Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
jemand erwischt? Was ist, wenn meine Mutter uns erwischt? Wie komme ich möglichst schnell aus meiner Strumpfhose raus? Und wann hatte ich das letzte Mal Sex im Stehen? Entweder noch nie, oder es ist so lange her, dass ich es wieder vergessen habe. Vielleicht sollte ich Fabian vorschlagen, dass wir nach Hause fahren? Um es dort in unserem gemütlichen Bett zu tun? Aber wahrscheinlich hält er mich dann für sterbenslangweilig. Vielleicht ist bis dahin auch seine Lust schon verflogen und dann beklage ich mich nächsten Freitag wieder bei Lydia und Kim darüber, dass wir nicht miteinander schlafen. Überhaupt, Lydia, deren Erfahrungsschatz könnte ich im Moment gut gebrauchen. Lydia hatte schon Sex an allen möglichen öffentlichen Orten. Aber leider kann ich sie jetzt nicht anrufen und dazu befragen, denn in diesem Moment hält Fabian vor den Waschräumen des Restaurants und sieht ein wenig unschlüssig auf die beiden weißlackierten Türen. Ich habe genug Rotwein intus, um jetzt endlich mein Gedankenkarussel zu stoppen, aber lange nicht genug, um auch nur in Erwägung zu ziehen, auf einem öffentlichen Herrenklo Sex zu haben. Auch wenn es sich hier nicht gerade um eine Bahnhofstoilette handelt und ich den Herren der Schöpfung möglicherweise unrecht tue, was ihre Zielsicherheit betrifft, aber … Ich beschließe, darüber nicht weiter nachzudenken, sondern ziehe meinen Freund energisch durch die Tür mit dem verschnörkelten goldenen D, in den mit dunkelgrauem Marmor ausgestatteten und glücklicherweise menschenleeren Raum. Der breite Waschtisch blitzt vor Sauberkeit und sieht geradezu einladend aus, sofern man nicht darüber nachdenkt, dass er vermutlich ziemlich kalt und hart ist. Aber das ist ja sowieso keine Option. Ungeduldig drängelt Fabian mich in Richtung einer Kabine.
»Moment mal.« Ich stemme mich mit meinem ganzen Gewicht gegen ihn, während seine Hand schon wieder unter meinen Rock gleitet.
»Was ist denn noch?«
»Warte hier draußen.« Damit pfeffere ich ihm die Tür vor der Nase zu.
»He!«
»’tschuldigung. Eine Sekunde nur.« Hektisch schlage ich mein Kleid hoch und zerre an meiner Stützstrumpfhose.
»Franzi! Was soll denn das?« Er klingt geradezu ungehalten und trommelt mit seinen Fäusten auf die Toilettentür ein.
»Gleich, Schatz«, versuche ich ihn zu beruhigen, während ich mich mühsam aus meiner Wurstpelle befreie. »Ich zieh mir nur schnell die Strumpfhose aus.«
»Das kann ich doch machen. Jetzt lass mich endlich rein.«
»MOMENT NOCH!« Okay, das klang jetzt vielleicht ein bisschen zickig, aber der verhedderte Nylonwulst, der sich um meine Riemchensandalen schlängelt, erfordert einfach gerade meine ganze Aufmerksamkeit. »Tut mir leid, Schatz«, entschuldige ich mich mit tiefer und, wie ich hoffe, erotischer Stimme. »Es dauert nur noch eine Minute.« Verdammt, ich hätte natürlich die Schuhe vorher ausziehen müssen. So was Dummes. Andererseits finde ich die Vorstellung, barfüßig in einem öffentlichen Klo zu stehen, Luxusrestaurant hin oder her, nicht besonders reizvoll. Also balanciere ich auf einem Bein, öffne meinen Schuh, ziehe die Strumpfhose über den Fuß und ziehe den Schuh wieder an. Gleichermaßen verfahre ich mit der linken Seite und endlich ist das Hindernis beseitigt, das zwischen mir und der sexuellen Renaissance unserer Beziehung stand. Meine Lust hat sich über diese stressige Aktion leider verflüchtigt, aber das wird schon. Vielleicht sollte ich den Slip auch gleich ausziehen? Gesagt, getan. Das gibt mir jetzt doch einen gewissen Kick und ich werfe Fabian meine Unterhose (zum Glück keiner meiner ausgeleierten Liebestöter, sondern schwarz und sogar mit Spitze) über den Rand der Kabinentür zu. Der spitze Schrei, der den Bruchteil einer Sekunde später ertönt, lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. So habe ich Fabian noch nie schreien hören. Noch nicht mal im Bett. Noch nicht mal in unserer Anfangszeit. Er ist mehr der Typ für ein brünftiges Röhren. Wenn überhaupt. Nein, dieser Schrei klang eindeutig – weiblich. Ich stürze aus der Kabine und sehe mich einer verhutzelten alten Dame mit Krückstock gegenüber, die mich verwirrt anstarrt. Auf ihrer lilafarbenen Dauerwelle prangt mein Höschen. Von Fabian fehlt jede Spur.
Kapitel 4
Es hätte durchaus schlimmer kommen können. Schließlich hätte es auch meine Mutter treffen können, im wahrsten Sinne des Wortes. Da war ich mit der uralten Frau Schlohte, die gegenüber von meinen
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