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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Wohnzimmer saßen. »Er wollte mehr über meinen Gedächtnisschwund erfahren.«
    Ich nippte an meinem Bier, es schmeckte bitter und abgestanden, ein Schauder lief mir über den Rücken bis hinab zu den Zehen. Ich stellte das Bier auf den Tisch und sah zu, wie mein Bruder Wodka trank.
    »Was hast du ihm erzählt?« fragte ich.
    »Ich habe gesagt, ich würde mich darum kümmern.«
    Er lächelte so unbekümmert, wie ich ihn nur kannte, wenn er getrunken hatte, und goss sich noch einige Zentimeter Wodka ins Glas. Ich probierte es erneut mit dem Bier, schließlich wollte ich ihn nicht allein trinken lassen.
    »Worum kümmerst du dich?« fragte ich.
    Er lächelte immer noch. »Um den Gedächtnisschwund«, sagte er. »Ich glaube, da liegt die Antwort.«
    »Gut. Die Redakteure wollen wissen, wann du mit dem Kümmern fertig bist«, sagte ich.
    Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht, und er sagte: »Das ist ja gerade das Schöne daran, Jack. Du weißt nicht, wann du fertig bist, weil du dich nicht erinnern kannst.«
    »Hast du das dem Typen von
Newsweek
erzählt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Es ist mir nicht rechtzeitig eingefallen«, sagte er. »Hätte ich doch nur dran gedacht ...« Dann veränderte sich seine Miene. »Was glaubst du, was World War von alldem hält?« fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf. »Hab nichts von ihm gehört.«
    »Glaubst du, dass es immer noch der stolzeste Augenblick in seinem Leben ist?«
    Ich nahm einen Schluck Bier. »Also, was hast du ihm erzählt? Diesem Typen von
Newsweek

    Ward schüttelte den Kopf. »Kein Kommentar, hab ich gesagt.« Er begann wieder zu lächeln. »Weißt du«, sagte er, »es stimmt. Bei allem, was geschehen ist, heißt es im Grunde: kein Kommentar. Ich bin neunundzwanzig Jahre alt, und bis jetzt habe ich keinen Kommentar.« Er lachte und konnte die letzten Worte kaum aussprechen: »Etwas Passenderes fällt mir nicht ein.«
    Ich wollte, dass er aufhörte, und sagte, wir sollten uns etwas zu essen besorgen.
    Ward goss sich noch einen Drink ein und nahm ihn mit ins Bad. Einen Augenblick später war das Geräusch der Dusche zu hören, und ich machte es mir im Sessel bequem. Unter meinen Schuhen lagen einige Papiere, und ich hob sie auf. Zwei Seiten einer Voruntersuchung, und dann eine Seite aus Charlotte Bless’ erstem Brief an meinen Bruder, in dem sie ihn um seine Hilfe bei der Rettung ihres Verlobten bat. Die Handschrift war einfach und rund, wie die Handschrift eines Schulmädchens. Auf dem einen Blatt zählte ich elf Mal das Wort
unschuldig
.
    Ich legte die Blätter wieder auf den Boden und dachte an Charlotte und Hillary. Sie hatte jetzt Angst vor ihm, sonst wäre sie aus dem Haus gekommen. Sie war kein Mensch, der es gewohnt war, Angst zu haben, und sie würde nicht wissen, wie sie damit umgehen sollte.
    Die Dusche lief schon ziemlich lange. Ich trank das Bier aus und ging in die Küche, um mir noch eins zu holen. Im Kühlschrank gab es nur Bier und ein angebrochenes Stück Käse, trocken und voller Risse. Im Spülbecken lag kein Geschirr, kein Besteck, es gab keine Anzeichen dafür, dass dieser Ort zu etwas anderem gebraucht wurde, als die Papiere von Moat County zu verwahren.
    Ich nahm mir ein Bier und ging zurück ins Wohnzimmer. Die Dusche lief immer noch. Ich merkte, dass ich dem laufenden Wasser lauschte, und mir fiel eine gewisse Monotonie auf, als würden die Tropfen gleichmäßig auf den Boden der Wanne schlagen und nichts ihren Fall unterbrechen. Ich rief seinen Namen, dann stand ich auf, ging an die Badezimmertür und rief ihn noch einmal. Keine Antwort. Die Tür hatte einen schmalen Riss, und der Dampf sammelte sich um die Öffnung, als wolle er sie versiegeln. Ich stieß die Tür auf und steckte den Kopf ins Bad.
    Mein Bruder saß auf dem geschlossenen Toilettendeckel, in der Hand immer noch seinen Drink, und starrte in die Dusche. Seine Kleider lagen auf dem Boden, neben weiteren Papieren aus Moat County, und als ich hereinkam, drehte er sich um und nickte, als wäre ich gerade in sein Büro gekommen.
    Ich starrte ebenfalls in die Dusche, wir betrachteten sie lange, diese Dusche, und dann drehte ich mich zu Ward um. Ein großer, blauer Fleck zog sich über seinen Schenkel, und auf seinem Oberkörper waren weitere blaue Flecken. Seine Rippen zeichneten sich unter der Haut ab, sie waren von Anfang bis Ende deutlich zu sehen.
    Ich schätzte, dass er höchstens hundertdreißig Pfund wog. Ward sah mich an und lächelte, und dann trank er sein Glas

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