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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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behilflich sein könne.
    Das Garagenmaul stand einen Augenblick dunkel offen.
    Nein, er danke, sagte Döhring ungeduldig, er rufe wieder an.
    Dann tauchte im tiefen, dunklen Rachen der Garage die glänzende, silbrige Schnauze des Wagens auf und fuhr so unbedacht auf die Straße heraus, als gäbe es keinen Verkehr. Döhring erfasste das Ganze erst, als er zwischen den hellen Flecken auf der Windschutzscheibe Isoldes schwarzen Turban und ihre strengen Züge erblickte. Sie schien entschlossen, die Telefonzelle niederzuwalzen und in den Park hineinzurasen.
    Möglicherweise sei der Herr Doktor nur rasch etwas erledigen gegangen, sagte die Frau am Telefon, leider könne sie nicht sagen, wann er wieder erreichbar sei, aber falls Herr Döhring eine Nachricht hinterlassen möchte oder so freundlich sei, eine Nummer anzugeben, unter der man ihn erreichen könne, leite sie das gern weiter, Dr. Kienast würde sich bestimmt in absehbarer Zeit melden.
    Und falls er von einer Zelle aus spreche, sagte die Frau, die das in dem Augenblick wahrscheinlich bereits wusste, möchte sie ihn bitten, auch deren Nummer anzugeben.
    Es war wie ein ganz blasser Hoffnungsschimmer, mit dem er gar nicht mehr gerechnet hatte.

Durch den Eingang seines heimlichen Lebens
    Einen Augenblick hatte sie gemeint, Ágost sei verrückt geworden. Der ist ja übergeschnappt.
    Was machst du da, hatte sie gerufen, als sie, aus dem Badezimmer kommend, das Zimmer betreten hatte.
    Noch jetzt im Taxi konnte sie das Bild von gestern Abend nicht vertreiben.
    Sie konnte es nicht, weil sie ihn seit Wochen immer stärker und mit jedem Tag aussichtsloser begehrte. Dieses Begehren erfüllte sie mit Entsetzen. Sie redete sich vor sich selbst heraus, es sei nicht sein nackter Körper, nach dem sie sich so sehr sehne. Dafür hätte sie sich geschämt. Wonach dann. Doch nicht etwa nach seiner Seele. Hatte er gar nicht, nein. Da stand diese Gestalt vor ihr. Sie konnte sich noch so oft um ihn schlingen, sich ihm noch so oft öffnen, ihn noch so oft küssen, streicheln, sich in sein Fleisch versenken, daran zerren, seine Haut mit den Nägeln bearbeiten, ihr Begehren wurde nicht gestillt. Was ist mit mir los. Sie packte ihn, hielt ihn in der Hand, starrte ihn an, wenn er abspritzte. Ágost wollte nicht, dass sie es schlucke, er wollte es sehen. Was wird ohne ihn. Auch daran musste sie in dem nach Tabak stinkenden Taxi denken.
    Sie winselte, jaulte, durfte sich aber nichts anmerken lassen, die leiseste Gefühlsschwelgerei löste bei ihm Befremden aus. Nicht nur, dass er Leidenschaftlichkeit nicht ertrug, er lehnte auch die geringste Gefühlsäußerung als übertrieben ab. Sie hätte am liebsten alle seine Glieder, seine Fußgelenke, seine Handgelenke, seinen Schwanz, ja, seinen Schwanz und alle seine kleinsten Knöchelchen geliebt und angebetet. Auch das, was es nicht gibt, was man nicht greifen kann, die Wölbung seiner Fußsohlen. Sie betete ihn an. Genauer, sie überzeugte sich, dass sie ihn anbete und ohne ihn nicht leben könne, denn der Gedanke, dass sie ihn verlieren könnte, entsetzte sie. Dabei hatte sie ihn schon verloren. Sie gab mehr, als sie hatte, zeigte mehr, als sie fühlte, nur um nicht eine neuerliche Niederlage erleiden zu müssen. Mit nüchternem Verstand sah sie, dass es nicht ihrer beider Proportionen und Quantitäten waren, die nicht mehr zusammenpassten, sondern ihre Qualitäten. Aber wo war schon der nüchterne Verstand. Manchmal versuchte sie sich selbst zu befriedigen, so wie sie es vom Mann erhoffte, aber das gelang nicht. Dann verlangte sie von ihrem eigenen Körper mehr, als er leisten konnte, aber genau von diesem Ersehnten, das nie eine physische Form annehmen konnte, wusste sie nichts Genaues. Und in der Küche das lange Messer holen, dem schlafenden Mann schön tief in die Brust stechen, dazu hatte sie keinen Mumm. Was hatte sie gepackt, was verfolgte sie. Und doch wusste sie, dass nichts anderes half. Ihn töten. Einmal wurde sie von ihrer Ohnmacht, dann wieder von furchtbaren Ausbrüchen gequält. Als sie es sah und am anderen Tag im Taxi heraufbeschwor, war er ihr doch fern. Ágost hatte noch nie so etwas getan, jedenfalls nicht vor ihren Augen.
    In dem nackten Männerkörper sah sie ihre eigene Verlassenheit. Die Hoffnungslosigkeit ihrer eigenen zum Scheitern verurteilten Befriedigungsversuche. Es ekelte sie davor, oder vor sich selbst, so sehr verachtete sie sich. Aber abwenden konnte sie sich auch nicht, das ließ die Neugier nicht zu, sehen,

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