Papa ante Palma
den Holzhaufen hinter sich hat, drückt er aufs Gas und verschwindet mit quietschenden Reifen in den Sträßchen von Alaró.
Jetzt muss es fix gehen. Wenn das Holz nass wird, hätte ich die dreihundert Euro auch genauso gut rauchen können. In der Küche finde ich zwei Ikea-Tüten, mit denen ich zum Holzberg renne. Wenigstens sind die Autos weg.
Dafür steht ein Opa direkt vor dem Holzhaufen. Er hat die Arme nach vorne gestreckt und stützt sich mit beiden Händen auf den Knauf seines Spazierstockes. »Das Holz wärmt dreimal«, sagt er und wedelt prophetenhaft mit dem rechten Zeigefinger in der Luft herum.
»Wie meinen Sie das?«, frage ich, während ich die Tüten vollpacke.
»Na ja«, schmunzelt er, »zuerst wärmt es dich, wenn du es schlägst, dann, wenn du es stapelst und schließlich, wenn es im Ofen ist.«
»Der war gut«, sage ich und lächele etwas verkrampft.
Dann hebt er den Stock zum Gruß und zieht mit langsamen, kleinen Schritten die Straße weiter herunter.
Zweitausend Kilo Holz mit zwei Ikea-Tüten zu transportieren ist, als würde man einen Pottwal mit einer Pinzette häuten.
Der Berg wird nicht kleiner. Nur nasser. Eine Schubkarre könnte wirklich helfen. Wolfgang!, schießt es mir durch den Kopf. Der hat sicher eine. Vermutlich sogar eine, die von selbst fährt. Der Berliner wohnt ja nur einen Steinwurf entfernt. Ich stelle die Tüten ab und jogge durch den Regen zu Wolfgangs Haus mit der perfekt restaurierten Natursteinfassade hinüber. Die Fenster sind doppelverglast, made in Germany. Wolfgang öffnet die Tür, noch bevor ich überhaupt klingele. Aus dem Hauseingang mit den Terrakottafliesen dringt ein angenehm warmer Luftstrom, angereichert mit irgendeinem zitrusartigen Duft.
»He, Wolfgang, ich mach’s kurz: Holzlieferung auf der Straße, Regen, keine Schubkarre.«
»Keen Problem. Ick hab zwo Stück. Nimm doch schon ma eene aus der Garage mit. Is offen. Ick komm gleich nach. Zieh mir nur noch schnell wat an.«
»Das, das … wäre wirklich nett«, stottere ich.
Kurz darauf laufe ich mit einer der Schubkarren zurück zu dem Holzstapel und beginne mit der Knochenarbeit.
»Ach, du ahnst et nisch, du has ja rischtisch Holz vor der Hütten.« Wolfgang steht hinter mir. »Ihr müsst ja echt frieren. Na, denn ma los.«
Mit zwei Schubkarren schrumpft der Haufen schnell zusammen. Wolfgang packt gut zu, verlangt aber alle fünf Minuten nach einem frischen Bier.
»Dit is wie ’n Motor, der jeschmiert werden muss«, ruft er mir auf meinem x-ten Weg zum Kühlschrank hinterher.
Nach knapp zwei Stunden ist es dann so weit.
»Fertig«, ächzt Wolfgang und legt den letzten Scheit auf den Stapel im Schuppen.
»Danke, Wolfgang, hast mir echt aus der Patsche geholfen.«
»Untereinander hilft man sisch doch jerne. Aber ick sach ja, Fußbodenheizung – und die Sache is erledigt. Komm doch noch rüber zum Essen. Meene Frau macht jute Buletten. Hatse von mir jelernt.«
»Danke. Vielleicht ein andermal«, sage ich.
Am folgenden Abend ist auch der Holzofen aufgestellt, ein gusseiserner Kasten mit eingelassenem Sichtfenster. Die Männer aus Palma, laut Marta die besten ihres Faches, haben sich für den Eingangsbereich entschieden. Sie sagten, die warme Luft könne sich von dort am besten verbreiten und sogar in den ersten Stock zu den Schlafräumen aufsteigen.
Lucia und die Kinder sitzen mit großen Augen auf dem Teppich vor dem Ofen, während ich feierlich das schwere Türchen und die Luftzufuhr an der Frontseite öffne, die ersten Scheite hineinlege und sie mit den Grillanzündern des letzten Sommers entflamme. Es knistert, knackt und zischt. Dann endlich springt die Flamme über. Die Kinder staunen. Schnell bildet sich ein gebündelter Feuerstrahl, der wuchtig an die Ofendecke knallt und sich ausbreitet.
»Hört ihr das Surren?«, frage ich.
Die Kinder horchen auf.
»Das Feuer atmet, genau wie wir«, erkläre ich mit der Stimme eines whiskytrinkenden Märchenerzählers.
Lucia und die Zwillinge sehen mich an. Auf ihren Gesichtern tanzen die Schatten der Flammen zum unberechenbaren Takt des Luftzuges, der durch die Türritzen pfeift. Langsam, ganz langsam erfüllt eine angenehme Wärme die riesige Eingangshalle. Zum ersten Mal fühlt sich der Winter auf Mallorca gut an.
Fünfzehn
Anfang Februar. Während in Deutschland die heruntergesetzten Schokoladennikoläuse in den Supermarktregalen versauern, ein Mus aus Schneematsch und Streusand die Gehsteige verkleistert und Pennälerherzen
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