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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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Mädchenbrüsten an.
    Und wenn du schon da bist, fuhr Mária mit der etwas willkürlichen Übersetzung fort, hilf mir aufzustehen.
    Irma musste Elisas hilflosen Körper unter den Achselhöhlen fassen und anheben, hochziehen, gewissermaßen am eigenen Körper festhalten, bis Mária den antiken Sessel unter sie geschoben hatte.
    Sie soll das treulose Schwein sein, die Galle stieg ihr hoch.
    Mária hält sie unter Verschluss, und wenn man zufällig fragt, wie es Elisa geht, ist das gleich Majestätsbeleidigung. Und während Irma den leichten Körper der blonden Frau hochzog und festhielt, wurde sie den Verdacht nicht los, dass es gar nicht um das ging, was sie redeten, sondern dass sie wieder einmal ein Spiel füreinander spielten.
    Als ob sich Elisa mit Márias schweigendem Einverständnis oder auf ihren eindeutigen Wunsch so anbieten würde. Die nuancieren und raffinieren auf Irmas Kosten ihr heimliches nächtliches Spiel.
    Irma bekämpfte diese leicht paranoiden Gedanken mit aller Kraft, wollte sie listig austricksen, ihnen in ihrer Verrücktheit ein wenig freien Lauf lassen, eine Chance geben, um sie dann, wenn sie aufatmeten, jählings abzuwürgen.
    Doch dieses eine Mal hatte sie sich nicht getäuscht.
    Wenn sich magere Körper so eng berühren, sind sie zu unglaublich tiefen Empfindungen fähig.
    Es war nicht das erste Mal, dass sie Elisas Körper mitsamt dem außergewöhnlich starken Geschmack ihrer Nächte unbefugterweise zu spüren bekam.
    Vollere Körper sind vielleicht heißer, leidenschaftlicher, magere Körper hingegen sind in den Empfindungen haargenau. Sie konnte nicht umhin zu spüren, dass Mária ihre Freundin gebrauchte und sich anhand ihres dünnen Körpers für die von Irma erlittenen Verletzungen schadlos hielt.
    Die beiden Schleppkähne waren jetzt schon weiter weg, und während sie ihren über die Donau hallenden und auch die Masse des Wassers durchdringenden Ton mitnahmen, trennte sich ihr Stampfen wieder, wurde wieder selbständig.
    Ich sag’s ja nicht deswegen, aber du bist ziemlich ungerecht mit mir, bemerkte Irma relativ ruhig und platzierte mit einem kleinen Ächzen Elisas Körper im Sessel.
    Und damit über ihren Verdacht von gerade eben kein Zweifel bestehen konnte, lachten die beiden zusammen auf, komplizenhaft, schamlos.
    Bevor sie mit dem Sessel aus dem Zimmer fahren konnten, musste sich Irma vor Elisa hinknien und ihre hilflos herunterhängenden, verdrehten Füße auf die herunterklappbare Stütze stellen. Die Füße waren überraschend schwer.
    Mit wem sonst könnte ich ungerecht sein, Irmuschlein, wenn nicht mit dir, erwiderte Mária über ihr.
    Du rächst dich also.
    An wem außer an dir könnte ich mich rächen, Irmuschlein, um Himmels willen. Und wenn ich doch einmal einen Grund dafür habe, oder zumindest einen richtigen Anlass, warum sollte ich es nicht tun.
    Weil du’s bist.
    Das fand auch Frau Szemző lustig genug, um zu lachen. Sie lachte sogar ein bisschen stärker als nötig, künstlich und süßlich.
    Sie bat damit für ihre eigene Schonungslosigkeit um Verzeihung; andererseits hatte sie keine Lust, klein beizugeben.
    Sie nahm die Beleidigung ernster, als sie davon berührt war.
    Mária gab dem Sessel so plötzlich einen Stoß, dass Frau Szemző sich gerade noch rechtzeitig aufrichten und beiseitespringen konnte.
    Wirklich höchste Zeit, dass wir uns an den Tisch setzen, rief Mária. Diesmal kommt Elisa mit. Mach die Tür auf, bitte. Und wirf ihr die Decke über die Knie.
    Auch bei anderen Malen zogen sie die Zeit vor dem Spiel etwas in die Länge, was sie mit angenehmer Ungeduld erfüllte.
    Frau Szemző musste beide Türflügel öffneten. Eine von ihnen wurde immer ungeduldig, auch das gehörte zum Ritual. In dem Atelier genannten weiten Raum, der eine nach Norden ausgerichtete Werkstatt war und ursprünglich einem namhaften Bildhauer gedient hatte, standen im nackten Lampenlicht entblößte oder halbbekleidete Holzpuppen um den riesigen Zeichentisch. Nichts schimmerte oder glänzte, und nichts warf einen Schatten. Auf der von Stecknadeln und Reißzwecken gelöcherten, von vergessenen Bügeleisen an mehreren Stellen eingebrannten Platte eines anderen Tischs stapelten sich zugeschnittene Stoffstücke, die darauf warteten, genäht zu werden, blauer und weinroter Futterstoff unter roter und violetter Seide, Messbänder, Scheren, hufeisenförmige Magnete, Schneiderkreiden und vollgesteckte Nadelkissen, die Mária oder die Gelegenheitsschneiderinnen an einem Gummiband über

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