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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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daneben stand, und schloss
hinter mir die Tür.
    Ich nahm Platz. Kaum hatte mein Hosenboden
den Polster berührt, öffnete Bender die Augen und sah mich streng an. »Ich hab
dich immer gemocht, Kleiner, und was mich betrifft, wird das auch immer so
bleiben. Aber wenn du so weitermachst, wird der Punkt kommen, an dem ich
zwischen Geschäft und Sympathie wählen muss und das wird eine sehr leichte Wahl
für mich sein. Für dich aber sicher nicht.«
    Darauf gab es nichts zu erwidern. Darum blieb ich stumm.
    »Was willst du trinken?«
    »Tee, wenn’s einen gibt.«
    »Gut.«
    Bender setzte sich ein wenig auf und drückte einen Knopf auf einer
Fernbedienung, die in den Rauchertisch eingelassen war. Sofort öffnete sich die
Tür.
    »Tee und Port.«
    Fred nickte und schloss die Tür. Bender lehnte sich zurück und
atmete hörbar aus. Dann herrschte Stille. Wir saßen im Dunkeln und schwiegen
uns an. Das schwache Licht ließ den Alten noch älter wirken, mit der Zeit bekam
er eine gewisse Ähnlichkeit mit einer ägyptischen Mumie. Ich lauschte dem
Ticken einer Uhr, die ich nicht sehen konnte, und wartete. Wenigstens war es
warm.
    Nach etwa zehn Minuten öffnete sich die Tür
und Fred balancierte gekonnt ein Tablett herein, das er auf das
Rauchertischchen stellte. Eine Porzellankanne mit Tee, eine Schale und eine
Zuckerdose nebst Löffel für mich. Ein geschliffenes Bleikristallglas mit der
dazu passenden Karaffe für Bender. Fred ging so geräuschlos hinaus, wie er
gekommen war. Erst als sich die Tür wieder geschlossen hatte, erhob Bender sich
ein wenig, entkorkte die Karaffe und füllte sein Glas mit der rubinroten
Flüssigkeit, die in der Dunkelheit die Farbe geronnenen Blutes angenommen
hatte. Als Bender die Karaffe wieder geschlossen hatte und sich im Stuhl
zurücklehnte, um zu nippen, schenkte ich mir ein und nahm eine Nase voll.
Ausgezeichnet, es gab eine starke Assammischung, vermutlich irgendeinen
Ostfriesen. Dazu hätte ein Tropfen Sahne gepasst, aber ich war nicht in der
Position, Forderungen zu stellen. So zuckerte ich nur und nahm einen Schluck.
Obwohl ich mir beinahe die Zunge verbrannte, setzte ich erst ab, als die Tasse
leer war. Ich hatte die Wärme bitter nötig. Ich schenkte mir nach und wartete
darauf, dass Bender weitersprechen würde.
    »Der Tee schmeckt dir?«
    »Ja.«
    »Das ist ein Kompliment, wenn es von einem Experten wie dir
kommt.«
    »Ich hätte jetzt alles Warme getrunken, aber der Tee ist wirklich
in Ordnung. Ist ein Ostfriese oder täusche ich mich?«
    »Mir sind alle Tees Jacke wie Hose, da musst du Gertrud fragen.«
    Ich nahm die Tasse und trank erneut. Die weiche Stärke und das
samtige Malzaroma umspielten meinen Gaumen.
    »Wenn du gehst, kannst du dich ja bei ihr erkundigen, woher sie
ihn bezieht.« Er nippte wieder an seinem Glas. »Für alte Knaben eine von den
besten Gaben.« Er lächelte still in sich hinein. Dann stellte er das Glas weg
und wurde schlagartig wieder ernst.
    »Ich hab da jemanden kennengelernt, der auch dich kennt. Das macht
mir Kopfzerbrechen.« Er wartete auf eine Antwort meinerseits, aber ich schwieg
mich aus. »Dass du mit der Slupetzkysache ein klein wenig Geld machen willst,
kann ich verstehen, und es stört mich auch nicht. Aber das Ganze wird ein wenig
größer. Ich denke, zu groß für dich. Vor allem jetzt, da ich den anderen
Partner von Slupetzky getroffen habe. Slupetzky war zeitlebens ein komischer
Kauz, aber dass er sich als Pole ausgerechnet russische Partner geholt hat, ist
mir immer noch ein wenig unbegreiflich.«
    Ich nickte. »Er hätte wissen müssen, wen er sich da ins Boot
geholt hat.«
    »Genau. Die Russen sind sauer, nicht nur, dass ihnen jetzt das
Flughafengeschäft stillsteht. Nein, Slupetzky hat sie, scheint’s, auch noch
beklaut.«
    »Davon weiß ich nichts. Hat er etwas von dem Geld in die eigene
Tasche gesteckt?«
    »Nein, was anderes. Ich hab nicht rausbekommen was, aber
vielleicht kannst du mir das verraten.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Weil du ein heller Kopf bist. Also sag mir, was du weißt, und
vielleicht können wir beide ins Geschäft kommen.«
    »So wie du und Slupetzky damals?«
    »Ich hab den Polen nicht erschossen.«
    »Ich weiß. Das tust du nie.«
    »Fred auch nicht.«
    »Ich weiß. Aber es gibt genug Idioten, denen gegenüber man ein
paar Halbsätze fallen lässt und die dann gierig werden, die Nerven verlieren
und zuschlagen.«
    »Dafür kann mich niemand verantwortlich

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