Papierkrieg
verkaufen. Dann schnappt die Falle zu. Wenn
Sie beide Glück haben, sind es die Polizei und der Staatsanwalt. Ich sage, wenn
Sie Glück haben. Es könnte auch viel schlimmer kommen. Ein solcher Wert zieht
Haie an wie Ziegenblut.«
Ich trank noch einen Schluck Kaffee, hielt die Tasse hin und bekam
nachgeschenkt. Dann wiederholte ich das Zuckerritual.
»Außerdem wird der Besitzer, dem der Papyrus abhanden gekommen
ist, auch danach suchen. Das heißt, ich bringe mich bei einem solchen Deal
ebenfalls in Gefahr. Was ich will, sind zwei Sachen: Egal, wie der Deal
ausgeht, 50.000 Euro, und eine Antwort. Klingt das akzeptabel?«
Beide nickten. »Was für Frage?«
»Was wissen Sie über Dr. Meyerhöffer?«
»Gar nix.«
»Kommen Sie, Mihailovic, halten Sie mich nicht für blöd. Ich kann
mir ungefähr ausrechnen, wie Sie an das Ding gekommen sind und da taucht auch
Meyerhöffer auf. Der interessiert mich, aber aus ganz anderen Gründen. Also
los, sagen Sie schon.«
Die Mihailovice schauten sich lange an. Im Anschluss an diesen
Blickwechsel wandte er sich weg und sie begann zu erzählen. »Wir haben mit ihm
einen Kunstdeal gemacht.«
»Und weiter?«
»Gar nichts.«
»Lassen Sie sich doch nicht alles aus der Nase ziehen.«
»Mehr gibt’s da wirklich nicht zu erzählen.«
»Na gut, dann erzähle ich eine Story und Sie sagen mir, ob sie
wahr ist. Wenn ich der Meinung bin, dass Sie beide lügen, können Sie den
Papyrus dazu benutzen, sich das nächste Mal den Arsch zu wischen. Zu mehr
werden Sie beide ihn dann nicht mehr brauchen können.«
Wieder konferierte das Ehepaar stumm. Bis Mihailovic seine Zigarre
im Aschenbecher zermalmte und seiner Frau mit dem Kopf ein Zeichen gab, die
wiederum mir zunickte. »Slupetzky kam an und machte einen Kontakt mit Bender.
Weil irgendwer Kunst am Spieltisch verloren hatte und Bender die Sachen
loswerden wollte.«
Beide nickten.
»Bender hatte auch eine junge Anwältin dabei, wie hieß die?«
»Irgendwas Italienisches, glaube ich.«
»Was fällt Ihnen zu der ein?«
»Eiskalt. Das Biest hat uns über den Tisch gezogen.«
»Und an wen haben Sie die Bilder verkauft?«
»An einzelne Kunden.«
»Namen, Kontaktadressen?«
»Hab ich keine mehr.«
»Das nehm ich Ihnen jetzt nicht ab.«
»Werd ich Ihnen aber sicher nicht mehr sagen, dazu.«
»Kommen Sie, Mihailovic, das ist sehr wichtig für mich.«
»Für mich auch.«
Da biss ich auf Granit, war nichts zu machen. Also fragte ich nach
etwas anderem weiter. »Und irgendwo unter den Sachen haben Sie den Papyrus
gefunden.«
Beide nickten.
»Wo?«
»Hinter einem Rahmen. War in Plastiksack verpackt. Luftdicht.«
»Und Ihrem Freund Slupetzky haben Sie nichts gesagt?«
»Doch. Mirko wusste total Bescheid. Über alles.«
Während ich von meinem Kaffee trank, beobachtete ich die beiden.
Sie saßen wie auf glühenden Kohlen. Ich schüttelte sachte den Kopf, fast ein
bisschen bedauernd.
»Mit Mirkos Tod haben wir nix zu tun. Total nix«, brauste
Mihailovic auf.
»Ich weiß, dass Sie beide Slupetzky nicht auf dem Gewissen haben.
Aber Sie sollten vorsichtig sein. Sobald jemand von dem Papyrus weiß, finden
Sie sich auf dem Präsentierteller wieder. Jedes Gericht in Österreich wird Sie
verurteilen, auch wenn keine Fingerabdrücke vorhanden sind. Gier versteht jeder
als Motiv.«
Ich leerte meine Kaffeetasse. Es war wichtig, den beiden Angst
einzuflößen. Angst macht fügsam.
»Niemand weiß von dem Papyrus.«
»Da wäre ich nicht so sicher. Irgendwer wusste genug, um Slupetzky
heimzudrehen. Doch fand er dort den Papyrus nicht. Der sucht jetzt weiter. Wir
sollten das Ding so schnell wie möglich loswerden.«
Beide nickten. Ich musste ihnen ja nicht gleich alles auf die Nase
binden. »Dann mache ich einen Termin für morgen aus. Gegen Mittag, wenn es
geht.«
Wieder nickten beide.
»Halten Sie sich und das Papyrus bereit. Ich werde mich melden.
Und kein Wort zu niemandem.«
Ich verabschiedete mich und machte mich auf den Weg. Draußen
regnete es noch immer. Der Straßenverkehr war durch die nassen Fahrbahnen zudem
lauter als gewöhnlich, sodass niemand mehr sein eigenes Wort verstehen konnte.
Die Passanten hatten die Krägen hochgestellt und die Köpfe eingezogen, sie
eilten dahin, ohne von irgendjemandem auch nur das Geringste wahrzunehmen.
Jeder Einzelne von ihnen war eine fensterlose Monade, miteinander verbunden nur
durch die prästabilierte Harmonie eines gigantischen, komplexen
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