Paraforce 3 - Jagd auf einen Totengeist
war lediglich ein Experiment gewesen; der Ertrag war gering, doch in Nenths Augen ein Erfolg von unglaublicher Tragweite. Durch Bürgers Hilfe konnte er jeden Menschen so sehr manipulieren, dass er genau das tat, was Nenth wollte. Die Aussichten, die sich daraus ergaben, ließen Nenth gelegentlich vor Wonne erschauern, und er musste sich immer wieder bremsen und zur Ruhe mahnen. Ein Schritt nach dem anderen , sagte er sich immer.
Die Welt lag offen und aussichtsreich vor ihm; er musste lediglich zugreifen und sie gehörte ihm. Was machte es da schon, dass der Totengeist sein eigenes Spiel trieb? Dieses Vergnügen gönnte Nenth ihm nur allzu gerne.
Die schale Luft im Kellerraum änderte sich unmerklich; sie schien plötzlich mit einer fremden Energie aufgeladen und knisterte schier vor Elektrizität. Er spürte, wie die feinen Härchen auf seinen Armen sich aufstellten und ein Schauer durchzuckte ihn, wie immer, wenn es soweit war. Manchmal glaubte Nenth, ein leichtes Wabern in der Luft zu sehen, das annähernd menschliche Ausmaße hatte, aber das mochte auch an der Überreizung seiner aufgepeitschten Sinne liegen. Wie leicht es ihm diesmal gefallen war, den Kontakt herzustellen; noch nicht einmal übermäßige Konzentration war nötig gewesen. Bürger schlüpfte beinah bereitwillig in die diesseitige Welt. Er gierte nach Blut; ganz offenkundig.
Und Nenth gedachte es ihm zu geben. Diesmal hatte er einen ganz besonderen Auftrag für den geisterhaften Mörder. Seine Freunde Baltic und Schütte bereiteten ihm Sorge. Früher oder später würden sie die Nerven verlieren; bei Schütte stand dieser Zeitpunkt offenbar kurz bevor. Sie waren beide ein zu großes Risiko und er brauchte sie ohnehin nicht mehr. Sie waren nur bei der Erstbeschwörung wichtig gewesen; ohne ihre Hilfe und ihr Blut, das sie gaben, wäre der Versuch vermutlich gescheitert.
Nicht nur von Bürger befanden sich Fotos im düsteren Kellerraum, sondern auch von Schütte und Baltic; irgendwelche Schnappschüsse von früheren Urlauben, die sie gemeinsam verbracht hatten.
Es bedurfte keiner Worte, um Bürger die genauen Instruktionen zu geben. Bürger schien seine kommende Aufgabe direkt aus Nenths Hirn zu saugen.
Diesmal war er sich ganz sicher, dass er für den Bruchteil einer Sekunde ein Wabern vor sich sah. Es war ein formloses Gebilde, das zittrig vor seinen Augen tanzte, als würde ein Schauer der Vorfreude durch den Totengeist strömen.
6
Eva Kaulmann lag in der Kölner Uniklinik, zu der Ben Fuller sich mit einem Taxi chauffieren ließ, da Crenz ihm gesagt hatte, dass Parkplätze dort rar gesät seien. Dort angekommen, kratzte er sich ein wenig ratlos am Kopf, als sich der unübersichtliche Gebäudekomplex vor seinen Augen ausbreitete. Ben machte sich auf die Suche nach der Unfallchirurgie, in der die Frau lag.
Es dauerte eine Weile, bis er auf einer Informationstafel herausfand, welchen Weg er einschlagen musste, und noch bedeutend mehr Zeit verging, bis er diesen Weg endlich hinter sich gebracht hatte. Von einer zuvorkommenden, angesichts des Ortes unangemessen gutgelaunten Krankenschwester erfuhr Ben, dass Eva Kaulmann am Tag zuvor die Intensivabteilung verlassen hatte und nun in einem Einzelzimmer lag, derzeit aber noch nicht ansprechbar sei. Die Schwester wies ihm den Weg, er bedankte sich voller Überschwänglichkeit bei ihr, so groß war seine Erleichterung, endlich am Ziel zu sein.
Als Ben um die letzte Ecke bog, die ihn noch von dem Krankenzimmer trennte, kam ihm ein Mann entgegen, mit dem er beinah zusammenstieß. Er blickte Ben finster an, als hätte er ihn am liebsten aus dem Weg gewischt. Er hatte dunkles, ein wenig ungepflegtes Haar und sein Gesicht hätte dringend eine Rasur nötig gehabt.
»Sorry«, murmelte Ben verdrossen und hörte den Mann eine Erwiderung zischeln, die er jedoch nicht verstand. Achselzuckend ging Ben Fuller weiter und stand schließlich vor Eva Kaulmanns Krankenzimmer. Obwohl er wusste, dass sie noch nicht wieder bei Bewusstsein war, klopfte er an und war überrascht, als er eine Stimme vernahm, die ihn hereinbat.
Auf einem Stuhl neben dem Krankenbett saß eine Frau und blickte Ben entgegen.
»Guten Tag«, sagte die Besucherin und stand auf. »Heike Bender.«
Ben ging auf sie zu, reichte ihr die Hand und stellte sich vor. »Ben Fuller.« Ihr Händedruck war überraschend fest, beinah fühlte es sich so an, als wolle sie ihn gar nicht mehr loslassen. »Sind Sie mit Frau Kaulmann befreundet?« Er deutete
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