Parallelum - Der dunkle Beobachter (German Edition)
und fahre zu Albertos Arztpraxis. Glücklicherweise liegt sie auf den gleichen Weg, den ich sonst auch fahren würde, also werde ich hoffentlich nicht allzu spät zur Arbeit kommen.
Kapitel 3
Da ich weiß, dass es nicht lange dauern wird, mache ich mir nicht die Mühe, nach einem Parkplatz zu suchen, sondern halte direkt vor dem Eingang der Praxis. Ich gehe sofort zu Paola, um mich anzumelden. Sie ist meine beste Freundin seit der Grundschule. Nach dem Abschluss konnte sie trotz ihrer vielen Qualifikationen keine Arbeit finden, also hat Giovanni mit Alberto gesprochen, und seitdem ist Paola seine Sekretärin.
»Hallo, Paola.«
»Hi, Eva, was machst du denn hier? Wie geht es dir?«
»Ganz gut, aber ich muss kurz zu Alberto, damit sich Giovanni beruhigen kann. Er macht sich Sorgen um mich, weil ich seit vier Nächten nicht geschlafen habe.«
»Seit vier Nächten, sagst du?« Sie legt ihren Kopf schief.
»Ja, aber nur, weil es so heiß ist«, erwidere ich schnell abwehrend.
»Wie kann es dir denn gut gehen? Ich meine, hast du denn keine Kopfschmerzen oder tun dir deine Augen denn nicht weh?«, fragt sie verblüfft.
»Nein, komischerweise nicht. Ich weiß auch nicht, wie das sein kann, aber das macht mir nichts aus. Weder bin ich müde, noch habe ich irgendwelche Schmerzen. Ich fühle mich total gesund«, beteuere ich, doch dann denke ich über das nach, was ich gerade gesagt habe, und mir wird klar, dass es total verrückt klingt. Es macht mir nichts aus, nicht schlafen zu können? Bin ich jetzt vollkommen übergeschnappt? Aber es stimmt: Mir geht es gut.
»Du siehst aber nicht so gesund aus, wie du dich zu fühlen scheinst.« Paola mustert mich von Kopf bis Fuß.
»Ciao, Eva!«, ruft eine tiefe Männerstimme hinter mir. Ich drehe mich um und sehe Alberto. Er ist ein gut aussehender Mann mit kurzem hellbraunen Haar, groß, schlank. Anfang des Jahres ist er dreißig geworden – ein junger Arzt und dennoch einer der besten in ganz Rom.
»Ciao, Alberto«, begrüße ich ihn und gehe auf ihn zu.
»Wie geht es dir? Kann ich dir irgendwie weiterhelfen?«, fragt er und sieht mit eindringlichem Blick zu Paola, die wieder mit den nächsten Patienten beschäftigt ist. Er scheint dabei etwas nervös. Ich frage mich, ob zwischen den beiden etwas läuft. Doch ich verwerfe diesen Gedanke sofort und schüttele den Kopf. Alberto ist seit zehn Jahren mit Angela zusammen. Die beiden sind das perfekte Vorzeigepaar schlechthin. Wenn es bei ihnen nicht klappt, dann bei keinem.
Wir gehen in sein Büro. Ich erzähle ihm, dass es mir eigentlich gut gehe, dass Giovanni darauf bestanden habe, dass ich zu Alberto käme und mich untersuchen ließe. Alberto macht das Übliche. Er untersucht meinen Hals und meine Ohren, dann kontrolliert er, ob meine Atmung und mein Herzschlag regelmäßig sind. Er misst meinen Blutdruck und zum Schluss meine Körpertemperatur.
»Eva, ich kann mir das nicht so richtig erklären, aber dir fehlt nichts. Du hast nur eine geringfügig erhöhte Temperatur, sonst ist alles in bester Ordnung.«
»Ja, ich habe gesagt, dass es mir gut geht, ich fühle mich gesund.«
»Du siehst aber nicht sehr gesund aus«, sagt Alberto und schaut mir in die Augen.
Das bekomme ich heute ständig zu hören. Scheint, als würde die Schminke wirklich nicht helfen.
»Nun ja; um Genaueres sagen zu können, müsste ich dir schon Blut abnehmen. Es ist wahrscheinlich der Stress, der dich nicht schlafen lässt, aber ich möchte sichergehen.«
Das macht er nicht oft, denn er weiß, dass ich eine gewisse Abneigung Nadeln gegenüber hege. Doch wenn er mir schon Blut abnimmt, dann muss es auch einen guten Grund dafür geben. Ich nicke, da bereitet Alberto schon alles vor. Dann lege ich mich auf das Krankenbett und streckte meinen linken Arm aus. Um die Nadel nicht sehen zu müssen, drehe ich meinen Kopf auf die andere Seite und schließe die Augen.
Der strenge Geruch von Desinfektionsmittel sticht in meine Nase - der gleiche Geruch wie auf der Intensivstation. Ich spüre, dass Alberto die Stelle desinfiziert in die er gleich die Nadel einstechen wird, und presse schon meine Zähne zusammen, wohl wissend, dass gleich ein sehr unangenehmes Gefühl folgen wird. Doch ich spüre nur eine Art Kribbeln, dann höre ich ein Geräusch, als wäre etwas zerbrochen.
»Was?!«, ruft Alberto erschrocken.
Ich reiße sofort meine Augen auf und wende ihm meinen Kopf zu. »Was ist los? Was war das für ein Geräusch?«
Er sieht überrascht
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