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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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so viele man will – am Hof ist immer der König der Stärkere, wie es sich ja in Blois gezeigt hat. Wer also fürchtet, daß man etwas gegen ihn vorhat, soll nicht hingehen!«
    »Zu bedenken ist es«, sagte Navarra. »Die Menschen sind, wie sie sind.«
    »Andererseits, Sire, in einem Fall wie diesem«, fuhr Rosny fort, »muß man ohnehin vieles dem Zufall überlassen. Sonst geschieht nie etwas.«
    »Richtig«, sagte Navarra. »Also, reden wir nicht mehr davon.«
    Hierauf stellte er sich abermals vor die Zeltöffnung, die Augen nach Châtellerault gerichtet. Und wieder kratzte er sich den Kopf.
    »Wenn der König ehrlich mit mir verhandeln will«, meinte er schließlich, »ist es vielleicht besser, ich nehme ihm keine Städte mehr weg. Die da bleibt die letzte.«
    Das klang so treuherzig und zugleich so schalkhaft, daß alle lachten.
    »Siorac«, sagte Monsieur de Rosny, nachdem Navarra uns beide beurlaubt hatte, »mein Page führt Euch zu Eurem Zelt. Ich wette, Ihr werdet nach unserem langen Ritt gerne ein wenig ruhen.«
    Hierauf verließ er mich rasch mit einem freundschaftlichen Augenzwinkern, doch ohne Umarmung, ohne Kuß, und ich stand ziemlich enttäuscht, weil er mir keine Zeit gelassen hatte, zu fragen, in welchem der zahllosen Zelte ringsum ich wohl meinen Vater fände. Der Page aber sauste mir wie ein Pfeil voraus, und um ihn in dem großen Gemenge der in alle Richtungen strebenden Soldaten, Landsknechte, Schweizer und Edelleute nicht aus dem Auge zu verlieren, sputete ich mich, dem Burschen auf Wegen und Umwegen zu folgen.
    »Hier ist es, Herr«, sagte der Schlingel, als ich ihn endlich |16| außer Atem einholte, worauf er auch schon verschwand wie ein Springteufel im Kasten.
    Ich schlug die Bahnen des Zeltes auf, aber da ich ins Dunkel trat, sah ich die Hand vor Augen nicht. Dafür jedoch fühlte ich, wie zwei kräftige Arme mich umfaßten und ein rauher Bart sich an meiner Wange rieb.
    »Sankt Antons Bauch!« schrie ich, »wer ist das?«
    »Haha, mein Herr Sohn!« sagte eine wohlbekannte perigurdinische Stimme, »wer das ist, fragt Ihr? Wo bleibt die Stimme des Blutes?«
    »Mein Vater! Mein Vater!« rief ich.
    Mehr brachte ich nicht heraus, Tränen schossen mir in die Augen, und in meiner Kehle stockte ein dicker Kloß. Ha! dachte ich, wie gütig von Rosny, mich so zu überraschen! Er hat doch das Herz am rechten Fleck, daß er meines so gut erriet! Indessen gewöhnten sich meine Augen an das Halbdunkel, und als ich mich aus den Armen meines Vaters löste, konnte ich mit Freuden feststellen, wie wenig die fünf Jahre, die seit Epernons Gesandtschaft in die Guyenne verflossen waren, den Baron von Mespech verändert hatten. Er war derselbe kraftvolle und lebensfrische Edelmann wie je, ja, trotz seiner grauen Haare sah er sogar besser und jünger aus, seit er seine Herrschaft an François, meinen ältesten Bruder, übergeben, sein Los auf Navarras abenteuerliches Glück gestellt hatte und mit ihm Belagerungen, Märsche und Schlachten bestand. Als ich das sah, strahlte ich unter Tränen, und abermals fiel ich meinem Vater um den Hals, küßte wer weiß wie oft seinen rauhen Bart und klopfte ihm mit beiden Händen Schultern und Rücken.
    »Ach, mein Vater! Mein Vater!« konnte ich nur immer wiederholen wie ein Papagei.
    »Beim Ochsenhorn!« sagte Jean de Siorac, der sich diesen Fluch nach Sauveterres Tod brüderlich fromm zu eigen gemacht hatte, »habt Ihr durch das Leben unter höfischen Schwätzern die Sprache verloren, mein Herr Sohn, oder seid Ihr vom vielen Messehören stumm geworden?«
    »Habt ein wenig Geduld, Vater!« sagte ich halb lachend, halb weinend. »Laßt mich nur erst in Fahrt kommen, dann hält kein Teufel meinen Redefluß auf!«
    Vorher freilich mußte ich noch die Umarmungen des Riesen |17| Fröhlich über mich ergehen lassen, der mir in Dankbarkeit anhing, seit ich ihm in der Bartholomäusnacht das Leben gerettet hatte. Nun dient er dem Baron von Mespech, und zu seiner Freude wiederum in jener gelbroten Livree der königlichen Schweizer (gelb fürs Béarn, rot für Navarra), von der er sich vor siebzehn Jahren unter Tränen hatte trennen müssen, um mit Giacomi, Miroul und mir vor den Mördern zu flüchten, die uns am 24. August in Paris mit Gegröhl auf den Fersen waren.
    Den eben erwähnten Miroul übrigens sah ich, während ich in Fröhlichs muskulösen Armen halb erstickte, still in einem Winkel des Zeltes damit beschäftigt, meine Sachen auf einem schmalen Feldbett

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