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Papa ante Palma

Papa ante Palma

Titel: Papa ante Palma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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beschlagene Busscheiben zieren, beginnt auf Mallorca die Mandelblüte. Weht dazu noch eine warme Februarbrise und trägt das Geträller der heimischen Singvögel herbei, ist man kurz davor, sich die Klamotten vom Leib zu reißen und » YESSS « zu rufen.
    Doch auch auf Mallorca ist Februar der kälteste Monat des Jahres. Die kurze Frühlingsstimmung ist nichts weiter als ein vorgetäuschter Orgasmus. Tag für Tag schleppe ich tütenweise Scheite aus dem Schuppen und werfe sie in den Ofen. Ich ermahne die Kinder, auch ja die Puschen anzuziehen, und trinke mehr gezuckerten Tee als je zuvor. Das Schimmelproblem haben wir durch einen Entfeuchter und die trockene Luft des Ofens halbwegs in den Griff bekommen. Trotzdem stehe ich fast wöchentlich auf der Leiter und entferne kleine, fiese Pilzherde.
    Auch wenn die Mandelblüte nur ein Ausreißer im Klammergriff des Winters ist, komme ich langsam wieder in die Gänge. Musikalisch. Sozial. Körperlich. Ich taue buchstäblich auf.
    »Kinder kommt! Wir müssen los in den Hort«, sage ich wie jeden Morgen.
    Ich ziehe ihnen die Zipfelmützen mit den riesigen Bommeln, einen Schal und Handschuhe an. Luna besteht auf die Gummistiefel in Rosa. Sophie will die blauen.
    Auf der Straße zum Hort riecht es wunderbar würzig nach Holzfeuer. Wir sind nicht allein mit unserem Ofen, was beruhigend ist. Gemeinsam friert es sich irgendwie leichter. Am Hort ist kaum was los. Zum einen, weil ich mir angewöhnt habe, immer ein bisschen zu spät zu kommen, um nicht ständig gegen die Autolawine ankämpfen zu müssen, zum anderen, weil dann auch die schwatzenden Elterncliquen verschwunden sind. Mir ist schlicht zu kalt für einen Outdoor-Tratsch.
    Als wir durch den leeren Gang des Kinderhorts gehen, kommen wir wie üblich am Schwarzen Brett vorbei. Normalerweise achte ich nicht auf die Aushänge, doch heute fällt mir eine schlichte Visitenkarte auf, die mit einer Nadel auf die korkige Fläche gespickt wurde. Pep – leña , steht samt einer Telefonnummer darauf. Ich schmunzele.
    »Papa, warum lachst du?«, fragt Luna.
    »Ach, nur so, Hase. Der Mann, der uns das Holz gebracht hat, macht im Kinderhort ein bisschen Werbung, das ist alles. Ich habe mir nur gerade vorgestellt, wie er den verdutzten Engländern das Holz vors Haus wirft.«
    Gerade will ich den Blick von dem Kärtchen abwenden, da zieht ein weiterer Aushang meine Aufmerksamkeit auf sich.
    » Cantante de Blues busca guitarrista en Alaró – Bluessänger sucht Gitarristen aus Alaró, Tel.: 661 09 49 32.«
    Was ist das denn? Wie hat sich dieser Zettel denn dazwischengemogelt? Väter, die Blues singen? In diesem Dorf?
    »Komm, Papa.« Sophie möchte endlich die dicken Sachen ausziehen.
    »Moment noch, Hase.« Ungläubig tippe ich die Nummer in mein Handy. Dann helfe ich den Zwillingen beim Ausziehen, hänge die Sachen an die Haken, über denen in Großbuchstaben » SOPHIE « und » LUNA « steht, und schicke sie mit einem Kuss in ihre Gruppen.
    Wieder zu Hause, lege ich schnell meine Sachen ab, werfe ein paar Holzscheite nach und entfache den Ofen. Das ist fast zu einer kleinen Zeremonie geworden. Durch das Fenster in die aufkeimenden Flammen zu schauen entspannt mich.
    Der Bluesvater … Sollte ich wirklich noch mal einen Versuch starten, hier eine Band oder zumindest ein Duo zu gründen?
    Die Suche nach Bandmusikern hat sich auf Mallorca als äußerst zäh herausgestellt. Ganz anders als in Köln. In Palma habe ich in einem unübersichtlichen Internetforum für Musiker annonciert. Da ich ein wenig Lärm machen wollte, suchte ich ausdrücklich nach Rockmusikern. Schlagzeug, Bass, Gesang. Punkt. Ich bekam genau vier Zuschriften, was rein zahlenmäßig gereicht hätte. Aber zunächst schrieb mir eine pummelige Latina Queen, vierzehn Jahre alt, die einen Produzenten suchte. Dann ein Bodybuilder-Bassist aus Karlsruhe, der gleich ein Foto mitschickte, auf dem er mit nacktem Oberkörper auf einem Motorrad posierte. Die Dritte im Bunde war eine betagte englische Professorin für Literaturgeschichte. Sie schrieb, dass sie sich sehr für Fado interessiere und einem musikalischen Tête-à-Tête mit einer Mischung aus Neugier und Erregung entgegensehe.
    Zuletzt meldete sich noch Eric, ein kleiner, quirliger Schwede, der in der DJ -Szene von Mallorca recht bekannt ist. Er schickte mir ein paar Songs, die er auf dem Computer komponiert hatte, eine Mischung aus Electro, House und Rock. Er wolle eine »echte« Gitarre über die Samples legen, um es

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