Paradies
Artikel war mit einem großen, unscharfen Bild der Frau illustriert. Sie war jung und schön. Den Namen und das Bild des Opfers zu bringen ging völlig in Ordnung, dagegen waren die makabren Einzelheiten um ihren Tod viel zu eingehend beschrieben.
Man brauchte nicht zu wissen, dass die halb ummantelte Kugel ihr Gehirn zerfetzt hatte und hinter der Nase stecken geblieben war. Schyman seufzte, na ja, das waren Details.
Die nächste Doppelseite behandelte die aktuelle Regierungskrise und den Parteitag der Sozialdemokraten, der am Donnerstag beginnen und eine Woche dauern würde. Der Machtkampf in der Partei war voll entbrannt. Carl Wennergren wühlte weiter in den verspätet bezahlten Kindergartenbeiträgen der Ministerin und näherte sich mit raschen Schritten der Grenze für das publizistisch und ethisch Vertretbare. Die Zeitung hatte immer noch nicht die Kernfrage aufgegriffen, warum die Ministerin ausgerechnet jetzt in die Schusslinie der Kritik geraten war. Allen war bekannt, dass die Findungskommission sie für den Posten der Parteisekretärin vorschlagen wollte, wodurch sie automatisch zur Kronprinzessin für den Posten des Ministerpräsidenten würde, was die übergangenen Betonköpfe um die fünfzig die Messer wetzen ließ. Das wollte er in seiner Zeitung untersucht sehen. Es sollte beschrieben werden, wie die mächtigen Männer dachten und was sie zu tun gewillt waren, um ihre Macht zu erhalten. Die restlichen Nominierungen waren nicht an die Öffentlichkeit gelangt, obwohl man wusste, dass drei Mitglieder den Parteivorstand, das Machtzentrum der Partei, verlassen würden. Er hatte im Gefühl, dass die Namen nicht unumstritten sein würden, es würde ein spannender Parteitag werden. Es wurde gemunkelt, dass der frühere Außenhandelsminister Christer Lundgren, der nach dem Skandal um Studio 6 zurücktreten musste, ein politisches Comeback plane. Er persönlich bezweifelte das, weil der Skandal zu groß und zu undurchsichtig gewesen war und weil das, was sich unter der Oberfläche befand, zu viel politischen Zündstoff enthielt. Dagegen war es durchaus möglich, dass Kultusministerin Karina Björnlund in den Vorstand gewählt wurde, was seiner Meinung nach an sich schon ein Skandal wäre. Die Frau hatte allen Ernstes vorgeschlagen, dass der Staat die Chefredakteure und Herausgeber in sämtlichen Medienunternehmen Schwedens ernennen und absetzen können solle. Trotz dieses absurden Vorschlags blieb sie im Amt, und er wusste auch, warum. Den Grund dafür hatte Annika Bengtzon ihm vor gut zwei Jahren genannt.
Der Rest der Zeitung war einigermaßen belanglos. Neue Tipps für Aktienanleger: So machen Sie Gewinne – er seufzte. In der Mitte folgte ein Interview mit einer Fernsehprominenten, die vorhatte, zu einem anderen Sender zu wechseln. Der Hintergrund des Wechsels schien offensichtlich zu sein, einfach mehr Geld bei dem neuen Sender. Schyman seufzte ein wenig. In der vergangenen Woche hatte man kein Dokument von bleibendem Wert zu Stande gebracht, etwas, worauf man in der Montagsausgabe hätte aufbauen können, während man darauf wartete, dass die Wirklichkeit und die Arbeitswoche wieder in Gang kamen.
Aber, na ja, die Druckerei hatte gut gearbeitet, die Zeitung war pünktlich erschienen. Man musste sich wohl schon über kleine Dinge freuen.
Die Pizza lag Thomas wie ein Stein aus Käsemasse im Magen, und ihm war leicht übel. Nach dem Mittagessen nahm er die Abendzeitungen mit, sah zu, dass er in sein Büro kam, und verzichtete auf den Kaffee.
Auf seinem Schreibtisch lag die Rechnung der Stiftung. Geschütztes Wohnen für eine Klientin in den Monaten November, Dezember und Januar. Dreihundertzweiundzwanzigtausend Kronen. Er wusste, dass dieses Geld im laufenden Etat nicht mehr vorhanden war. Man würde gezwungen sein, die Renovierung einer Kindertagesstätte mit Schimmelbefall zu verschieben, um das Geld stattdessen dieser verdammten Betrügerin in den Rachen zu werfen.
Die zuständige Sachbearbeiterin hatte ihm die Rechnung gegeben, als er mit seinen Kollegen auf dem Weg in die Mittagspause war.
»Das ist gerade per Fax gekommen«, hatte sie mit eisiger Stimme und kaltem Blick gesagt. Sie hatte ihm noch nicht verziehen, dass er sie vor einem Klienten unmöglich gemacht hatte.
Er hatte verlegen gedankt, was ihm wiederum unangenehm war.
Jetzt starrte er auf die Rechnung und begann im Kopf die einzelnen Haushaltsposten durchzugehen, bei denen man streichen können würde, damit der Haushalt nicht
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