Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paradies Pollensa

Paradies Pollensa

Titel: Paradies Pollensa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
seine Landsleute dazu, ihn schnell zu langweilen, aber er war durchaus willens, diese Tageszeit leutselig zu verbringen. In einem kleinen Hotel konnte man sich schlecht völlig isolieren. Diese Dame hatte gewiss zumindest ausgezeichnete »Hotelmanieren«, wie er es nannte.
    Der junge Engländer erhob sich, machte eine scherzhafte Bemerkung und ging ins Hotel. Die Dame nahm ihre Briefe und ihre Tasche und ließ sich auf einem Stuhl mit Blick zum Meer nieder. Sie schlug die Continental Daily Mail auf und wandte Mr Parker Pyne den Rücken zu.
    Als er den letzten Tropfen seines Kaffees trank, sah Mr Parker Pyne in ihre Richtung und erstarrte augenblicklich. Er war alarmiert – seine friedlichen Ferien waren gefährdet! Dieser Rücken war entsetzlich ausdrucksvoll. In letzter Zeit hatte er viele solche Rücken kennen gelernt. Diese Starre – die angespannte Körperhaltung! Ohne ihr Gesicht zu sehen, wusste er nur zu gut, dass die Augen von ungeweinten Tränen glänzten – dass die Frau jedoch mit äußerster Anstrengung Haltung bewahrte.
    Mr Parker Pyne erhob sich vorsichtig und zog sich wie ein verwundetes Tier ins Hotel zurück. Erst vor einer halben Stunde war er aufgefordert worden, seinen Namen in das Buch auf dem Pult einzutragen. Da stand fein säuberlich:
    C. Parker Pyne, London.
    Ein paar Zeilen weiter oben entdeckte Mr Parker Pyne die Eintragung: Mrs R. Chester, Mr Basil Chester – Holm Park, Devon.
    Er nahm eine Feder und korrigierte schnell seine Unterschrift. Da stand jetzt – schlecht leserlich: Christopher Pyne. Falls Mrs R. Chester in Pollensa Bay unglücklich war, sollte es ihr jedenfalls nicht leicht gemacht werden, Mr Parker Pyne zu konsultieren.
    Immer wieder war er erstaunt, dass so viele Leute, die er im Ausland, traf, seinen Namen aus Zeitungsannoncen kannten. In England lasen jeden Tag viele tausend Menschen die Times und hätten ganz ehrlich geantwortet, diesen Namen noch nie in ihrem Leben gehört zu haben. Im Ausland las man die Zeitung wohl gründlicher, dachte er. Keine Kleinigkeit, nicht, einmal die Anzeigenseiten, wurde übersehen.
    Seine Ferien waren bereits wiederholt gestört worden. Er war schon mit einer ganzen Reihe von Problemen – von Mord bis Erpressung – konfrontiert worden. Aber auf Mallorca wollte er unbedingt seinen Frieden haben. Instinktiv spürte er, dass eine traurige Mutter diesen Frieden empfindlich stören könnte.
    Mr Parker Pyne ließ sich glücklich und zufrieden im P i no d’ Oro nieder. Ein größeres Hotel lag in der Nähe, das Mariposa, wo ziemlich viele Engländer abgestiegen waren. Und es gab auch eine Künstlerkolonie in der Umgebung. Man konnte am Meer entlang bis zum nächsten Fischerdorf gehen, wo man sich in einer Cocktailbar traf und wo es ein paar Läden gab. Es war alles ganz friedlich und angenehm. Die Mädchen gingen in Hosen und hatten sich leuchtendbunte Tücher um den Oberkörper geschlungen. Junge Männer mit Baskenmützen auf ziemlich langem Haar diskutierten in Mac’s Bar über Wert und Unwert abstrakter Kunst.
    Am Tag nach Mr Parker Pynes Ankunft richtete Mrs Chester höflich das Wort an ihn – einige konventionelle Bemerkungen über die Aussicht und das Wetter. Dann plauderte sie ein wenig mit der deutschen Dame über das Stricken, wechselte ein paar freundliche Sätze über die Traurigkeit der politischen Lage mit zwei dänischen Herren, die ihre Zeit vor allem mit Wandern verbrachten.
    Mr Parker Pyne hielt Basil Chester für einen sehr angenehmen jungen Mann. Er nannte Mr Parker Pyne »Sir« und hörte sich höflich alles an, was der Ältere sagte. Manchmal nahmen die drei Engländer nach dem Abendessen zusammen den Kaffee. Nach dem dritten Tag verließ Basil die anderen stets nach etwa zehn Minuten, und Mr Parker Pyne blieb mit Mrs Chester allein zurück.
    Sie sprachen über das Blumenzüchten, über den bedauerlichen Stand des englischen Pfunds, wie teuer Frankreich geworden war und über die Schwierigkeit, guten Nachmittagstee zu bekommen.
    Jeden Abend, nachdem ihr Sohn verschwunden war, bemerkte Mr Parker Pyne ein rasch unterdrücktes Zittern ihrer Lippen, von dem sie sich aber sofort erholte, und danach unterhielt man sich, freundlich plaudernd, über allgemeine Themen.
    Aber nach und nach begann sie auch über Basil zu sprechen – wie gut er sich in der Schule gemacht hatte, wie ihn jedermann mochte und wie stolz sein Vater auf ihn wäre, wenn er noch lebte, wie dankbar sie sei, dass Basil nie »wild« gewesen

Weitere Kostenlose Bücher