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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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…«
    »… Meyerhöffer davon nichts wissen darf.«
    »Genau.«
    »Das überrascht mich aber. Ich hatte gehört, dass sie die Tochter
einer wohlhabenden Wiener Fabrikantenfamilie war …«
    Unrath unterbrach mich. »Wenn Sie diese
Information von einer gewissen jungen Dame haben, kann ich Ihnen versichern,
dass Sie Ihnen nur erzählt hat, was ihr selbst am meisten nutzte. Frau
Lignamente lügt, auch wenn sie die Wahrheit spricht.«
    »Und was ist Ihrer Meinung nach das, was Meyerhöffer aus der Sache
raus- und am Leben hält?«
    »Er darf das Papyrus nicht in die Finger kriegen.«
    »Aber das ist auch nur eine kurzfristige Lösung, er wird dann
einfach den nächsten Blödsinn anstellen.«
    »Erstens wird er nie mehr mit so einer großen
Sache zu tun bekommen, und der Kleinkram, mit dem er sich sonst abgibt,
überfordert ihn nicht so dramatisch. Zweitens, mein junger Freund, wenn Sie so
alt geworden sind wie ich, werden Sie erkennen, dass jede Lösung immer nur eine
kurzfristige ist.«
    »Wenn es aber nun so ist, dass Meyerhöffer den Papyrus schon in
der Hand hält?«
    »Dann werden Sie dafür sorgen müssen, dass er abhanden kommt.«
    »Ich war schon bei ihm zu Hause. Seine Bürotür ist bombensicher,
er hat dort wahrscheinlich auch eine Alarmanlage, ich wüsste nicht, wie ich
einen Einbruch bewerkstelligen sollte.«
    »Seien Sie kreativ.«
    »Das hat nur mit Handwerk zu tun, Kreativität ist da nicht gefragt.«
    »Dann seien Sie kreativ und finden Sie einen tüchtigen Handwerker.
Solche soll es doch noch geben, oder?«
    »Ich werde mein Möglichstes tun. Aber versprechen kann ich
nichts.«
    »Das wollen wir doch hoffen. Ich sehe, Sie sind fertig mit Ihrem
Grog. Wie schaut’s mit den Füßen aus? Irische Zustände?«
    Ich senkte den Blick, unter dem Tisch war es dunkel. Schwer
auszumachen. »Ich denke schon.«
    »Sehr gut, dann werden Sie jetzt nach Hause fahren und sich ins
Bett legen. Morgen sind Sie wieder gesund.«
    Ich stand ein wenig unbeholfen auf.
    »Ach ja, ehe ich es vergesse, danke dafür,
was Sie für meine Enkeltochter getan haben. Es war gewissenlos von Meyerhöffer,
dass er sie benutzt hat, um an den Russen heranzukommen.« Mit diesen Worten
begleitete er mich zur Tür. Die Tür fiel ins Schloss und ein leises Echo
huschte über die Wände des Stiegenhauses. Ich war mir allerdings nicht ganz
sicher, ob die letzten Worte Wirklichkeit waren oder eine Sinnestäuschung. Das
Blut rauschte in meinen Ohren wie ein Orkan.
    Ich stand allein im Dunkeln und es dauerte ein wenig, bis ich den
Lichtschalter gefunden hatte. Eine Sekunde später fuhr ich hinunter.
     

X
    Das
nächtliche Wien huschte an mir vorüber, ohne dass ich allzu viel Notiz davon
genommen hätte. Wie ferngesteuert fand ich den Weg nach Hause. Als ich vor
meiner Wohnungstür stand und den Schlüssel ins Schloss brachte, fiel mir wieder
ein, dass ich nicht allein war. Als ich Mantel und Schal aufgehängt und die
Schuhe unter den Heizkörper gestellt hatte, in der vergeblichen Hoffnung, dass
sie morgen wieder trocken wären, ging ich zur Couch. Müdigkeit, Krankheit und
Whisky schränkten mein Blickfeld dermaßen ein, dass ich das Mädchen, das auf
der Couch lag, erst wahrnahm, nachdem ich mich hingesetzt hatte. Sie sagte
irgendetwas zu mir, durch das Rauschen in meinen Ohren drang es aber nicht bis
zu mir durch. Ich griff nach meiner Kanne und trank ein paar Schlucke direkt
aus dem Hals. Dann schnaufte ich tief durch und es ging wieder besser. Die
schwarzen geometrischen Muster, die meinen Blick trübten, indem sie ungefragt
durch das Bild huschten, verschwanden.
    »Bist derrisch?«
    Wie schön war es doch gewesen, nichts zu hören. Außerdem lief
Musik, ich brauchte ein paar Augenblicke, um den Sound zu identifizieren. Es
waren The Cure mit ihrem Album ›In a forrest ‹ . So viel Geschmack hätte ich
ihr gar nicht zugetraut.
    »Herst mi net?«
    Sie wurde ungeduldig. Außerdem sprach sie undeutlich und
schleppend, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen war, dass sie eine Dose
Bier in der Hand hielt, eine leere vor ihr auf dem Tisch stand und der
Aschenbecher zwei Joints mehr enthielt als zu dem Zeitpunkt, als ich gegangen
war. Ihre Lider mit den langen schwarzen Wimpern waren schwer wie Blei. Wenn
sie blinzelte, so brauchte es einige Zeit, bis sie wieder etwas sehen konnte.
    »Sicher hör ich dich, aber könnte es nicht sein, dass ich einfach
nicht antworten will?«
    »Waas i net. Willst

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