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Papa ante Palma

Papa ante Palma

Titel: Papa ante Palma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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Ähnliches in der Altenpflege begegnet, wenn sich lichte mit völlig konfusen Momenten abwechselten. Je nachdem, in welcher Phase man den Patienten antraf, war man völlig auf dem Holzweg. Und Holzweg würde bei Pep ja passen.
    Spontan nehme ich mir einen Scheit vom Anhänger, greife mit der anderen nach Peps Hand und ziehe ihn wie ein kleines Kind durch den Hausflur in den Innenhof. Sein Widerwille ist deutlich spürbar. Das ist völlig normal bei Menschen, die ihre Behinderung nicht bis ins Letzte akzeptieren wollen, sage ich mir.
    » Mira , schau, da ist der Schuppen. Da kannst du das Holz«, ich halte ihm den Scheit deutlich sichtbar vors Gesicht, »schön gestapelt hinlegen.«
    Pep blickt durch mich hindurch. Nichts davon scheint bei ihm angekommen zu sein. Irgendwann nickt er apathisch.
    »Siehst du. War doch gar nicht so schwer, jetzt verstehen wir uns«, sage ich und schiebe ihn wieder durchs Haus zu seinem Anhänger.
    »Nun entschuldige mich bitte, ich muss arbeiten. Sag mir einfach Bescheid, wenn du fertig bist.«
    Pep scheint seinen Schub überstanden zu haben und stapft zielgerichtet zu seinem Jeep, aus dessen Kofferraum er eine Kurbel hervorholt, während ich in mein Arbeitszimmer im ersten Stock verschwinde.
    Dann ein Geräusch. Ein Grollen wie bei einem Erdrutsch. Dazwischen immer wieder dieses helle Plocken von aufeinanderschlagenden Bowlingpins. Als ich die Treppe hinunterstürze, ist es bereits zu spät. Pep steht neben seinem hochgestellten Anhänger, die Kurbel noch in der Hand. Zweitausend Kilo Holz liegen vor unserer Haustür und machen die Straße unpassierbar.
    »Peeeep, warum machst du das?«, frage ich den Holzmann und merke, wie mein Sonderpadägogenton unwirscher wird. »Sag mir bitte mal, was ich mit dem Holz hier auf der Straße tun soll? Schau, der Ofen wird drinnen sein und nicht hier draußen. Soll ich immer auf die Straße laufen und Holz holen, wenn uns kalt wird?«
    Die ersten Autos hupen. Ein dicker Regentropfen platscht mir auf die Stirn.
    »Oder hast du das Holz nur hier hingekippt, weil du es so besser durchs Haus transportieren kannst?«, frage ich.
    »Wieso ich?«, sagt Pep. »Meinst du im Ernst, ich trage dir die Holzscheite einzeln durch die Wohnung und stapele sie hinten im Schuppen? Pfff, forasters … Ausländer.«
    »Ehrlich gesagt, schon«, gebe ich zu.
    Der Regen wird stärker. Das Hupkonzert auch.
    »Pass auf«, holt Pep mit leicht amüsiertem Tonfall aus, »du bestellst Holz, ich komme, werfe es dir vor die Tür, du zahlst, und ich bin weg. So läuft das hier.«
    »Und wie soll ich das Holz nun von der Straße schaffen?«, frage ich und blecke die Zähne.
    »Hast du denn keine Schubkarre? Ich hätte eine mitgebracht, wenn du was gesagt hättest. Jeder hat doch eine Schubkarre.«
    »Ich nicht.«
    »Das macht dann dreihundert Euro.«
    »Ist das jetzt der Teil, wo ich zahle und du dann weg bist?«, frage ich. Mit den Augen versuche ich ihm zu erklären, dass er jetzt die einmalige Gelegenheit hat, etwas für die deutsch-mallorquinische Völkerverständigung zu tun.
    »Ja«, sagt Pep.
    »Dreihundert Euro ist ziemlich viel für ein paar Holzscheite. Woher weiß ich, dass es auch wirklich zwei Tonnen sind?«
    »Das weißt du nicht«, sagt Pep und hält die Hand auf.
    »Okay, dir ist klar, dass dies meine letzte Holzbestellung bei dir sein wird, egal, wie man das hier macht«, sage ich und ziehe das Geld aus meiner Börse.
    Eine Drohung, die in Deutschland eventuell noch fruchten würde, nicht aber bei Pep. Ich zähle ihm die Geldscheine in die schwieligen Handflächen. Daraufhin lässt er den Anhänger wieder herunter, steigt in den Geländewagen und verschwindet.
    Ich springe kurz auf den Holzberg und blicke auf die Straße hinunter. Der Autokorso scheint endlos. Mittlerweile völlig durchnässt und entnervt, beginne ich den Haufen so zu ordnen, dass wenigstens die Autos daran vorbeifahren können. Einige der Fahrer fuchteln sich mit der Hand erbost vor dem Gesicht herum, andere machen schnell mit dem Handy einen Schnappschuss von mir, und wieder andere sehen mich aufmunternd lächelnd an. Zuletzt kommt ein Sportwagen. Ich kenne ihn. Es ist Jaumes Wagen. Der Moderator fährt langsam an mir vorbei. Ich habe gerade einen prächtigen Scheit in der Hand, mit dem ich ihm ein schönes Andenken in die Fahrertür stanzen könnte. Er streckt mir den Daumen entgegen, als würde er sagen: gut gemacht. Ich suche sein Gesicht nach Spuren von Ironie ab, finde aber keine. Als Jaume

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