Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
aufkeimende Gefühl im Keim erstickst, wenn du mich sofort mit irgendwelchen Forderungen überrollst?«
Ich komme mir so ungerecht behandelt vor, dass mir vor Wut die Tränen kommen. »Aber ich habe gar nichts gefordert«, versuche ich mich zu verteidigen, »ich hab doch bloß gefragt, ob …«
»Manche Fragen verkneift man sich einfach besser.«
»Du sollst mich ausreden lassen«, schreie ich ihn an.
»Na, dann sag halt!« Mit verschränkten Armen sitzt er da und sieht mich an. In seinen Augen ist nichts mehr von der Wärme, die ich gestern Abend noch darin sehen konnte. Plötzlich kann ich mich wieder genau daran erinnern, warum ich ihn nicht leiden konnte. Wegen genau dieses Gesichtsausdruckes. Als wäre er über den Rest der Welt erhaben und als wären Gefühle ein Problem der anderen. In diesem Fall: meins.
»Es tut mir leid, dass ich das gefragt habe.« Kaum ist mir das rausgerutscht, bereue ich es auch schon. Dieses ständige Entschuldigen muss endlich mal ein Ende haben. »Nein, eigentlich tut es mir überhaupt nicht leid«, sage ich deshalb. »Ich habe dich nämlich nicht gefragt, ob du mich heiraten willst. Sondern nur, ob du mich auf eine Hochzeit begleiten willst. Ich weiß nicht, was daran so schlimm ist, jemanden zu einem guten Essen und einer Party im Atlantic-Hotel einzuladen? Die große Sache machst du gerade daraus. Über eins solltest du dir mal Gedanken machen: Du wolltest eine richtige Verabredung mit mir! Du hast gesagt, dass du mich magst. Und du wolltest über meinen Schlaf wachen!«
»Was wollte ich?« Irritiert sieht er mich an. Schade. Dann habe ich das wohl doch nur geträumt.
»Streich den letzten Satz! Auf jeden Fall bist du derjenige, der hier die ganze Zeit gemischte Signale von sich gibt.«
»Was heißt denn hier gemischte Signale? Mein Gott, nur weil ich mal nett zu dir bin?«
»Auch Männer brauchen Liebe?«, frage ich spitz.
»Ich wusste, dass du darauf herumreiten würdest. Offensichtlich haben wir einfach nicht den gleichen Humor.«
»Du kannst mir erzählen, was du willst. Jeder würde mir zustimmen, dass jemand, der sich so verhält wie du in den letzten zwei Tagen, versucht, eine Beziehung mit mir aufzubauen.« Ich kann förmlich spüren, wie Fred innerlich von mir abrückt. Und zwar mindestens fünfzig Meter weit. In diesem Moment wird mir klar, dass ich es getan habe. Ich habe das böse, das verbotene Wort gesagt. Die Zauberformel, die den zärtlichen, liebenswerten Mann endgültig wieder in einen kalten, unnahbaren Mistkerl verwandelt.
»Süße, jetzt mach mal ’nen Punkt.«
Meine rechte Hand zuckt merklich. Wirklich erstaunlich, meine neu errungene Neigung zu Gewalttätigkeiten. »Süßer, wenn du nicht wieder ’ne blutige Nase riskieren willst, dann würde ich an deiner Stelle jetzt verschwinden!« Er lächelt spöttisch.
»Das wagst du nicht.«
Ich hebe die Faust und hoffe inbrünstig, dass er mich nicht zwingt, meine Drohung wahrzumachen. Beziehungsweise, meine Glaubwürdigkeit ein für alle Mal zu verlieren. Denn selbstverständlich werde ich ihm nicht noch einmal ins Gesicht schlagen. Egal, wie ätzend ich ihn finde. Egal, wie verlockend der Gedanke an das Blut ist, das aus seiner Nase spritzt. Offensichtlich reicht mein blutrünstiger Blick aus. Denn, äußerlich immer noch kühl wie ein Eisblock, springt er jetzt doch ziemlich eilig und, wie ich befriedigt feststelle, ungelenk aus dem Bett.
»Du hast sie doch nicht alle.« Hektisch sammelt er seine Klamotten zusammen und zieht sich an. »Das nimmt ja psychopathische Züge an. Und nur, weil ich nicht mit dir auf diese Hochzeit gehen will.«
Das ist doch wohl das Allerletzte. »Das hat nicht das Geringste damit zu tun, dass du …«, begehre ich auf, dann merke ich, dass er mich nur noch mehr provozieren will. »Genau«, sage ich deshalb. »Das ist der Grund. Und jetzt raus!«
»Nichts lieber als das!« Er rauscht aus dem Schlafzimmer, kurz darauf höre ich die Wohnungstür ins Schloss fallen. Seine Schritte im Treppenhaus werden leiser und leiser. Einen Augenblick sitze ich wie betäubt da, dann stürze ich ans Schlafzimmerfenster. Sehe hinunter auf die im Morgengrauen noch menschenleere Straße und warte ungeduldig darauf, dass Fred aus dem Hauseingang tritt. Warum, weiß ich selbst nicht genau. Da ist er. Er hebt fröstelnd die Schultern und zieht den Reißverschluss seiner blauen Adidas-Jacke bis zum Kinn hoch. Dann steht er kurz auf dem Bürgersteig, sieht die Straße hinunter und setzt sich
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