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Parasit

Parasit

Titel: Parasit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Ulmen an der Straße hinüber. Das Gras war kühl und weich unter ihren bloßen Füßen. Der Schatten war wohltuend. Sie lehnte sich gegen den Baumstamm und zog tief und kräftig die Luft ein. Sie zitterte stark.
    Sie konnte sogar sehen, wie sehr ihre Beine zitterten. Sie stemmte sich mit ihnen gegen den Baum, die Knie überkreuzt, die Schenkel fest zusammengepresst. Vorn Saum des Hemdes bis zu den Kniescheiben vibrierte die Haut über den zuckenden Muskeln. Während sie zusah, wurde eine Ecke des Hemdsaumes von einer Windbö angehoben. Sie zog ihn augenblicklich wieder nach unten, und um eine Wiederholung zu verhindern, hielt sie das Hemd danach auf ihren Schenkeln fest. Sie spürte des Zittern durch den Stoff.
    Ganz ruhig bleiben, beschwor sie sich. Es gibt gar keinen Grund, so nervös zu sein. Ich werde mich nur mit Evan unterhalten. Es ist ja nicht so, als würden mir die Zähne ohne Betäubung gezogen.
    Vielleicht ist Evan schon drin. Er könnte zu Fuß gekommen sein. Dann kann ich hier stundenlang warten, während er drin sitzt, sein Bier trinkt und glaubt, ich hätte ihn versetzt.
    Nun, ich werde nicht hineingehen. Es war schon schlimm genug, so angezogen hierher zu laufen - oder besser, so wenig angezogen. Gottseidank bin ich niemandem begegnet, den ich kenne.
    Aber auch um diese Zeit war es bei Wally voll. Lauter Studenten, und Alison kannte die meisten von ihnen.
    Wie um diese These zu unterstreichen, bremste ein Kombi vor der Einfahrt und fuhr auf den Parkplatz. Sie konnte Tracy Weathers durch das Beifahrerfenster erkennen. Glücklicherweise sah Tracy gerade in die andere Richtung. Alison duckte sich zur anderen Seite des Baumes hinüber.
    Ich hätte zu Hause bleiben sollen.
    Sie hörte, wie der Wagen über den Kies knirschte und anhielt. Sie hörte Schritte, die sich entfernten, dann das Motorengeräusch eines anderen Wagens. Ihr Kopf ruckte nach links. Evans blauer Granada kam die Straße hoch.
    Er fuhr vor ihr an den Straßenrand und blieb stehen. Evan lehnte sich herüber und öffnete ihr die Beifahrertür. »Du bist früh dran«, sagte er.
    Sie zog mit beiden Händen die Hemdschöße nach unten, während sie in den Wagen stieg. Die Polsterung des Sitzes brannte heiß auf ihrem nackten Hintern. Sie stemmte sich nach oben und wischte das Hemd unter sich. Sie hielt die Augen von Evan abgewandt.
    »Was hast du da an?«
    »Alles, was ich finden konnte.«
    »Was ist das, ein Männerhemd?«
    Sie drehte sich zu Evan um. Sein Haar war sorgfältig gekämmt und er hatte sich, der Hitze angepasst, ein buntes Hawaii-Hemd, weiße Shorts und Sandalen angezogen. Er sah gut aus, abgesehen von der Blässe und den blutunterlaufenen Augen. Die Augen wirkten fiebrig. Alison mochte die Art nicht, wie sie durch die Brillengläser angestarrt wurde, wie diese Augen sie musterten.
    »Warum machst du dir nicht einfach ein Foto?«
    »Ich könnte etwas zu trinken gebrauchen.«
    »Lass uns hier bleiben. Ich habe wirklich keine Lust, hineinzugehen. Da drin ist es laut und ...« »Hast du keinen Hunger?«
    »Die Leute werden Fragen stellen. Wegen letzter Nacht. Du hast gesagt, es kam im Radio.«
    »Schrecklich«, sagte er. »Ich meine, letzte Nacht.« Er sah ihr ins Gesicht. »Du wirkst ganz schön mitgenommen.«
    »Bin ich auch.«
    »Du siehst trotzdem hervorragend aus.«
    »Ja, ja.«
    »Nein, wirklich. Ein blauer Fleck hat nicht die Kraft, so einer Blume die Anmut zu rauben.«
    »Danke.«
    »Lass uns wenigstens irgendwo etwas zu essen besorgen, ja? Wir können zu einem Drive-In fahren, dann brauchst du dir keine Gedanken machen, dass du jemandem begegnen könntest.«
    »Können wir uns nicht einfach hier unterhalten?«
    »Ich bin am Verhungern, Al. Wirklich. Ich habe den ganzen Tag noch nichts gegessen.« Er lächelte bitter. »Ich hatte einfach keinen Hunger. Aber jetzt geht es mir schon viel besser. Weil du da bist. Ich fühle mich, als habe man mich von den Toten zurückgeholt.«
    »Na ja, wir können ja irgendwo etwas zum Essen holen«, sagte Alison.
    »Na also.« Er fuhr los.
    Die Kette an der Haustür war nicht vorgelegt. Jake trat ein, mit dem sicheren Gefühl, dass Alison nicht mehr da war.
    Er rief ihren Namen, während er durch die Räume hastete. Im Badezimmer fand er seinen Bademantel und Alisons Nachthemd an einem Haken. In der Küche fand er eine Notiz: Sie lag auf dem Tisch, in der Mitte gefaltet, damit der Zettel aufrecht stand:
    Lieber Jake,
    ich musste kurz weg, um mich mit meinem ehemaligen Freund zu treffen.

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