Paris - Stadt der Sehnsucht
einen viel zu langen Augenblick war es ganz still im Zimmer. Damon starrte sie an. „Deine Arbeit interessiert mich im Moment nicht“, erklärte er kalt. „Wenn du nackt in meinem Bett liegst, bin ich dein Liebhaber, nicht dein Chef.“
Seine eisige Antwort verletzte Polly mehr als alles, was bisher gesagt worden war. Sie wollte sich nur noch in seine Arme flüchten und alles irgendwie ungeschehen machen. Doch das war unmöglich.
„Er ist unverschämt“, mischte sich ihr Vater ein. „Lass uns gehen, Polly.“
Am Boden zerstört, drehte Polly den beiden Männern den Rücken zu und eilte ins Schlafzimmer. Beim Anblick der zerwühlten Decken schossen ihr Tränen in die Augen. Wie glücklich war sie noch vor wenigen Minuten gewesen!
Verzweifelt verdrängte sie die Erinnerung, suchte Schuhe, Tasche und Mantel zusammen und ging zurück ins Wohnzimmer. Ihr Vater wartete an der Tür. Von Damon war nichts zu sehen.
„Wo ist Damon?“
„Weg. Er hat mir noch einen bitterbösen Blick zugeworfen und ist gegangen.“ Peter Prince sah sich nervös um. „Der Mann ist labil. Ohne ihn bist du besser dran, Polly! Lass uns zusehen, dass wir hier rauskommen!“
Als sie ihr Haus erreichten, stieg Polly müde aus dem Wagen. Ihr ganzer Körper tat weh, als hätte sie eine Grippe in den Knochen. Am liebsten wäre sie direkt auf ihr Zimmer gegangen, aber ihr Vater begann, ihr aufgeregt von der Hochzeit in der Karibik zu erzählen.
Polly seufzte müde. Sie hatte diese Geschichte schon zu oft gehört. Neue Frau, neues Glück, neue Hochzeit. Sie sollte sich langsam daran gewöhnt haben, doch diesmal war es anders. Nicht nur, weil die Braut ihre beste Freundin war.
„Bist du böse auf mich, Polly?“ Arianna sah Polly besorgt entgegen, als diese mit ihrem Vater eintrat. „Der Gedanke, dass ich jetzt deine Stiefmutter bin, ist wirklich komisch. Aber wenn wir uns erst einmal an die Situation gewöhnt haben, ist alles wieder gut zwischen uns, oder? Ich meine, natürlich musst du furchtbar wütend auf Damon sein. Aber so ist er nun mal. Du kennst ihn ja. Wir müssen nicht viel mit ihm zu tun haben.“
Ariannas Worte machten Polly nur noch trauriger. „Ich arbeite für ihn“, erwiderte sie. „Ich begegne ihm jeden Tag.“
„Such dir einfach einen anderen Job!“, schlug ihr Vater fröhlich vor. „Ich überlege, eine neue Firma aufzumachen. Du kannst für mich arbeiten.“
„Nein danke.“ Polly konnte Arianna nicht anschauen, ohne an Damon zu denken. „Mir gefällt meine Arbeit. Damon ist ein ausgezeichneter Chef. Seine Leute arbeiten gern für ihn.“
Peter Prince wirkte beleidigt. „Hm, er kann mit Zahlen umgehen, das muss man ihm lassen, und er ist bestimmt auch …“
„Dad, bitte!“ Polly hob die Hand und unterbrach ihren Vater. „Sag einfach nichts mehr. Alles hätte auch ganz anders ausgehen können. Jeder von unserer Belegschaft hätte den Job verlieren können und …“ Sie brach ab und schüttelte nur den Kopf. Sie war zu erschöpft, um noch länger zu kämpfen. „Vergiss es.“
Arianna stand auf und umarmte ihre Freundin. „Du musst furchtbare Wochen hinter dir haben, Liebes. Glaub mir, keiner weiß besser als ich, was für ein Tyrann Damon sein kann. Er muss ständig über alles die Kontrolle haben. Nicht auszuhalten!“
„Das tut er nur aus Sorge“, gab Polly aufgebracht zurück. Sie stieß ihre Freundin zurück. „Damon will nur, dass du glücklich bist. Er denkt, er müsste dich beschützen. Weißt du überhaupt, welche Opfer er gebracht hat, damit du in einer Familie aufwächst und nicht bei fremden Leuten? Vielleicht könntest du zur Abwechslung auch mal seine Seite sehen! Wieso zum Teufel hast du ihn nicht wenigstens angerufen? Er ist vor Sorge um dich fast verrückt geworden!“
„Wieso verteidigst du ihn?“, fragte Arianna erstaunt und schaute unsicher zu ihrem frischgebackenen Ehemann.
„Entschuldigt mich. Ich muss noch arbeiten. Ich habe nämlich vor, meinen Job zu behalten.“ Polly stand auf. Sie war über ihre feurige Verteidigung selbst genauso überrascht wie Arianna. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie sich auch vor ein fahrendes Auto werfen würde, um Damon zu schützen.
In ihrem Zimmer schloss sie die Tür hinter sich ab und ließ sich auf ihr Bett fallen. Erst gestern hatte sie ihre Beförderung gefeiert und sich auf ihr Studium gefreut. Ganz langsam hatte sie Damon ihr Herz geöffnet. Doch jetzt, wenige Stunden später, waren von ihrem großen Glück nur noch Scherben
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