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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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geschrieben, aufgeführt, gemalt, und ich hab’ dann gesagt, ›dünn und wenig überzeugend‹, ›schwülstig und uninspiriert‹, ›kompetent und brauchbar‹ … so was halt.«
    Ich glaube, wir erraten Petri Reaktion.
    Kritik ist wie die Prügelstrafe: Man kann die Meinungvertreten, sie sei gut für das Opfer, aber die Aussicht, jene Leute auch noch zu ermutigen, die ihre Kinder schlagen, ist entsetzlicher als eine Welt voller unverbleuter junger Spunde. »Der Standard« der Künste ist heute vielleicht niedrig, aber so niedrig wie der der Kritik?

Heartbreak-Hotels
     
    Ich fühle mich heute morgen wie eine Hydra mit mehreren schmerzenden Köpfen. Das ist nicht die Folge eines Katers. Einen Kater würde ich begrüßen. Wie Frank Sinatra immer sagte: »Mir tun die Leute leid, die nicht trinken: wenn die morgens aufwachen, können sie sich gar nicht darauf freuen, daß es im Lauf des Tages aufwärtsgeht.« Ein Kater ist, offen gesagt, ein guter, reiner, gesunder Schmerz, verglichen mit den jämmerlichen Beschwerden, an denen ich heute leide.
    Je mehr wir uns dem Abschluß der Dreharbeiten von
Jeeves and Wooster 3
nähern (»Sie sind wieder da … und diesmal sind sie wütend«), desto länger werden unsere Tage. Das heißt Logis nehmen. Letzte Nacht habe ich in einem Hotel geschlafen, wo früher die Postkutsche hielt, eine stolze Karawanserei, die Bier, Wein, Spirituosen, frisch gelüftetes Linnen, Hammelschultern, gefüllte Kapaune und die besten Stallknechte anbot, die in der Grafschaft Buckinghamshire je knechteten. Jetzt gehört es natürlich zu einer Hotelkette und dient als trauriges Wahrzeichen dieses unglückseligen Landes. Es könnte genausogut Albion-Hotel heißen und zwischen den Buchdeckeln einer allegorischen Satire dahinvegetieren.
    Im traurigen Gebaren seiner größtenteils jungen Angestellten, unter den kränkend ekelhaften Polyesterlivreen, indie man sie gesteckt hat, unter den Schichten der falschen und schmierigen Managementausbildung und des Personalprotokolls, die sie so dick überziehen wie billiges Make-up, unter der schweren Last der Plackerei und stumpfsinnigen Befolgung von Konzernvorschriften, die jede einzelne Bewegung festlegen, kann man manchmal noch Spuren der einst fröhlichen, einfachen, quietschvergnügten und hoffnungsvollen Schulabgänger entdecken: In den Ohren dieser Pechvögel müssen noch die Echos des Spielplatzlärms klingen, obwohl sie wie Leonard Bast in
Howard’s End
»die Glorie des Tiers für einen Frack und ein paar Ideen aufgegeben haben«.
    Solche Hotels überleben mit dem klassischen Paradox der Unternehmensökonomie und seinen Parolen »Qualität« und »Wettbewerb«, indem sie kleine, unabhängige Hotels und selbst mittelgroße oder ganze rivalisierende Gruppen aufkaufen und bis ins kleinste Detail Stil und Sitten ihrer Konkurrenten beobachten und übernehmen, womit sie garantieren, daß all ihre »Filialen« dasselbe »Produkt« anbieten. Sie sind inzwischen Supermärkte in Sachen Beherbergung: Das Frühstück ist zum großen Teil ein Selbstbedienungsritual geworden, das auch bei wohlwollender Beleuchtung oder mittels anschaulicher Prospekte nicht zu einem Landhausfrühstück wird. Kaffeemaschinen stehen »für Sie bereit« (niemals, wo denken Sie denn hin, zur Arbeitserleichterung für das Personal), komplett ausgestattet mit Sahne und Kaffeeweißer auf pflanzlicher Basis; kleine Kühlschränke enthalten ein paar Getränke und Erdnüsse. Sogar ein Formular liegt aus, in das man eigenhändig die Plünderungen eintragen muß, die man in diesem Kühlschrank unternommen hat. In Amerika hat dieses System zu Minibars geführt, die »honor bars« genannt werden. Ich warte ja nur darauf, diese Nomenklatur auch hierzulande anzutreffen.
    Der Service wird also auf ein absolutes Minimum reduziert und zum großen Teil vom Kunden selbst übernommen, der 85 Pfund für das Privileg bezahlt, in einer solchen Gehenna übernachten zu dürfen, mit den grotesken Teppichen, Ornamenten und Einrichtungen. Was das Hotel noch bereithält, beschränkt sich auf einen standardisierten Horror von »Details«: Irgendein absurder Lump in der Chefetage der Forte-Gruppe beschließt, es wäre einfach stark, wenn man das herabhängende Toilettenpapierende in ein neckisches und provokantes Hütchen falten würde, und vierzehn Tage später wiederholten die Crest-Gruppe und die deVere-Gruppe und jede andere Kette im Land diesen idiotischen Einfall. Eines Abends erschienen Seifestückchen, die

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