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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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Dort
war alles still gewesen und der Berti saß auf der Couch. Vor ihm ein Bier und
in der Rechten eine Marlboro, die sich inzwischen tief in seine Finger gebrannt
hatte. Der Kopf lag schräg auf der Schulter und sein weißes Feinrippleiberl war
voller Blut. Daraufhin war sie Hals über Kopf aus der Wohnung geflohen. Als ich
fragte, wer das denn gewesen sein könnte, zuckte sie nur mit den Schultern und
sagte: »Jeder.«
    Als das Bier alle war, machte ich ihr ein neues auf und wir saßen
noch länger auf der Couch und redeten, hörten Musik und kifften. Irgendwann
gingen mir die Lichter aus.
    Am nächsten Morgen stellte sich mir ernsthaft die Frage, ob ich
noch lebte. Ich hatte keinen Kater, der Schwindel und das drückende Kopfweh
waren verschwunden. Ich entspannte mich und genoss die wundersame Überraschung.
Doch nur einen Moment lang, dann schreckte ich hoch. Es duftete nach Kaffee und
Eiern mit Schinken. Ich hatte das Mädchen völlig vergessen. Mir schwante
Schlimmstes, schließlich war ich unter der Decke nackt. Ich zog mir die am
Boden liegenden Boxershorts an und ging in die winzige Küche. Es war unheimlich
warm in der Wohnung.
    Auf der Herdplatte brutzelte das Frühstück in der Pfanne, daneben
stand eine italienische Espressokanne. Das Mädchen hockte auf der
Arbeitsplatte, die ihren Kurven gerade genug Fläche bot, um darauf sitzen zu
können. Sie hatte die Beine hochgenommen und lackierte sich die Fußnägel. In
Pink. Sie trug eines meiner Leiberl und eine Shorts. Als sie mich eintreten
bemerkte, hob sie den Kopf und lächelte mich an.
    »Guten Morgen. Hab einkauft und den Beuler hochdraht. ’S war
eiskalt herinnen.«
    Der Morgen ist nicht meine beste Stunde, erst recht nicht unter
solchen Umständen. Ich schwieg und aß im Stehen, was sie mir vorsetzte. Nach
dem zweiten Kaffee begann ich, wach zu werden. Mit zunehmender Wachheit gewann
auch die Frage, was zwischen uns in der Nacht passiert war, an Dringlichkeit.
Zart besaitet bin ich nicht, aber diese Frage zu stellen, fiel mir doch
einigermaßen schwer.
    »Haben wir letzte Nacht …?«
    Sie blickte von der Arbeit an ihren Fußnägeln auf, sah mich an und
nickte. Ohne sich von mir ablenken zu lassen, widmete sie sich wieder ihrer
Kosmetik. Ich nahm meinen Kaffee, bedankte mich für das Frühstück und setzte
mich an meinen Schreibtisch.
    Durch die Entwicklungen der letzten Woche war ich mit meinen
Arbeiten hoffnungslos in Rückstand geraten. Weder hatte ich mich auf meine
Vorlesungen vorbereitet, noch auch nur einen Strich an meiner Habilitation
gearbeitet. Bis es Zeit wurde, zu meinem Vortrag zu gehen, wollte ich
eigentlich ein wenig das Versäumte nachholen. Es gelang mir aber nicht. Sobald
ich meine Gedanken gesammelt hatte, hämmerte mir mein Gewissen unablässig eine
Zahl ins Bewusstsein: 17. Soweit ich weiß, ist das strafbar; in meiner Panik
hätte ich um ein Haar Reichi angerufen und mich informiert. Ließ es aber doch
bleiben. Hämischen Kommentaren war ich im Moment nicht gewachsen. Nach etwa
einer Stunde, in der ich ganze zwei Sätze gelesen und kein Wort verstanden
hatte, ließ ich es bleiben, stand auf und ging zu ihr hinüber. Sie lag auf der
Couch und hörte Musik mit Kopfhörer.
    Ich berührte sie an der Schulter und sie nahm die Kopfhörer ab.
    »Wie heißt du eigentlich? Ich bin Arno.«
    »Mila.«
    »Den Mike kennst du?«
    »Sicher.«
    »Und den Slupetzky?«
    »Eh.«
    »Der Slupetzky hat doch mit euch das Flughafengeschäft gmacht,
oder?«
    Sie sah mich unsicher an. »Waaß i net.«
    »Willst du mir sagen, dass du keine Ahnung hast, wie der Berti
sein Geld verdient hat?«
    »Net wirkli.«
    »Der Slupetzky hat mit einem anderen, einem serbischen
Kunsthändler, Geschäfte gemacht.«
    »Na und?«
    »Lass mich ausreden. Die beiden sind in ein Ding hineingeraten, an
dem viele ein Interesse hatten. Am Anfang dachte ich, dass Slupetzky wegen der
Flughafengeschichte draufgegangen wär, weil der Berti und er die Russen über
den Tisch gezogen hätten. Darum bin ich ja damals zu euch gekommen.«
    »Sicher. Aber jetzt glaubst das nimmer?«
    »Nein. Der Slupetzky ist draufgangen wegen dem Papyrus, da bin ich
mir ganz sicher. Und auch den Partner vom Slupetzky hat’s deswegen erwischt.«
    »Und du glaubst, dass auch den Berti deswegen ausblasn ham?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Wer soll des gewesen sein?«
    »Russenmafia. Oder ein Anwalt, den ich kenne. Vielleicht sonst
auch noch wer, aber das glaub

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