Paraforce 1 - Aller Anfang ist schwer
hat er mir gegeben?«, will ich wissen. Davon hatte mir meine Mutter nie erzählt. Ich dachte, die Kunst der Ärzte hätte mein Leben gerettet, nicht eine geheimnisvolle Flüssigkeit, die mir mein Vater verabreichte.
»Vampirblut. Er musste damals bereits Kontakt zu uns haben, sonst hätte er die Phiole nicht in so kurzer Zeit besorgen können. Er rettete dein Leben und pflanzte damit einen besonderen Keim in deine DNA. Als ich dich biss und dir meinen Keim gab, kam es zu einer Reaktion, einem anaphylaktischen Schock nicht unähnlich. Fast wärest du gestorben. Es gelang mir, dich zu retten. Aber der Preis ist hoch!«
»Bin …« Angst überkommt mich. Angst, die Frage zu stellen und noch größere Angst vor der Antwort. »Bin ich eine Blutsaugerin?«
Chantalle schüttelt den Kopf. »Nein, bist du nicht. Aber du bist auch kein Mensch mehr. Du stehst zwischen den Welten. Das bringt Vor- und Nachteile mit sich. Eines ist jedoch essentiell: Du musst hin und wieder menschliches Blut trinken. Sonst verkümmert der Keim in dir und ohne diesen bist du nicht lebensfähig.«
»Um es kurz zu machen – ich bin ein Freak. Ein Zwischending, nirgendwo zu Hause und auf menschliches Blut angewiesen. Das ist großartig.«
»Es tut mir leid«, wiederholt Chantalle. Mit ihren Lippen liebkost sie meine Wangen. »Du kannst mich hassen für den Rest deines Lebens. Oder du begreifst deine Gaben als Geschenk.«
»Ich hasse dich nicht.« Das ist sogar die Wahrheit. Mehr noch, ich fühle mich zu ihr hingezogen. Auf eine irrationale Weise zwar, die nichts mit Liebe oder sexueller Begierde zu tun hat, aber doch zu stark ist, als dass ich das Gefühl ignorieren könnte.
»Wir sind verbunden«, erklärt Chantalle, noch bevor ich eine entsprechende Frage stellen kann. »Ein Band, unsichtbar und stark, verbindet uns. Selbst über viele Meilen hinweg werden wir einander spüren. Du bist mein Geschöpf, dir gilt meine Zuneigung ganz automatisch. Eine Liebe, die du mit niemandem teilen musst, denn bislang widerstand ich dem Drang, mich auf diese Weise fortzupflanzen.«Ende dieses Romans
»Kinder, die durch einen Unfall entstehen, werden oft nicht so geliebt wie Wunschkinder«, gebe ich ironisch zurück. »Und ein Unfall bin ich wohl, oder?«
Ein leises Lachen kommt über Chantalles Lippen. »Ich hätte dich sterben lassen können und keiner wäre auf die Idee gekommen, mich deswegen zu beschuldigen. Ich wollte dein Leben retten.« Ihre Lippen berühren meinen Mund, wir küssen einander. Erst vorsichtig, dann leidenschaftlicher. Das Virus kann ihr nichts anhaben. Habe ich das Virus überhaupt noch? Bin ich noch HIV-positiv?
Fordernde Berührungen lassen mein Herz schneller schlagen, ihr nackter Körper ist eine Sünde. So schön, so makellos, dass er jeden anderen Gedanken beiseite fegt.
Als meine Lippen ihre Brüste liebkosen, seufzt sie genießerisch auf, als meine Zunge ihre Feuchte kostet, wimmert sie vor purer Begierde. Ihre Hände krallen sich in meinen Po, hart zieht sie meinen Unterleib auf ihr Gesicht.
Was folgt, ist purer Sex, der sich über Stunden erstreckt und mich auf angenehme Weise auslaugt. So, wie es sein soll …
Kapitel 7
Außerplanmäßiges
I
New York City
»Laura!«, ruft meine Partnerin erleichtert, als ich am nächsten Morgen mein Appartement betrete, den Schlüssel des Wagens auf das Sideboard im Flur werfe und meine Jacke auf einen Haken hänge.
Sie kommt aus dem Wohnzimmer und starrt mich fassungslos an. »Wir alle haben uns Sorgen gemacht!«
»Wer ist denn wir alle und was machst du in meinem Appartement? War deines nicht mehr hübsch genug?«
»Ich wollte hier sein, falls du zurückkommst. Gut, dass wir die Ersatzschlüssel getauscht haben. Und zu deiner Frage, wer sich Sorgen machte – Baptiste, Singh und ich; das reicht ja wohl!«
Sie seufzt, ehe sie fortfährt: »Chantalle nahm dich mit zu sich, sie wusste nicht, ob du überleben würdest. Wir hörten nichts von dir und dann spazierst du einfach in deine Wohnung. Warum hast du nicht angerufen?«
»Ich kam nicht dazu«, erwidere ich mit einem schmalen Lächeln.
Die Sonne scheint in meine Wohnung. Die Helligkeit blendet meine empfindlichen Augen, sodass ich die Sonnenbrille wieder aufsetze. Der Keim der Vampirin hat mich zu einem besseren Menschen gemacht. Zumindest anatomisch gesehen. Laura 2.0 , wie ich während der Fahrt zu meinem Appartement ironisch dachte. Die Narben, die meinen Körper überziehen, sind geblieben, daran kann auch
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