Parallelgeschichten
man auf diese eindeutigen Indizien angewiesen. Der Pathologe befand aufgrund der zu verschiedenen Zeitpunkten entstandenen Wunden, dass der Täter rund viereinhalb Stunden nach dem Eintreten des Todes die Leiche ins Haus gezerrt hatte. Was Balter selbst bestätigte. Draußen wurde es schon hell, so viel ist sicher, sagte er sanft lächelnd.
Im Haus aber war noch Nacht.
Er hatte die Petroleumlampe nicht angezündet, erklärte er, sondern alles, was er an Essbarem gefunden habe, im Dunkeln gegessen. Da habe er aber mehrmals über die Leiche hinwegtreten müssen, bemerkten die Polizisten. So sei es, bekräftigte er, wie sollte er leugnen, dass er die Speisen aus der Kammer geholt habe und dann zum Tisch zurückgegangen sei, denn er esse dort. Zuerst habe er die Reste der grünen Bohnen mit Knoblauch gegessen, und er könne es nicht anders sagen, er sei immer noch hungrig gewesen. Er habe in die Speisekammer zurückmüssen. Es seien noch anderthalb Stücke Csabaer Dauerwürste vorhanden gewesen, dazu habe er drei kleinere Zwiebeln gegessen, aber da habe ihm das Brot gefehlt. Er sei ein drittes Mal in die Kammer, er könne es nicht anders sagen, er habe im Stehen eine ganze Packung süßen Zwieback gegessen.
Mensch, da haben Sie aber unterdessen die Leiche angeschaut, sagten die Polizisten, Sie standen ja über ihr.
Er könne es nicht anders sagen, antwortete er sanft lächelnd, es sei tatsächlich so gewesen. Am Küchentisch habe er noch drei Würfelkäse gegessen. Die habe er im Sitzen gegessen, so wie die Wurst. Von der Wurst habe er die Haut abgezogen, er könne nicht einmal Blutwurst mit der Haut essen.
Auf dem Herd neben dem großen Wäschetopf stand der leere Kochtopf, darin der Löffel. Auf dem Tisch die Stiele der jungen Zwiebeln, die Hautfetzen von der Wurst, das große Messer, die aufgerissene leere Zwiebackrolle aus Pergamentpapier, die Fetzen des Stanniols vom Würfelkäse.
Die Frage aber, was er zwischen halb zwölf in der Nacht und halb vier in der Frühe gemacht habe, konnte Balter nicht beantworten.
Vielleicht war ich eingeschlafen, sagte er mit unsicher werdendem sanftem Lächeln.
Unterdessen wurde es in dem Holzhaus, das von der heftigen Sonne des Vortags immer noch warm war, natürlich heller, nach Ansicht der Polizei musste Balter den Geruch, der dem aufgerissenen Fleisch entströmte, doch spüren.
Ja, sicher.
Er habe sich in der Morgenfrühe ja auch ausgezogen.
Seine gründlich verschmutzte Hose und das Hemd hatte er nicht zur schmutzigen Wäsche, sondern separat auf den Küchenstuhl gelegt, ordentlich zu einem Packen gerollt. Er hatte ein paar Einmachgläser aus dem Wäschetopf genommen und das Handtuch in das Wasser getunkt, von dem er seit zwei Tagen sparsam getrunken hatte. Auf dem Topfboden war noch ein wenig übrig geblieben. Er hatte das Handtuch ausgewrungen, um das Wasser nicht zu vergeuden, und die Flecken von seinen Händen, seinem Gesicht und seinem Hals entfernt.
Die Blutflecken, das sagte er doch nicht.
Die gingen leicht weg, schon schwieriger war es, das Aprikosenfleisch abzuwaschen, die Aprikose ist klebrig wie Honig. Er hatte das Handtuch mehrmals eintunken, mehrmals auswringen müssen.
Sie haben doch wohl gesehen, guter Mann, dass alles voller Blut wird.
Habe er, er wolle es nicht leugnen.
In der Zwischenzeit war das blutige Handtuch getrocknet, im Topf fanden sie tatsächlich blutiges Wasser.
Die Wahrheit zu sagen, er hatte sich nicht groß damit abgegeben, er hatte es eilig gehabt. Hatte einfach das Gröbste weggewaschen, um die erste Fähre zu erwischen. Die geht um vier Uhr vierzig, falls nicht jemand vorher eine Sonderfahrt verlangt.
Aber er wollte die Fährleute nicht eigens wecken.
Er zog dasselbe weiße Hemd, denselben Anzug aus dunklem Tuch an, in denen er sich am letzten Februartag am Vácer Ufer von seinen Kollegen verabschiedet hatte, um mit der ersten Fähre herüberzukommen.
Das Haus mit der Leiche schloss er sorgfältig ab.
Die schläfrigen Fährleute bemerkten nichts.
Am anderen Ufer stand in der Sommermorgenfrühe eine junge Frau auf dem Landungssteg. Mit einem mittelgroßen Koffer in der Hand. Der Steuermann hatte schon in der Flussmitte freudig entdeckt, dass die kleine Melinda nach Hause kam. Mit unverhülltem Jubel rief er es dem Schaffner zu. Bis die Fähre mit der Seite gegen den Steg schlug, rätselten sie darüber, was wohl in das blonde Mädchen gefahren war, dass sie um diese Zeit ankam. Sie sahen, dass sie ganz diszipliniert
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