich selbst eine Katze ein Recht darauf hat, hin und wieder einmal ein Vergnügen zu genießen, das im gewöhnlichen Wochenprogramm nicht vorgesehen ist.
Don Juvencio aber dachte anders über die Pflichten einer Katze, die auf seiner Hacienda lebte. Als die Katze sich nicht regte, um dem Befehle nachzukommen, hob er wieder den Revolver und schoß. Die Katze versuchte hochzuspringen, aber sie brach zusammen, rollte sich einmal über und war tot.
»Belario«, rief Don Juvencio jetzt über den Hof.
»Si, Patron, estoy«, rief der Bursche aus einem Winkel des Hofes hervor. »Hier bin ich, was ist zu tun?«
Als der Bursche auf der untersten Stufe der Treppe stand, mit dem Hute in der Hand, sagte Don Juvencio zu ihm: »Binde das Pferd los und führe es herbei, hier dicht an die Stufen.«
»Soll ich es auch gleich satteln?« fragte der Bursche.
»Ich werde dich dann rufen«, antwortet Don Juvencio.
    Das Pferd wird gebracht. Auch an das Pferd ergeht der Befehl, Kaffee zu holen. Das Pferd holt keinen Kaffee. Der Mann erschießt das Pferd.
»Wahnsinn! So ein Prachttier!« schrie jetzt Donja Luisa auf. Ihre

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