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Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)

Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)

Titel: Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Voosen
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bin nämlich müde. Todmüde. Du meine Güte, das Zeug hat es aber wirklich in sich. Ich schleppe mich zur Espressomaschine und trinke zwei Tassen auf ex. Es nützt leider kaum etwas. Mit schwerer Hand und noch schwereren Lidern vollende ich mein Make-up und will mich gerade noch mal für fünf Minuten auf die Couch legen, als es an der Tür klingelt. Ich bin so vollgepumpt, dass mein Herz, das vorhin von einem Salto mortale in den nächsten gehechtet ist, sich nicht einmal mehr zu einem erregten, kleinen Hüpfer aufrappeln kann. Der Weg bis in meinen Flur ist endlos. Jetzt vier Stockwerke runterzugehen, übersteigt nicht nur meine Vorstellungskraft.
    »Fred?«, frage ich mit schleppender Stimme in den Hörer der Gegensprechanlage.
    »Hallo!« Er klingt munter. Geradezu aufgedreht. Oje. »Kommst du runter?«
    »Äh, nein, ich …, würdest du bitte mal hochkommen?«
    »Na klar. Aber der Film fängt bald an.«
    »Ich weiß.« Eine Minute in einem dunklen Raum, und ich falle in einen hundertjährigen Schlaf. So viel ist sicher. Ich öffne die Wohnungstür und höre zu, wie Fred dynamisch, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppen erklimmt. Eine Minute später steht er vor mir. Er lächelt strahlend, als würde er sich richtig freuen, mich zu sehen. Aber ich bin viel zu müde, um das jetzt irgendwie zu interpretieren.
    »Wie siehst du denn aus?« Sein Lächeln weicht einem Ausdruck von Besorgnis. »Geht’s dir nicht gut?« Mein erster Impuls ist, ihm was von Migräne zu erzählen. Aber das klingt so abgedroschen und offensichtlich nach Ausrede, dass ich es nicht über mich bringe. Also sage ich ihm die Wahrheit. Wie nicht anders zu erwarten, lacht er mich erst mal ein bisschen aus. Dann zieht er ganz selbstverständlich seine Jacke aus, hängt sie über meine Garderobe und schiebt mich in Richtung Wohnzimmer. »Ist doch kein Problem. Dann legst du dich jetzt einfach ein bisschen hin und schläfst ’ne Runde, und vielleicht schaffen wir es ja noch in die Spätvorstellung.«
    »Das geht doch nicht«, protestiere ich halbherzig, während er mich mit sanfter Gewalt auf das Sofa drückt. »Und was machst du in der Zwischenzeit?«
    »Ich finde in deinem DVD-Regal bestimmt irgendeine Liebesschnulze, mit der ich mir die Zeit vertreiben kann.« Er greift nach der Kuscheldecke, die über der Sofalehne hängt, und deckt mich sorgfältig damit zu. Erleichtert schließe ich die Augen und spüre, wie er sich über mich beugt und sagt: »Oder ich sitze einfach hier und wache über deinen Schlaf.« Gut möglich, dass ich den letzten Teil nur geträumt habe.
    Als ich wieder aufwache, ist es stockdunkel im Zimmer, und ich brauche einen Moment, um mich zu orientieren. In der Wohnung ist es vollkommen still.
    »Fred?« Mühsam richte ich mich halb auf und spüre, wie etwas von meiner Brust hinunterkullert. Auf dem Holzboden liegend, alle viere von sich gestreckt, sieht Freddy vorwurfsvoll zu mir hoch. »’tschuldigung.« Ich heb e ihn auf und sehe auf die digitale Zeitanzeige des DVD-Recorders. Es ist vier Uhr in der Nacht. Von Fred keine Spur. Nicht mal ein Zettel auf dem Couchtisch. Ich spüre, wie die Enttäuschung in mir hochkriecht. Außerdem könnte ich mir nun, da ich ausgeschlafen und wieder voller Energie bin, für die dumme Schlafmittel-Aktion in den Hintern treten. Wie kann man bloß so dämlich sein? Jetzt kann ich es ja zugeben: Ich hatte mich auf den Abend mit Fred gefreut. Warum, ist mir selbst immer noch nicht klar, aber so war es. Und nun habe ich die Chance im wahrsten Sinne des Wortes verpennt. Wie lange Fred wohl neben mir ausgeharrt hat, bis er gemerkt hat, dass mit mir Murmeltier heute nichts mehr anzufangen ist? Auf dem Tisch vor mir liegen die DVD-Hüllen von »P.S. Ich liebe Dich« und »Die Frau des Zeitreisenden«. Daneben diverse zerknüllte Taschentücher. Da hat der Herr wohl auch ohne mein Zutun einen emotionalen Abend verlebt. »Und hat er mit dir gekuschelt?«, frage ich Freddy und lache bei der Vorstellung leise in mich hinein. Der Ausdruck »harte Schale, weicher Kern« bekommt bei Fred eine vollkommen neue Dimension. Steifbeinig erhebe ich mich und wanke ins Schlafzimmer. Aber da liegt schon einer. Quer über das Bett hingegossen, die Bettdecke zu einem Wulst an seinen Füßen zusammengeschoben und nur mit blau-weiß-gestreiften Boxershorts bekleidet. Ich freue mich so, ihn zu sehen, dass ich mit einem Satz neben ihm lande. Aber meine Zielsicherheit scheint durch die Medikation noch stark

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