Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
möglicherweise Araber oder doch ein Finne. Er hat offensichtlich zuerst mit dem Opfer gesprochen, es dann erschossen und auf die Erde gelegt und ist daraufhin zur U-Bahn gelaufen. Die Klamotten lagen gleich hinter den Eingangstüren im Papierkorb. Es gibt Zeugen von der Haltestelle, unter anderem einen Wachmann, die gesehen haben, wie er sich auszog. Der Typ trug unter der Jacke helle Kleidung. Dann streiten sich die Geister, wohin er verschwunden ist. Raus, dem Wachmann zufolge. In die U-Bahn, sagt eine Gang von Jugendlichen. Zurück auf den Platz, sagt eine Frau mit Kinderwagen. Er hätte sie fast über den Haufen gerannt. Jedenfalls ist er verschwunden.«
    »Ganz schön dreist«, sagte Jansson, »zwischen all den Menschen.«
    »Vermutlich hat ihm das sogar geholfen, die Menschenmenge hat ihn geschützt. Wirklich eiskalt.«
    In Sjölanders Stimme schwang fast so etwas wie Bewunderung mit.
    »Was wissen wir noch? Die Waffe?«
    Sjölander blätterte in seinen Aufzeichnungen.
    »Schalldämpfer natürlich. Also handelt es sich um eine Pistole oder einen Revolver. Über die Kugel bin ich informiert worden, das können wir bringen. Die Munition war halb ummantelt. Die Frau ist in den Nacken geschossen worden, eine voll ummantelte Patrone wäre glatt durch den Kopf gegangen und hätte das ganze Gesicht weggerissen, es wäre eine ziemliche Sauerei gewesen.
    Stattdessen ist die Kugel hinter der Nase stecken geblieben, nachdem sie das Gehirn zermatscht hatte. Die Frau war vorne völlig unversehrt, und die Leute haben offenbar zuerst geglaubt, sie wäre gefallen.«
    Annika schauderte es, verdammt schrecklich. Sie gähnte, die erste Nacht der Schicht kam einem immer besonders lang vor.
    »Wissen wir, wie sie hieß?«
    »Ja, sie haben den Namen bekannt gegeben. Sie hatte keine Verwandten in Schweden, sie war Flüchtling, aus dem Kosovo, glaube ich, und hat offensichtlich auch dort keine lebenden Verwandten mehr, hier habe ich es. Sie kam aus Bosnien, aus… was steht da, Bijeljina? Aida hieß sie. Aida Begovic.«
    Die Redaktion schrumpfte zu einem Loch um Annika, ihr Blickfeld verengte sich zu einem Tunnel, die Farben verschwanden, alle Geräusche gedämpft wie unter Wasser. Sie stand auf.
    »Was ist los?«, sagte Jansson, und seine Stimme kam aus weiter Ferne. Sie sah sein Gesicht vor sich, der Fußboden kenterte, Stimmen in der Ferne: »Annika, was zum Teufel, bist du krank oder, setz dich, verdammt, du bist ja leichenblass…«
    Jemand setzte sie auf einen Bürostuhl, drückte ihren Kopf zwischen die Knie, befahl ihr zu atmen.
    Sie starrte die Unterseite der Sitzfläche an, den Mechanismus zum Heben und Senken, schloss die Augen fester, hielt den Atem an.
    Aida, Aida aus Bijeljina war tot, und sie hatte Aida auf dem Gewissen.
    Ich habe es wieder getan, dachte sie. Ich habe wieder gemordet.
    »Annika, verdammt, lebst du noch?«
    Sie setzte sich auf, ließ die Haare ins Gesicht fallen, das ganze Haus schwankte.
    »Mir ist schlecht«, sagte sie mit der Stimme einer anderen. »Ich muss nach Hause fahren.«
    »Ich rufe dir ein Taxi«, sagte Jansson.
    Dunkelheit. Sie konnte kein Licht machen, saß nur auf ihrer Couch und starrte die Gardine an, die sich leicht bauschte, ein tanzender Schatten.
    Aida war tot. Ein Mann hatte sie getötet. Der schwarz gekleidete Mann hatte sie gefunden. Aber wie?
    Durch Rebecka Björkstig natürlich. Aida hatte ihr gedroht, den Bluff mit der Stiftung auffliegen zu lassen, und Rebecka Björkstig hatte sich gerächt, indem sie Aida verraten und ihren Verfolger hatte wissen lassen, wo sie sich verbarg.
    Was für ein Schwein. Was für ein dreckiger Mörder.
    Und sie hatte Aida in die Falle gelockt.
    Totschlag.
    Der Druck auf ihrer Brust wurde stärker, härter, bald, bald würde sie zerbrechen.
    Sie streckte sich nach dem Telefon, musste anrufen, musste mit jemandem reden. Anne Snapphane war zu Hause.
    »Was ist passiert?«, fragte Anne. »Bist du krank?«
    »Die Frau, die auf dem Sergels Torg erschossen wurde«, sagte Annika, »ich habe sie gekannt. Es ist meine Schuld, dass sie gestorben ist.«
    »Wovon redest du?«
    Annika zog die Knie hoch, legte den Arm um die Unterschenkel, wiegte sich auf der kratzenden Couch vor und zurück und weinte in den Hörer.
    »Ich habe ihr geraten, sich an die Stiftung zu wenden, und die haben sie verraten. Jetzt ist sie tot.«
    »Einen Moment mal«, sagte Anne Snapphane. »Die Frau wurde ermordet, oder? Durch einen Kopfschuss. Was, bitte, sollst du damit zu tun

Weitere Kostenlose Bücher