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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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in eine computernde und eine nichtcomputernde Klasse aufspalten, und die letztere würde sich in einer Welt abstrampeln, die sie nicht versteht.
    Diese pessimistischen Vorhersagen waren genauso unbegründet wie die über den Elektromotor. Heutzutage stecken in den meisten elektronischen Geräten Chips, also kleine Computer, die unauffällig im Hintergrund arbeiten.
    Wir dürfen nie vergessen, daß nicht wir schuld daran sind, wenn wir unseren Videorecorder nicht zum Aufzeichnen oder unseren Computer nicht zum Datenverarbeiten bringen können, sondern die Maschine. Ein Dampfbügeleisen beispielsweise, das eine alphanumerische Tastatur, einen Bildschirm und eine Programmiersprache brauchte, um anständig zu funktionieren, wäre lächerlich. Es wäre schlecht designt, primitiv und nutzlos. Ein Computer, der einen blinkenden Cursor in der Befehlszeile, eine niedere Betriebssystemsprache und ein dickes Benutzerhandbuch erfordert, ist genauso lächerlich. Jene monströsen PCs von IBM, die vor einigen Jahren den Markt überfluteten, glichen den ersten Automobilen, waren primitiv und laut; sie erforderten enthusiastische Amateure, die, bildlich gesprochen, alle zehn Kilometer anhalten mußten, um unter der Kühlerhaube an der Zündung herumzufummeln.
    Ein Team, das in den Siebzigern im Xerox Palo Alto Research Centre (PARC) arbeitete, ging damals von einem Gerät aus, das sie
Dynabook
nannten. Das war ein Computer, so groß wie ein Taschenbuch, ohne Tastatur und von jedermann einfach und spontan zu bedienen. Das PARC-Team nahm nie an, dieses Gerät selber produzieren zu können, aber es war eine platonische Idee, auf deren Verwirklichung man dort hinarbeiten wollte. Unterwegs entwarfen sie ein System namens WIMP, was für Windows, Icons,Mäuse und Pull-down-Menüs stand. Das war eine graphische Benutzeroberfläche, die es einem Computeranwender ermöglichte, den Bildschirm analog zu einer Schreibtischfläche zu handhaben. Wir Menschen funktionieren mittels Analogien am besten. Wer von uns erfährt die Uhrzeit nicht lieber von einer Analoguhr, die uns eine Repräsentation der Zeit in 360 Graden zeigt und uns erlaubt, auf den ersten Blick verflossene Zeit und noch kommende Zeit zu sehen, als von einer Digitalanzeige in schmucklosen Zahlen mitgeteilt zu bekommen, daß es jetzt 19.38:07 ist? Als daher Apple Computers die WIMP-Technologie übernahmen und 1984 den ersten Macintosh-Computer herausbrachten, war klar, daß, wie ihr Werbeslogan lautete, »der Computer für alle anderen« angekommen war.
    Big Blue, wie IBM genannt wird, hat im Schneckentempo aufgeholt: ihr größter Software-Hersteller hat eine Betriebssystemerweiterung für IBM herausgebracht, die den Apple-Stil fast plagiiert. Da Geschwindigkeit und Speicherkapazitäten von Computern zunehmen und die Kosten fallen, werden selbst die überraschend freundlichen und produktiven Macintoshe schon bald schwerfällig und primitiv wirken. In wenigen Jahren werden wir über Spracherkennung verfügen, die von riesigen Speichern und hoher Prozessorengeschwindigkeit abhängt. Spezielle Großrechner im Büro oder zu Hause werden so überflüssig wie Elektromotoren auf dem Dachboden.
    Angesichts all dieser Entwicklungen müssen jetzt jene, denen die eigene Technophobie soviel Spaß macht, sich Sorgen darum machen, welche Seite des modernen Lebens ihnen als nächstes Angst einjagen soll. Die korrekte Höhe der staatlichen Nettokreditaufnahme im laufenden Haushaltsjahr vielleicht. »Ich bring’ diese verflixte neumodische Ökonomie einfach nicht zum Laufen … Sie haben nicht zufällig einen fünfjährigen Sohn, oder?«

Vim und Vitalität
     
    In meiner Familie benutzten wir wie Millionen anderer Haushalte im Lande das Scheuermittel Vim. Das war nicht Resultat einer politisch oder sozial bedeutsamen Konsumstrategie unsererseits, wir haben einfach die Marke Vim benutzt. Wenn wir eine andere Familie besuchten und ich dort ein anderes Scheuermittel entdeckte, drehte sich mir der Magen um.
    »Mami!« zischte ich, »die nehmen hier
Ajax

    Soweit ich wußte, war immer das richtig, was wir zu Hause benutzten; Abweichungen waren minderwertig und ein kleines bißchen peinlich; ich ließ keinen Ersatz gelten: Wenn man woanders Omo statt Persil benutzte, Quaker-Haferflocken anstelle von Scott’s aß oder sich mit Colgate und nicht Gibbs die Zähne putzte, so war man dort schlichtweg unten durch und Mitleid die einzige Regung, die ich aufbrachte.
    Das gleiche galt für die Politik.

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