Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
Vom Netzwerk:
was für eine mädchenhafte Tätigkeit. Szilvia und Viola rieben es sich rot. Dann erinnerte er sich nur noch, dass es einen bestimmten Geschmack gab, den er im Geruch des Sumpfs nicht mehr spürte. Er suchte ihn vergeblich. Es blieb ein Lieblingsgedanke, dass er ihn schon noch finden würde. Am Ende war er nur noch im Halbschlaf da, er sank ein, konnte die Füße kaum herausziehen. Daraufhin erwachte er, mit der Erinnerung an Geschmack und Geruch, und daran, dass es doch zwei Mädchen namens Szilvia und Viola gegeben hatte, seine Cousinen. Trotzdem war da nichts, er konnte noch lange mit der Zunge im Mund herumfahren. Er wusste nicht einmal, wozu der Geschmack im Traum gehörte, in seinem Speichel fand er keine Spur mehr von ihm. Seine Erregung war nur durch eine Wand von dem aufdringlichen, laut strömenden Strahl getrennt. Er mochte sich zwar aufregen, weil diese beiden ihn wieder aus dem Schlaf gerissen hatten. Aber sosehr er sich dagegen wehrte, fand er in Wahrheit den durchdringenden Lärm von Gyöngyvérs Wasserlassen anziehend, phantasierte mit ihrer Fotze.
    Wenn er obendrein ihre vorsichtigen Fürze hörte, die von der altmodisch ausladenden, von haarfeinen Rissen überzogenen Toilettenschüssel verstärkt wurden, war es mit dem Schlafen endgültig vorbei. Gyöngyvér furzte nicht jeden Abend. Und wenn, dann auch nur zweimal, kurz, verhalten, rasch hintereinander, wie jemand, der sich nicht ganz gehenlässt, obwohl sie wahrscheinlich nicht damit rechnete, dass es jemand hörte. Es wirkte, als schäme sie sich vor sich selbst. Jeder Mensch ist ein Meister der Verstellung, und besonders Leute, die in derselben Wohnung leben, müssen tun, als würden sie die Lebensäußerungen der anderen nicht wahrnehmen und die Bemäntelungen dieser Äußerungen nicht durchschauen.
    Was Kristóf zwar gewöhnlich zuvorkommend tat, aber wenn er aus dem Schlaf geschreckt wurde, kam ihm die Sache vor wie ein lustiger, grober Scherz. Ein unwillkürlicher, kaum zu kontrollierender Lachanfall schüttelte ihn. Er sah den ewig zusammengepressten Mund der Frau vor sich, aus dem kam der Furz. Ihre widerlichen Anstrengungen, allen ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Jetzt also wurde sie allen ihren Bedürfnissen gerecht. Er sah Violas rot geriebene Fotze vor sich. Er wand sich vor stummem Lachen. Laut lachen durfte er nicht, dann wäre er entlarvt, dann würde Gyöngyvér nicht mehr zu furzen wagen, dann wäre Schluss mit der wiederkehrenden Freude. In Kissen und Decke verwickelt, wieherte er vor sich hin. Dieses unglückliche Geschöpf charakterisiert sich noch am treffendsten mit ihren vorsichtigen kleinen Fürzen. Je stärker sein Lachen wurde, umso stärker fühlte er auch, dass seine Fröhlichkeit weniger mit guter Laune als mit Demütigung zu tun hatte. Die Tränen flossen ihm, er bekam Seitenstechen, das Bettzeug, das er sich in den Mund gestopft hatte, wurde speichelnass. In Wahrheit schwankte er am Rand des Weinens.
    Dazwischen hörte man, wie in einiger Entfernung ein Topf klapperte, der Deckel abrutschte und irrsinnig laut auf den Steinboden der Küche schepperte. Essen und scheißen. Und wenn nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen so furzen, dann würde sein Leben nicht das sein, worauf man ihn vorbereitet hatte. Ganz anders, als es diese etepetete Frau und alle mit ihrem zierlichen Getue darstellten. Ein Glas klang, ein Teller klopfte auf den Tisch. Sondern ein einfacheres, lustigeres, um etliches widerlicheres und gewöhnlicheres Leben. Später flackerte im Boiler des Badezimmers das Gas mit einem dumpfen Knall auf. Ágost in der Küche öffnete den verdammten Wasserhahn.
    Ilona legte ihm jeden Abend alles sorglich heraus, aber Ágost aß lieber aus dem Topf, mit dem Löffel, mit den Händen, und das machte Lärm. Es war für ihn eine späte Befriedigung, nachts in seinem väterlichen Zuhause aus dem Topf zu fressen, Brot in die Sauce zu pappen, alles tropfen und herunterfließen zu lassen. Keine Nacht, in der Ilona im Dienstbotenzimmer neben der Küche nicht hochschreckte. Aber ob sie aufstand, um dem Mann doch lieber selbst zu essen zu geben, oder ob sie im Bett blieb und von dort das lärmige Geschehen in der Küche verfolgte, sie achtete immer darauf, ihren kleinen Jungen nicht zu wecken. Sie schliefen im selben Bett. Eine andere Liege oder ein Kinderbett hatte in dem Dienstbotenzimmer keinen Platz. Frau Erna hätte auch keins zugelassen, sie wollte der Tatsache, dass dieses Unglückskind hier wohnte, keinen

Weitere Kostenlose Bücher