Parallelgeschichten
über derartige Dinge nachdachten, sahen sie doch sein merkwürdiges Lächeln auf seinem verdächtig schmutzigen, stoppeligen Gesicht, solche Sanftheit kannten sie eigentlich nur von fremden Gesichtern.
Er griff sich in die Tasche, legte den Schlüssel zu seinem Haus auf den Wachstubentisch. Auf dem stumm das Telefon stand, niemandem wäre eingefallen, vor Balters Augen und Ohren Maßnahmen zu ergreifen.
Sie schwiegen, schauten ihn an, wagten nicht einmal, sich eine anzuzünden. Nach einer Weile waren sie einfach gezwungen zu glauben, dass er jemanden umgebracht hatte.
Aber es musste noch eine ganze Weile schweigend vergehen, bis jemand wirklich hinausging.
Von da an beantwortete er die Fragen hinter dem schönen Lächeln hervor.
Als der ehemalige Kollege zurückkam und in der offenen Tür stehenblieb, um ihn zum Kommandanten zu führen, folgte ihm Balter bereitwillig.
Liebhaber seiner Schönheit
Die teuren fremden Sachen auf dem Boden und die vom Bügel verschwundene brandneue Arbeitskleidung, die feinen gelben Lederschuhe an der Stelle der stinkenden Stiefel verursachten den Zigeunern nicht geringes Kopfzerbrechen.
Wie kam das hierher, wer hatte dem Tuba seine Stiefel verschwinden lassen.
Trotzdem machten sie sich wieder an die Arbeit.
Die durften sie nicht unterbrechen, selbst wenn etwas nicht in Ordnung war. Schon weil der Teer im Kessel am Schmelzen, Brodeln und Kochen war und sie per erbrachter Leistung bezahlt wurden.
Die Sonne stand hoch am wolkenlosen Himmel, die große Maschine brummte.
Während der Arbeit redeten sie nicht, jetzt aber war ihr Schweigen bitter und aufgeregt. Das Namenstagsbier, das sie am Tresen einer nahen Garküche mit ihrem älteren ungarischen Werkmeister, dem Bizsók, konsumiert hatten, trug das Seine bei.
Sie waren zu fünft in der Gruppe.
Die Maschine wurde von einem Jungen namens Jakab beheizt, der auch den Zapfhahn bediente. Es war ein in die Höhe geschossener, schmächtiger junger Mann, eher noch ein Jüngling. Über seinen zu vollen Lippen und dem kindlich runden Kinn spross Flaum, seinem schön geformten, glänzenden Schädel sah man an, dass er nicht vom Barbier so gnadenlos geschoren worden war. Eines schönen Frühmorgens war er darüber erwacht, dass er mit sämtlichen Gliedern ans Bett gefesselt war und um seinen Kopf herum eine Schere klapperte. Da konnte er noch so viel brüllen, sie anflehen, sie sollen ihn freilassen, noch so an seinen Fesseln zerren, soweit es ging, sie mit noch so fürchterlichen Flüchen überschütten. Zappel nicht rum, sagten sie, sonst wird deine schöne Visage noch narbig. Sie seiften ihm den Schädel ein und machten den mit dem Rasiermesser glatt.
Das ließ er dann geschehen, er hatte Angst, zitterte, ertrug es, schluckte leer, es ziemt sich ja nicht für einen Mann, aber er weinte.
Wieder glänzten in seinen dunklen großen Augen so viele Tränen, dass er kaum sah, was er tat. Zwei schoben den Schubkarren unter den Zapfhahn. Das Eisen knisterte und zischte, als sich der heiße Teer hineinergoss, die Radnabe krachte und quietschte unter dem heißen Gewicht.
Die beiden am Schubkarren waren Geschwister, beides gestandene Männer mit Familie, die einander tatsächlich glichen. Mager, haarlos, schwarz und klein. Ihre Rücken waren von den knotig verhärteten Muskeln auch dann gekrümmt, wenn sie nicht den Schubkarren anhoben. Sie trugen Clothhosen, die vom vielen Licht und dem vielen Waschen farblos geworden waren, Asbesthandschuhe und Stiefel mit Holzsohlen. Der eine hieß László, der andere Imre, aber niemand rief sie beim Vornamen. Wenn hingegen jemand sagte, der Téglás, wusste man, an welchen von den beiden er dachte, an den Imre. Denn der Ältere sagte fast nie etwas, mit dem konnte man nicht in menschlicher Sprache reden, der Imre hingegen sprach schnell und heftig, und so hatte es keinen Sinn, den anderen auch nur beim Nachnamen zu rufen. Der war wie stumm, auch wenn er über alles gutgelaunt lachte, und seinen schlauen Augen sah man an, dass er schon wusste, woher der Wind weht. Als kleine Kinder hatten sie aneinandergeschmiegt an der Seite ihres Vaters geschlafen. Es hatte zur natürlichen Ordnung der Welt gehört, dass sich der kleinere Junge in den Schoß des größeren kuschelte. Immer durfte der Kleinste dem Vater am nächsten liegen, an den er sich mit seinen Händchen klammerte, die anderen schmiegten sich nach der Geburtenfolge aneinander. Zur Mutter oder zu den Mädchen durften die Jungen nur bei Tageslicht,
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