Parasit
sie war mit einem Kerl zusammen. Immer mit dem gleichen. Auf einem schob er sie auf einer Schaukel an. Auf einem anderen saßen sie im Schatten eines Baumes. Auf einem dritten küssten sie sich.
Jake spürte ein Ziehen in der Magengegend.
Der Kerl sah gut aus, trotz der Brille, und er schien sportlich zu sein.
Das kommt davon, warum musstest du auch schnüffeln?
Aber er fühlte sich besser, als ihm wieder einfiel, dass Alison gesagt hatte, sie habe letzte Nacht mit ihrem Freund Schluss gemacht.
Sie hatte den Kerl verlassen. Geschah ihm recht.
Jake hob den Koffer auf, nahm die Handtasche und die Jahrbücher und eilte nach unten.
Nachdem sie sich fast eine Stunde lang in der Wanne geaalt hatte, fühlte sich Alison ein bisschen besser. Das heiße Wasser hatte ihre verspannten Muskeln gelockert. Es hatte aber nichts geholfen, um die innere Anspannung zu lösen, diese kalte Übelkeit, die von tief drinnen kam.
Wenn es doch nur etwas gäbe, was sie auf andere Gedanken brachte.
Sie hätte schon gern ein anderes Gedankenprogramm. Nicht mehr diese schlechten Shows, in denen Roland, Helen, Celia, der tote Polizist und Evan die Hauptrollen spielten. Sie wollte den Jake-Kanal. Die Jake Show war angenehm, manchmal auch aufregend. All die anderen taten nur weh.
Alison stieg tropfend aus der Wanne und begann, sich mit einem weichen Handtuch abzutrocknen.
Das wäre alles ja gar nicht so schlimm, wenn sie es vermeiden könnte, sich mit Evan zu treffen.
Du musst gehen. Du musst es hinter dich bringen.
Ich habe nichts zum Anziehen.
Alison wollte das als Ausrede benutzen, aber sie hatte genügend Zeit gehabt, darüber nachzudenken und eine Lösung zu Finden.
Sie hängte das feuchte Handtuch über den Halter und verließ das Badezimmer. Die Luft im Korridor schien kühl. In Jakes Zimmer waren die Fenster offen. Ein angenehmer Windhauch umspielte sie.
Sie ging zu seinem Kleiderschrank, nahm ein kariertes
Hemd heraus und zog es an. Wenn es zugeknöpft war, konnte man es für ein Kleid halten. Ein kurzes, sehr knappes Kleid zwar, aber es musste reichen. Sie rollte sich die Ärmel bis zum Ellbogen hoch. Dann fand sie einen Gürtel und band ihn sich um die Taille.
Auf der Innenseite von Jakes Kleiderschrank war ein mannshoher Spiegel. Das Hemd sah nicht aus wie ein Kleid. Es sah aus wie ein Herrenhemd. Sie zog daran, und verschob den Gürtel ein wenig, damit es besser fiel.
Sie ging wieder ins Badezimmer und putzte sich die Zähne mit einem Zeigefinger, auf den sie sich Jakes Zahnpasta schmierte.
Schließlich ging sie in die Küche. An der Wand neben dem Telefon hing ein Notizblock und ein Stift. Sie riss ein Blatt ab und nahm es mit zum Tisch.
»Das ist er«, sagte Sam.
Jakes Herz pochte wild. »Sind Sie sicher?«
»Ich habe Sie beide genau sehen können. Kein Zweifel. Das ist derjenige, der Roland in den Wagen geholfen hat.« Sie glitt mit dem Finger über die Seite mit den Fotos und kam bei den Namen an. »Evan Forbes.«
Der Freund, mit dem Alison Schluss gemacht hatte. Der Mann auf den Fotos an ihrer Pinnwand!
Kein Grund zur Sorge, beruhigte Jake sich. Sie haben sich getrennt.
Aber sie hat gesagt, sie wolle ihn anrufen, sie wolle ihn wissen lassen, dass es ihr gut ging.
Was ist, wenn sie ihm erzählt, wo sie ist?
»Ich muss mal telefonieren.«
»Tun Sie sich keinen Zwang an.«
Jake wählte seine Nummer. Er lauschte dem Klingeln.
Na los, heb ab. Bitte, Alison. Nimm das verdammte Telefon ab!
Es klingelte fünfzehn Mal, bevor er aufgab. »Haben Sie ein Telefonbuch?« Sam lief aus dem Zimmer. Sie kam mit einem Telefonbuch zurück und warf es Jake entgegen.
Er raste durch die Seiten. Forbes war eingetragen. Jake kannte die Adresse - es war das Mietshaus, vor dem er in der letzten Nacht Rolands geparkten Wagen gefunden hatte. Er war schon an der Tür gewesen und hatte geklingelt. »Danke, Sam.« Er rannte.
Er trat gegen die Tür. Mit einen splitternden Krachen flog sie auf.
Der Teppich vor seinen Füßen war mit getrocknetem Blut befleckt.
35
Alison ging über den L-förmigen Parkplatz bei Wally, auf der Suche nach Evans Wagen. Er war nicht da. An der Straße stand er auch nicht.
Sie hatte das Haus um eins verlassen, und hatte eine halbe Stunde gerechnet, um zu der Bar zu kommen. Obwohl sie keine Uhr hatte, vermutete sie. dass sie wohl nicht mehr als fünfzehn oder zwanzig Minuten gelaufen war. Sie war zu früh dran.
Um so wenig wie möglich aufzufallen, verließ sie den Parkplatz und ging zu einer der
Weitere Kostenlose Bücher