Paranormal - Fuenf Romane mit Patricia Vanhelsing
Inneren des Puerto de las Cabezas war es gut möglich, dass sich jemand völlig unbemerkt bis zum Tor und dann zu den Booten schleichen konnte.
Tom und ich verließen schließlich das Zimmer und schlossen hinter uns vorsichtig die knarrende Tür. Leise schlichen wir durch die dunklen, hohen Flure des Haupthauses. Dann erreichten wir die Eingangshalle. Vorsichtig öffnete Tom einen Flügel der Haustür und wir traten hinaus auf das imposante Portal. Ein angenehmer kühler Wind strich über die Sümpfe. Aber er trug auch den Geruch von Moder und Verwesung zu uns herüber. Als bleiches Oval stand der Mond am Himmel und leuchtete wie das große Auge eines gewaltigen heidnischen Götzen auf uns hernieder...
Immerhin war die Sicht durch das helle Mondlicht ganz gut.
Wir durchschritten die Parkanlagen im Inneren des Puerto de las Cabezas. Wie ein Labyrinth aus dunklen Schatten wirkten die Sträucher und Hecken jetzt.
"Vorsicht", flüsterte Tom. Er sah zum Portal. Ich hatte das knarrende Geräusch auch gehört. Wir duckten uns hinter einer Hecke.
Archer trat hinaus ins Freie.
Er hielt ein Jagdgewehr in der Hand und ließ suchend den Blick schweifen.
Er hatte offenbar Geräusche gehört, die ihn misstrauisch gemacht hatten. Tom und ich sahen uns kurz an. Wir kauerten in den Büschen und warteten einfach ab. Archer trat die Stufen des Portals hinunter. Irgendein lauter Vogelschrei aus dem nahen Mangrovenwäldern ließ ihn herumfahren.
Dann ging er wieder die Stufen hinauf und verschwand im Gebäude.
"Ich frage mich, ob er vielleicht die Aufgabe hat, speziell auf uns aufzupassen", meinte ich.
"Jedenfalls möchte ich ihn nicht um Erlaubnis darum fragen, ob wir die Insel verlassen dürfen..."
Wir schlichen in geduckter Haltung bis zum Torbogen und gingen dann zu den Anlegestellen der Boote.
Linda kauerte auf einem der Landungsstege.
Die Planken des Landungsstegs ächzten.
Sie blickte auf, schrak zunächst zusammen und atmete dann auf, als sie uns im Mondlicht erkannte.
"Da sind Sie ja!"
Jetzt sah ich auch, was sie auf dem Bootssteg eigentlich machte. Sie kniete vor einem kleinen Ruderboot, das am Steg festgemacht und zusätzlich mit einer Kette gesichert war, in deren Schloss sie verzweifelt mit einem kleinen Schlüssel herumstocherte.
"Schnell! Wir müssen fliehen solange es noch geht..."
"Vielleicht sagen Sie uns erst einmal was hier eigentlich gespielt wird!", forderte Tom.
"Später! Sonst kann es zu spät sein..." Das Schloss sprang endlich auf. Offenbar verwendete sie nicht den regulären Schlüssel, sondern eine Art Dietrich. Sie ließ die Kette ins Wasser sinken und erhob sich. "Wir können nur dieses Boot nehmen", erläuterte sie dann. "Sie sehen ja, wie Archer hier alles abschließt! Die Boote mit Motor sind sogar mehrfach gesichert! Ohne Zündschlüssel läuft da ohnehin nichts, also bleibt das Ruderboot."
Sie sprang bereits hinein.
"Machen Sie das Tau los, Mr. Hamilton!"
Ein schauerlicher, tierhafter Schrei drang aus den hohen Umgrenzungsmauern des Puerto de las Cabezas. Er schien von unten zu kommen. Aus den Gewölben...
Linda fixierte mich mit ihren angstvoll geweiteten Augen.
"Haben Sie das gehört?", fragte sie.
"Natürlich..."
"Sie waren unten und haben diese Lehmfigur gesehen. Wie ein Wahnsinniger hat Brian daran gearbeitet. Bis an den Rand der Erschöpfung. Er konnte nicht damit aufhören. Ich beobachtete ihn dabei. Er war wie von Sinnen und..." Ein Ruck durchlief sie. Sie zuckte förmlich zusammen. Dann atmete sie schwer.
"Was ist mit Ihnen?"
"Nichts...", behauptete sie. Sie schluckte. "Sie beide sollen Teil eines Rituals werden, bei dem man Sie opfern wird..." Wieder zuckte sie zusammen. Wie unter dem furchtbaren Schlag einer unsichtbaren Peitsche.
Ich kletterte zu ihr auf das Boot, hielt ihren schwankenden Körper bei den Oberarmen.
"Sie sollen getötet werden... bei dem Ritual...getötet...Quanandro...getötet...Opfer...Blut..."
Sie schloss die Augen. Ein Zittern überkam sie.
"Was ist los mit Ihnen?", fragte ich energisch.
"Ich kann nicht darüber reden", sagte sie. "Ich habe schon zuviel gesagt... Es ist...Meine Erinnerung ist manchmal wie blockiert. Ich kann dann nichts mehr sagen oder schreiben..."
Sie fasste mich bei den Schultern. "Kelvorkian macht das! Ah..." Sie zuckte wieder zusammen. Ihre Hände krampften sich dabei schmerzhaft um meine Oberarme. Dann fuhr sie fort: "Bitte, alleine schaffe ich die Flucht nicht... Aber mit Ihnen beiden zusammen... Es ist die letzte
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