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1173 - Der irre Doc

1173 - Der irre Doc

Titel: 1173 - Der irre Doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Die Finsternis lag an den hohen Hinterhauswänden, die dieses Gebiet umschlossen und selbst dem Wind kaum eine Chance gaben, den Weg dorthin zu finden. So hatte er auch nicht die Schwüle vertreiben können, die sich in den letzten beiden Tagen aufgebaut hatte, als wollte der Sommer noch einmal zeigen, was er konnte.
    Ob ich durch die zahlreichen Fenster in der Nähe beobachtet wurde, war nicht zu erkennen. Ich ging allerdings davon aus, dass hier Neugierige auf der Lauer lagen und alles beobachteten, was so ablief.
    Der Weg ist das Ziel, sagte man, und in meinem Fall war es eben die graue Tür. Einen Schritt davor blieb ich stehen. Vor meinen Füßen senkte sich der Boden, und das alte Pflaster zeigte ein Netz aus fingerbreiten Rissen.
    Das Haus vor mir hatte zwar Fenster, jedoch nicht in der Nähe der Tür. Erst eine Etage höher gab es schmutzige Scheiben. Hindurchsehen konnte da keiner mehr.
    Die Tür hatte weder ein Gucklock noch eine Klappe. Dafür entdeckte ich einen hellen Klingelknopf.
    Er war neben der Tür in der Hauswand eingelassen und von einem runden Metallteller umgeben.
    Mit dem Zeigefinger drückte ich auf den Knopf. Überraschend würde ich hier nicht auftauchen, mein Besuch war bereits angekündigt worden, aber ich würde hier nicht als der erscheinen, der ich tatsächlich war, sondern inkognito.
    Den Klang der Klingel hatte ich nicht gehört. Die Mauern waren einfach zu dick, und das nächste Geräusch war ein ziemlich lautes Schleifen, als die Tür mit der Unterseite über den Boden hinwegkratzte. Sie öffnete sich nur langsam, und ebenso langsam tauchte die Gestalt in der Öffnung auf.
    Eine Alkoholfahne wehte mir entgegen. Es stank nach billigem Fusel, nach Gin. Der Gestank strömte aus dem Mund eines Mannes, der mich angrinste, einige Male schniefte und dann mit leicht krächzender Stimme fragte: »Bist du der Neue?«
    »Klar!«
    »Ehrlich?«
    »Warum sollte ich lügen?«
    Der Mann dachte nicht daran, die Tür weiter zu öffnen. »Ja, warum solltest du?« Seine Glitzeraugen schauten mich noch einmal an, dann nickte er und zog die Tür weiter auf. »Komm herein in das Reich des Todes und der Leichen. Wie heißt du eigentlich?«
    »John Sinclair.«
    »Aha.«
    »Und wer bist du?«
    »Eric!« Mehr sagte er nicht, aber ich wusste, dass der seltsame Kauz Eric Lamont hieß.
    Er war in der Tat eine tolle Gestalt. Ein Original, mit dem die Welt nicht mehr so reichlich bestückt war. Ein Mann, der bereits sieben Jahrzehnte auf dem leicht krummen Buckel hatte und sich eigentlich hätte zur Ruhe setzen können, was er jedoch nicht wollte, denn er mimte hier den Nachtwächter und nannte sich selbst Herr der Toten. Die Information hatte man mir mit auf den Weg gegeben.
    »Tritt ein in meine Welt, mein Freund, und fühle dich einfach nur wohl hier.«
    Das mit dem Wohlfühlen war Geschmacksache, den Eintritt brachte ich hinter mich, und Eric schloss die Tür, wobei er sich dann mit dem Rücken dagegen lehnte. Er schaute mich an und ich ihn. Das Licht war nicht eben strahlend, doch es reichte aus, um uns gegenseitig erkennen zu können.
    Eric Lamont war kleiner als ich. Natürlich eine Menge älter, und seine grauen Haare umwuchsen wirr einen recht knochigen Kopf. Ein Gesicht mit vielen Falten, eingefallenen Wangen, spitzem Kinn, hoher Stirn und mit zahlreichen Bartstoppeln. Die Lippen waren kaum zu erkennen. Sie erinnerten mich an zwei bläuliche Striche, die auf die Haut gemalt worden waren.
    Eric Lamont trug einen blauen verwaschenen Kittel und hatte einen Gürtel um die Hüfte geschnallt.
    Er wirkte wie ein pensionierter Cowboy, dem allerdings die Kanone fehlte. Seine Füße steckten in Gummistiefeln. Dass er darin schwitzte, war ihm wohl egal.
    Er schaute mich an und schüttelte den Kopf. »Habe ich etwas an mir?«
    »Nein.«
    »Da bin ich zufrieden. Ich scheine dir trotzdem nicht zu gefallen, weil du so komisch guckst.« Eric Lamont lachte meckernd. »Es gibt gewisse Dinge, die überraschen selbst mich noch.«
    »Tatsächlich…?«
    »Wie du, zum Beispiel. Jetzt gehe ich eine Woche in Urlaub. Fahre zu meinem Bruder ans Wasser. Lasse mir Wind um die Ohren wehen, um den Gestank der Leichen loszuwerden. Das alles ist nicht so neu für mich. Aber du bist es!« Er streckte mir seine Hand entgegen, um mir klar zu machen, was er damit meinte.
    »Klar, ich bin neu. Ich soll dich…«
    »Nimm's nicht persönlich, John. Ich finde dich ganz okay. Nur wundere ich mich darüber, dass man gerade dich geschickt hat,

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