Paris ist eine Messe wert
waren, wundern sich vielleicht auch, daß ich, der ich meinem König so ergeben diente, mich Navarras schlauem Plan zur Verfügung stellte. Ja, schöne Leserin, ich war völlig damit einverstanden, aus ganzem Herzen und auch im Interesse meines geliebten Herrn. Seine Armee war nämlich nicht so stark und gut befehligt wie die von Navarra, und wie Rosny gesagt hatte, konnte diese von Saumur aus Heinrich III. in Tours im Nu zu Hilfe eilen, sollte Mayenne sich seiner königlichen Person bemächtigen wollen, um seinen Bruder zu rächen, wozu er, glaube ich, große Lust hatte, weil das ligistische Orléans so nahe lag – und was er tatsächlich versuchte.
Am 30. April 1589, als der Vertrag zwischen den beiden Königen geschlossen war und Navarra, weil er Mayenne auf den Zahn fühlen wollte, sich in der Nähe von Tours herumtrieb, erhielt er vom König die Botschaft, Frieden und Vertrag genügten nicht, sie müßten sich treffen, um ihre Pläne abzustimmen, und er bitte ihn, sich zur Brücke von La Motte an der Loire zu begeben, dort fände er den Marschall von Aumont, der ihm den Ort der Zusammenkunft nennen würde.
Navarra kam also um ein Uhr mittags zu besagter Brücke und hörte von dem Marschall, daß Seine Majestät und der ganze Hof ihn in Plessis-les-Tours erwarteten und daß er von Tours Schiffe hergeführt habe, damit Navarras Adel und seine Garden übers Wasser fahren könnten, das Gros seiner Truppen aber müsse am rechten Ufer bleiben. Hierauf grüßte Aumont, ein Soldat von altem Schrot und Korn, der seinen Befehl mit knappem Wort erfüllte, verneigte sich vor Navarra und ging. |24| Navarra war sprachlos, und einige seines Gefolges wurden mißtrauisch, denn tatsächlich war Schloß Plessis-les-Tours vom rechten Ufer aus nur zu Schiff zu erreichen, weil es auf einer Art Insel im Zusammenfluß von Loire und Cher liegt, die dort den sehr spitzen Winkel eines Dreiecks bilden, dessen Grundlinie obendrein von dem Bach Saint-Anne 1 geschnitten wird.
Noch zwei Meilen von den Schiffen entfernt, die Aumont uns versprochen hatte, saß Navarra mit gefurchter Stirn auf einer kleinen Wiese ab, wo eine Mühle stand, und rief uns zu sich, Rosny und mich. Was wir von der Falle hielten, fragte er, in die wir uns da zu Plessis-les-Tours begeben würden, vom Gros der Truppen durch die Loire, den Cher und den Bach Saint-Anne getrennt und überdies auf einer Art Insel, wo uns eine Übermacht auflauern und jählings überfallen könnte.
»Ha, Sire!« sagte ich, »das walte Gott, daß der König nicht auf Verrat gegen Euch sinnt! Zwischen der Liga und ihm stehen das Blut der Guisarden und ein unversöhnlicher Haß. Ihr, Sire, seid sein alleiniger Freund und sein einziger Beistand!«
Navarra wiegte den Kopf, indem er seinen durchdringenden Blick auf mich richtete, und ich glaube, daß ihn die unbedingte Gewißheit, die er in meinen Augen las, befriedigte. Dann wandte er sich an Rosny, der mit der Miene überlegener Weisheit schwieg, ließ er sich doch, wie ich öfter beobachten konnte, zu gern von seinem Herrn erst bitten, mit seiner Meinung herauszurücken.
»Nun, Monsieur de Rosny, was sagt Ihr?«
»Sire«, versetzte Rosny, »ich sagte es schon, in solchen Dingen muß man vieles auf den Zufall setzen. Aber …«
»Aber?« fragte Navarra, der seinen Rosny kannte und ihn bat, weil er gebeten werden wollte.
»Sire, mehr wollte ich nicht sagen. Nur …«
»Nur?« fragte Navarra mit Engelsgeduld.
»Nur … wenn Eure Majestät Zweifel hegt, könntet Ihr zuerst den Adel übersetzen lassen, damit die Herren die Lage inspizieren, und dann mit den Garden auf den zurückkehrenden Schiffen überfahren.«
»Gut, Monsieur de Rosny«, sagte Navarra. »Das werde ich tun.«
|25| Er tat es aber nicht. Vielmehr befahl er Hauptmann Vignelles, mit einem Teil der Garden und des Adels überzusetzen und besagte Garden in der Nähe des Schlosses und der Brücke über den Saint-Anne aufzubauen, dann sollte er zurückkommen und ihm berichten, wie die Dinge stünden, worauf er selbst mit den übrigen folgen würde. Obwohl die Schiffer sehr geschickte Leute waren, wie ich sah, verschlang dieses Hin und Her viel Zeit, während Navarra stumm am Ufer auf und ab trabte und, immer wieder an seinen Nägeln kauend, hinüber nach dem anderen Ufer starrte.
Endlich kam Vignelles zurück und meldete, er habe das Schloß leer gefunden und die Brücke über den Saint-Anne unbewacht, weshalb er dort die Garden postiert habe. Der König und seine Herren
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