Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
Katze von draußen reingetragen hat.
»Bedaure«, sagt er frostig, »wie würden Sie es denn finden, wenn ich Ihnen Wein aus einer Flasche kredenzt hätte, die sich vorher schon auf einem anderen Tisch befunden hat?«
»Da hätte ich wirklich überhaupt kein Problem mit«, beteuere ich. »Warum auch?«
»Sie hätten schließlich in den Wein gespuckt haben können.«
»Na, Sie haben aber eine schmutzige Fantasie«, rüge ich ihn milde. »Aber gut, dann eben nicht.«
»Wünschen Sie zu speisen?«
»Nein, danke, ich bleibe beim Wein.«
»Wie Sie wünschen!«
»Ach, aber könnten Sie mir noch mehr Brot bringen bitte?« Ich deute auf das noch völlig unberührte Körbchen vor mir. Er verzieht keine Miene.
»Selbstverständlich.«
»Dankeschön.« Ich schenke mir nach und lasse mich aufatmend in meinen Stuhl zurücksinken. Schön, dann läuft der Abend eben etwas anders als geplant. Dann sitze ich hier eben alleine, beobachte die zahllosen Lichter, die sich in der nächtlichen Elbe spiegeln, und betrinke mich mit teurem Rotwein. Es gibt Schlimmeres. Zwar habe ich noch immer einen Zwanziger zu wenig in meiner Tasche, ganz zu schweigen von noch mal zwanzig Euro, die ich für die Taxifahrt nach Hause brauchen werde, aber darüber mache ich mir später Gedanken. Ich werde einfach meinen Führerschein hinterlegen und die Rechnung morgen begleichen, wenn ich das Auto hole.
»Ihr Brot.« Lustlos knallt mir der Kellner einen zweiten vollen Brotkorb vor die Nase.
»Vielen Dank.« Ich schenke ihm mein strahlendstes Lächeln. »Und wenn Sie vielleicht noch Olivenöl und Salz für mich hätten?«
»Selbstverständlich.« Mit eisigem Gesichtsausdruck bringt er mir das Gewünschte. Ich träufele das edle Öl, von dem eine Flasche wahrscheinlich nicht viel billiger ist als der Chianti, auf eine Scheibe Weißbrot, gebe ein bisschen grobes Meersalz oben drauf und beiße hinein. Dann ein Schluck Wein. Köstlich. Mehr braucht es nicht für einen gelungenen Abend. Zufrieden lasse ich meinen Blick durch das Restaurant gleiten – und bleibe an dem eines Mannes hängen, der mit sechs anderen Personen an einem Tisch am anderen Ende des Raumes sitzt und zu mir herübersieht. Er grinst unverschämt und ich stöhne unterdrückt auf. Wieso ich? Was habe ich getan?
Kapitel 8
Wenige Sekunden später steht Fred vor mir und schaut auf mich herunter. Ihm scheint es übrigens nichts auszumachen, in abgewetzten Jeans und T-Shirt in ein schickes Restaurant zu gehen.
»Na, ganz alleine hier?«
»Wie du siehst.«
»Was war denn mit deinem Vater, dass er so plötzlich weg musste?« Offensichtlich beobachtet mich der Herr schon eine ganze Weile.
»Eben! Er hätte mein Vater sein können. Meine Rede«, sage ich, obwohl ich nicht die geringste Lust verspüre, mich mit Fred zu unterhalten.
»War er aber nicht?«
»Nein. Wenn du es genau wissen willst, er war der Fehlgriff einer Mittdreißigerin auf ihrer verzweifelten Suche nach einem Kerl.«
Er grinst und setzt sich mir gegenüber. »Du hast meinen Artikel gelesen«, stellt er fest.
»Dein Scharfsinn ist bewundernswert. Habe ich dir erlaubt, dich zu mir zu setzen?«
»Glaubst du wirklich, ich brauche deine Erlaubnis dafür?« Herausfordernd grinst er mich an und ich gebe mich geschlagen.
»Wenn’s dir Spaß macht.«
»Erzähl doch mal, wie kamst du auf die Idee, dich mit dem Typ zu verabreden? Der ist doch viel zu alt für dich.«
»Was du nicht sagst? Zu deiner Information: Ich habe Heino über DreamTeam kennengelernt …«
»Heino?«
»Ach weißt du, Friedhelm«, sage ich langsam und betont, »meine Großmutter würde jetzt sagen: Wer im Glashaus mit Steinen wirft, fällt selbst hinein! Jedenfalls hat er ein zwanzig Jahre altes Profilbild eingestellt und behauptet, er wäre fünfundvierzig. Und früher sah er mal richtig gut aus, das kannst du mir glauben!«
»Soso. Und im Q-tip-Test hatte er wahrscheinlich die volle Punktzahl, hm?« Seine grünen Augen mustern mich spöttisch, und ich seufze. War ja klar, dass er dieses leidige Thema noch mal aufwärmen würde.
»Hör zu, es tut mir leid, dass ich dir eine Genprobe rauben wollte«, überwinde ich mich zu sagen. »Es war eine Schnapsidee, okay?«
»Wow!« Überrascht sieht er mich an. »Sollte das etwa eine Entschuldigung sein?«
Das mittlerweile zweite Glas Wein stimmt mich friedfertig. »So was in der Art, ja.«
»Ich nehme die Entschuldigung an.«
»Wie großzügig.« Erwartungsvoll sehe ich ihn an. »Und? Hast du mir
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