Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)
britische Firmen
haben
ihren Vorteil daraus gezogen.
Aber es gibt nicht nur die eine Sorte Öl. Mehr als eine Substanz kann die Menschheit ölen, den Wohlstand einer Nation befeuern und die Gesellschaft mit Energie versorgen.
Schauen Sie sich den außergewöhnlichen Erfolg der Vereinigten Staaten an. Sie sind nicht mehr die ganz große Handelsmacht wie noch vor ein paar Jahren, dennoch werden heute mehr Länder von den heiligen amerikanischen Namen durchdrungen als vor zwanzig Jahren: Namen wie Levi, Zippo, Harley-Davidson, McDonald, Coca- und Pepsi-Cola, Apple, Disney, Marlboro, Häagen-Dasz, Budweiser und IBM. Warum?
Sie können den Planeten vom einen zum anderen Ende durchkreuzen und durchqueren, ohne einer Seele zu begegnen, die schon mal was von Daks, Bryant & May, Rover, Wimpy, Vimto, Sinclair, Ealing, Woodbines, Lyons Maid, Double Diamond oder ICL gehört hat. Warum?
Die Antwort ist kinderleicht. Filme. Spielfilme. Das amerikanische Kino und der von ihm propagierte, verbreitete, analysierte und ausgestrahlte Lifestyle – ein häßliches, hier aber unumgängliches Wort – reichen bis in den letzten Winkel unserer winkellosen Erde. Amerika ist keine mit Japan vergleichbare Handelsnation, dennoch hat uns die japanische Kultur, abgesehen von einer Hokusai-Ausstellung hier und einem Sumo-Turnier dort, nie so beeinflußt oder durchdrungen wie die amerikanische.
Briten drängen sich in Pubs, um Budweiser zu trinken und Marlboro zu rauchen, weil Filme ihnen das vormachen; sie tragen Kleidung, die sie aus Filmen kennen, sie streben nach einem Leben, Slang, Vokabular und
modus vivendi
, die ihnen auf siebzig Millimeter Eastmancolor und in Dolby Stereo vorgeführt werden. Das macht sie nicht schwach, feige oder dumm. Viele von denen, die dieses offensichtliche Diktat der Mode verspotten, leben ihrerseits in einem Stil, den sie aus einem Roman von Evelyn Waugh haben, trinken Drinks, die von John Buchans Figuren getrunken werden, oder sprechen eine Sprache, die sie bei Trollope und Macaulay aufgeschnappt haben. Nicht die Menschen sind schwach, sondern die Kultur ist stark. Deswegen verbrennen Tyrannen Bücher, zensieren Filme und werfen Künstler ins Gefängnis.
Ob amerikanische Filme sich ästhetisch mit Waugh, Buchan oder Trollope messen können, steht hier nicht zur Debatte. Unbestreitbar ist, daß wir als Nation unseren kulturellen Einfluß verloren haben, und, was für unsere Regierung und Industrie viel wichtiger ist, damit haben wirunsere Macht und Autorität in der Herstellung kultureller Markenzeichen verloren.
Wir haben keine Stimme in der Welt. Die einzige Stimme, die wir haben könnten, ist die des Kinos in Verbindung mit Popmusik und Fernsehen. Weise, wie sie sind, sehen die Japaner allmählich ein, daß sie zwar fast alle Maschinen produzieren, die das Produkt aufzeichnen, vervielfältigen und wieder ausstrahlen, das Produkt selbst aber nicht herstellen können. Deswegen hat Sony Columbia gekauft, und andere japanische Hardware-Konzerne kaufen die Filmstudios, deren Archive, die »geistigen Urheberrechte«, wie es so schön heißt, und die Schöpfer dieser ganzen Populärkultur.
Alle Jubeljahre mal bringt Britannien ächzend einen Film heraus, der die Vergangenheit des Empire feiert – wunderbar gefilmt und gespielt, ohne Frage –, aber kaum ein Schaufenster des Landes und seiner Waren.
Dabei haben wir hektarweise Studios, Tausende der begabtesten Filmtechniker der ganzen Welt, Hunderte von beachtlichen Schauspielern und Schauspielerinnen, Dutzende von potentiell brillanten Drehbuchschreibern und, ganz wichtig, den ureigensten Vorteil, von Geburt an per definitionem anglophon zu sein.
Wir haben Öl. Aber niemand, weder im öffentlichen noch im privaten Sektor, scheint zu verstehen, daß der Nutzen für unsere ganze Nation unabsehbar ist, sobald man nur die Bohrspitzen bezahlt und das Öl sprudeln läßt; Fish-and-Chips-Läden in Rio, Cricket in Tokio, Marks & Spencer in Moskau.
Valete
Schweren Herzens greife ich zum Keyboard und zur voll integrierten datenverarbeitenden Multitasking-Textverarbeitung, um diese Wörter zu schreiben. Keine postfestale Tristesse bekümmert mich und auch keine Magenverstimmung, herbeigeführt von einer ätzenden Mischung aus Preiselbeeren, Taylor’s 1966 und
Birds of a Feather
auf BBC 1. Ich weiß verdammt genau, was es bedeuten soll, daß ich so traurig bin, wie Heine gesagt hätte (übrigens ein Dichter, mit dem ich mütterlicherseits verwandt bin).
Ich
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