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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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machen.«
    »Siehst du, das ist der Unterschied zwischen Moralität und
Legalität. Verurteilen kann dich deswegen kein Gericht der Welt. Aber Schuld
hast du trotzdem.«
    »Nachdem es keinen Gott gibt, ist mir das gleichgültig. Schluss
mit der Spintisiererei. Also was ist mit meinem Vorschlag?«
    »Da ich nichts weiß, kann ich dir auch nichts sagen.«
    »Geradeheraus gesprochen: Ich glaub’s dir nicht.«
    »Was du glaubst, geht mich eigentlich auch nichts an. Seit der
französischen Revolution hat sich bei uns die Einsicht durchgesetzt, dass
Glauben Privatsache ist.«
    »Das ist nun mir egal. Wenn ich glaube, dass du was weißt, dann
kann das für dich ungemütlich werden.«
    »Das werden wir sehen.«
    »Ich mag dich, Kleiner, hab dich immer gemocht und das soll auch
so bleiben. Also versemmel es nicht. Ich geb dir bis morgen Zeit, um dich zu
entscheiden, der alten Zeiten wegen. Du hast die Wahl.«
    Ich trank aus, erhob mich und machte mich auf den Weg zur Tür.
    »Ach ja, Fred war mächtig stolz auf dich, wie du den Russen
zugerichtet hast. Er sagt, wenn er dich früher kennengelernt hätte, hätte er
einen Boxer aus dir gemacht, nicht so einen Bücherwurm.« Ich drehte mich nicht
um, sondern wartete mit dem Knauf in der Hand, bis Bender fertig war. Dann
drehte ich ihn, die Tür öffnete sich mit einem kleinen Klicken, und ich stand
im Licht, geblendet.

II
    Nachdem
mich Fred schweigend nach Hause gefahren hatte und ich vor meiner Wohnung
ausgestiegen war, atmete ich durch. Galgenfrist bis morgen. Hatte ich nun einen
Tag gewonnen oder ein ganzes Leben verloren?
    Als ich endlich in meiner Wohnung stand, legte ich meine
durchnässten Sachen ab und stellte mich unter die kochend heiße Dusche. Nach
einer Ewigkeit wagte ich mich wieder heraus, zog mir warme Sachen an und
kuschelte mich in meine Decken. Eigentlich wollte ich noch Mihailovic wegen des
Verkaufstermins morgen informieren, aber der Schlaf kam schnell und zärtlich.
    Am nächsten Morgen wachte ich mit dem leichten Kopfweh auf, das
immer kommt, wenn ich zu lange und zu tief geschlafen habe. Es dauerte ein
Weilchen, bis ich imstande war, mich aus dem Bett zu wälzen. Ich setzte
Teewasser auf und stellte mich vor den kleinen Spiegel im Badezimmer. Diese
Bezeichnung ist ein Euphemismus, eigentlich handelt es sich nur um eine mit
einem Vorhang abgetrennte Ecke meiner Küche. Ich war noch ein wenig steif im
Nacken von der russischen Massage, aber ansonsten großartig in Form. Nachdem
ich meine Morgentoilette beendet und mir die Stoppeln von der Wange gekratzt
hatte, war es Zeit zu frühstücken. Da ich nichts Essbares im Haus hatte,
mussten viel Tee und gute Musik ausreichen. Lester Young, Nat King Cole und
Buddie Rich spielten auf. Ich genoss meinen Tee und ließ mich in den zarten
Solos von Young treiben, die auf wunderbar okkulte Art und Weise mit der
Begleitung von Cole verflochten sind. Vor allem die zweite Version von ›I cover
the waterfront‹ mit ihren kindlich einfachen Rufmotiven ließ mich wie immer
erschauern. Lester bringt es zustande, sein Sax wie eine dunkle weibliche
Stimme klingen zu lassen, wie eine Mutter, die ihr Kind ruft. Als ich die
Scheibe zum zweiten Mal durchgehört hatte, war auch der Tee ausgetrunken und
ich begann, mich anzuziehen. Viel gab mein Kleiderschrank nicht mehr her, aber
ich fand noch eine hellgraue Hose aus Baumwollstoff, ein schwarzes
Schnürlsamtjackett und ein hellgrau-grün-gestreiftes Hemd. Irgendwie passte
sogar der Grünton der Krawatte zu den Hemdstreifen und ich war vorzeigbar.
Schließlich tätigt man nicht jeden Tag ein Geschäft um eine Achtelmillion Euro.
Oder vielleicht auch ein bisschen mehr.
    Ich rief bei Mihailovic an, der schon mächtig aufgeregt war und
kaum mehr an sich halten konnte. Nachdem ich mit Dittrich einig geworden wäre,
würde ich ihm einen Treffpunkt benennen, wohin er mit dem Geld kommen sollte.
Als das geklärt war, läutete ich bei dem Käufer an. Dittrich war ebenfalls in
Hochstimmung, er schien mir ein wenig von seinem Whisky genascht zu haben. Umso
besser für mich.
    Ich machte mich auf, in sein Büro zu fahren. 20 Minuten später
stand ich vor seiner Tür, klopfte und hielt den Atem an. Von drinnen tönte ein
vollkommen intoniertes »Herein«, mein Herz schlug einen Purzelbaum der Freude
und ich trat ein. Manchmal geschehen noch Zeichen und Wunder, und als ein solches
sah ich es an, dass Frau Chmelar sonntags arbeitete.
    Obwohl ich

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