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Paranoia

Paranoia

Titel: Paranoia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Felder
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einen ab, damit Fynn hoffentlich einen Sekundärnutzen davon hat und ihn die Erzieher nicht als anhangloses Fallobst betrachten. Aber hauptsächlich sorge ich dafür, dass das Konto, welches ich auf seinen Namen eingerichtet habe, monatlich um fünfhundert Euro wächst. Er weiß nichts davon, und er wird erst mit achtzehn davon erfahren. Vor seiner Volljährigkeit darf er nämlich keinesfalls seinen Biss verlieren.
    Genau wie ich soll er in dem Glauben aufwachsen, dass man nur genug erreichen muss, um der Scheiße des eigenen Schicksals zu entkommen und die ewig währende Glückseligkeit zu erlangen. Den Zustand, in dem man nie mehr etwas anderes erstreben will.
    Genau wie ich soll er sich der Hoffnung hingeben, dass man nur hart genug arbeiten muss, um eine bessere Zukunft zu erwirken.
    Dass das Leben doch noch einen Sinn verliehen bekommt, dass alles gut wird. Die Energie, die aus dieser Illusion resultiert, muss er nutzen, bevor die Schubumkehr der Ernüchterung einsetzt.
    Noch weiß er nicht, dass die Unendlichkeit der Kindheit nur kurz währt. Und dass nichts gut wird.
    Um die fünf Popcorn-Flocken purzeln ihm aus der Hand auf die Lehne zwischen uns. Ich wische sie weg, sie fallen zu Boden und machen ein fluffiges Aufprallgeräusch, das nichts weiter ist als Einbildung.
    Fynn ist ein helles Kerlchen. Ich werde ihm den Besuch der besten Schulen ermöglichen, die bestmögliche Ausbildung bewerkstelligen. Und die muss er schnell absolvieren. Denn nurwenn er schnell genug läuft, merkt er nicht, dass er irregeführt wird, merkt er nicht, dass seine Hoffnung lediglich eine Phase ist, der er entwachsen wird. Dass er durch nichts, was er tut, seine Defizite und Limitationen überwinden kann.
    Genau wie ich soll er versuchen, das Höchste zu erreichen, das es zu erreichen gibt. Bevor er merkt, dass alles nur heiße Luft ist. Sonst hat er
von Anfang an
verloren. Aber in seiner Situation hat er das sowieso schon. Seine und meine Vergangenheit ist ein einziger Scherbenhaufen.
    Ich kann also nur versuchen, für seine Zukunft Weichen zu stellen. Für den Rest bin ich nicht zuständig, dafür kann ich nicht zuständig sein.
    Im Kino geht versehentlich das Licht an. Wir schauen umher, schon geht es wieder aus. Das Paar vier Reihen vor uns sieht immer noch nach links. Beide lachen. Fynn lacht nur nebenher, er bleibt voll im Film.
    Ist es nicht merkwürdig, dass die Stimme, die mich heimsucht, immer nur dann vollends verstummt, wenn wir zusammen sind?
    Es ist keine Erleuchtung, aber wahr: Mehr als er mich brauche ich ihn. Vielleicht liegt es daran, dass er mich erkennen lässt, dass ich mein Erwachsensein nur simuliere.
    Mein kratzender Hemdkragen unterbricht meine Gedanken. Ich zupfe ihn zurecht, schaue wieder zu Fynn, weil auf der Leinwand ein pyrotechnischer Effekt furchtbar scheppert. Er dreht seinen Kopf zu mir, ich sehe in seine aus Hochkonzentration aufgerissenen, großen dunklen Augen. Er lacht. Ich auch.
    Dann sitzen unsere beiden Köpfe wieder mittig auf unseren Hälsen, und Roger Moore scheint die Ruhe wegzuhaben. James Bond hat sich soeben aus einer ausweglosen Situation befreit. Er gegen elf Mann. Das ist ein klarer Nachteil für das knappe Dutzend.
    Fynn greift wieder nach, fingert abwesend mit der Hand in dem Karton-Kegel herum und gibt auf. Alles weg. Er lässt sich nicht ablenken, zieht den Arm heraus und erstarrt auf halbem Weg. Großes Finale, Showdown, Bond ist Sieger, küsst die etwas junge Schönheit an seiner Seite, ein süffisanter Spruch, Zoom, Streicher-Einsatz und Abspann.
    »Puh«, sage ich. »Nicht schlecht, oder? – Eis?« Dabei sehe ich ihn rein rhetorisch fragend an.
    »Eis!«, bestätigt er. Da kann es draußen noch so kalt sein.
    Im Moment, bevor wir aufstehen, streiche ich ihm über den Hinterkopf, über sein dichtes schwarzes Haar. Er zuckt die Schultern. Seit er in der zweiten Klasse ist, findet er, dass das für einen Mann wie ihn nicht mehr angebracht ist. Wahrscheinlich hat er recht. Ich lasse es mir trotzdem nicht nehmen. Ich gehe hinter ihm her und schaue auf ihn hinab, als wir durch die enge Sitzreihe, die Unterkörper halb seitwärts gewendet, den Saal verlassen.
    Ich: »Für mich einer der besten Bond-Filme.«
    »Ja, ganz okay. Vor allem die Spezialeffekte. Wirken gar nicht so veraltet, als wären sie aus der Steinzeit. Handlung auch in Ordnung«, sagt er mit der Experten-Kennerschaft eines frühreifen Zweitklässlers. Fachgespräch.
    Dann sage ich: »Boah, dein Hosenarsch hängt dir

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