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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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Rettungssanitäterin war, mit der er sich auf der Maininsel unterhalten hatte, kurz nachdem man dort den schwerverletzten Erkan Önal gefunden hatte.
    «Sympathisch, aber müde», fügte sie hinzu und sah ihn mit hochgezogenen Brauen an. «Mir scheint, Sie haben schon weniger anstrengende Arbeitswochen gehabt.»
    Marthaler lächelte. «Ja, das kann man wohl sagen. Haben Sie etwas Neues von Erkan Önal gehört?»
    «Ja», sagte sie «wir mussten heute Vormittag jemanden in der Uni-Klinik abliefern, da hab ich kurz bei Önal reingeschaut. Er liegt zwar immer noch auf der Intensiv, aber er ist bei Bewusstsein, und es geht ihm viel besser. Die Ärzte sind zuversichtlich. Ob er allerdings schon stark genug ist, Ihr scharfes Verhör über sich ergehen zu lassen, möchte ich bezweifeln.»
    Marthaler hob beide Hände: «Nein, nein! Ich will ihn nicht vernehmen. Ich wollte wirklich nur wissen, wie es ihm geht… Machen Sie das bei allen Patienten, dass Sie sich auch später noch nach ihnen erkundigen?»
    «Nein», sagte die junge Frau. «Nur bei den männlichen, und nur, wenn sie jung und hübsch sind.»
    «Und wenn sie nur sympathisch sind?»
    «Das reicht auf keinen Fall.»
    Dann lachte sie und ging davon. Bevor sie den Rettungswagen erreicht hatte, drehte sie sich noch einmal um und winkte Marthaler zu. Valerie Rochard saß auf dem Balkon ihres Krankenzimmers und las in einem Buch.Als Marthaler den Raum betrat, schaute sie auf,ohne eine Regung zu zeigen. Ihre Haut wirkte durchsichtig.Ihre linke Hand war noch immer mit einem Verband umwickelt.
    Vor zwei Tagen hatte er schon einmal vergeblich versucht, mit ihr über ihre Tage im Bunker unter Niehoffs Haus zu reden. Doch auch jetzt schien sie noch nicht in der Lage, von ihrer Gefangenschaft zu berichten.
    Verglichen mit den Fernsehaufnahmen, die Marthaler von ihr gesehen hatte, wirkte Valerie Rochard um Jahre gealtert. Ihr Blick zeigte Unruhe und eine tiefe Gleichgültigkeit. Marthaler beschloss, sie nicht weiter zu bedrängen. Immerhin erfuhr er, dass sie Niehoff nur dieses eine Mal gesehen hatte, als er sie aus dem Bunker geholt hatte. Sie habe gewusst, sagte sie, dass sie nur dann eine Chance habe, mit dem Leben davonzukommen, wenn sie das Versteck der Partitur nicht verrate.
    Sie begleitete Marthaler zumAusgang. Sie wolle, sagte sie, noch ein wenig durch die nahe gelegenen Kleingärten spazieren gehen.
    «Ich werde morgen früh zurück nach Paris fahren. Meine Hand wird dort genauso schnell heilen. Und meine Seele wahrscheinlich schneller.»
    Als er sich von ihr verabschieden wollte, merkte er, wie sich ihr Blick mit einem Mal aufhellte. Marthaler wandte sich um und sah das alte Paar über den Hof des Krankenhauses kommen.
    «Ich weiß nicht, ob Sie sich bereits kennen», sagte Valerie Rochard. «Mademoiselle Blanche, Monsieur Hofmann, und das hier ist Hauptkommissar Marthaler.»
    «Wir sind gekommen, um uns bei Ihnen zu bedanken», sagte Monsieur Hofmann,der kurz seinen Strohhutlüftete. «Und wir wollen Sie einladen.»
    «Mich einladen?», fragte Valerie.
    «Ja, wir haben beschlossen zu heiraten. Und wenn Sie unsere Trauzeugin würden, wäre es uns eine Freude.»
    Valerie lächelte. Dann umarmte sie die beiden alten Leute lange.
    «Aber wofür wollen Sie sich bedanken?», fragte sie.
    «Ohne Sie wären wir nicht nach Frankfurt gekommen», sagte Mademoiselle Blanche. «Durch Sie hat Georges etwas wiedergefunden, das er vor langer Zeit verloren hatte. Und er hat endlich Frieden mit seinen Eltern gemacht.»
    «Außerdem wollen wir uns verabschieden. Wir fahren morgen früh nach Hause.»
    «Aber dann nehmen wir denselben Zug. Dann können wir ja gemeinsam fahren. Ich werde in Paris vom Bahnhof abgeholt. Victor istsicher bereit, einen Umweg zu machen und Sie nach Hause zu bringen.»
    Monsieur Hofmann runzelte die Stirn: «Victor?»
    «Ja, ich habe Ihnen doch von ihm erzählt. MonsieurArsch. Er hat mich in den letzten Tagen jeden Morgen und jeden Abend angerufen. Er will sich endgültig von seiner Frau trennen.»
    «Das heißt, es geht alles wieder von vorne los?»
    «Vielleicht, ja», sagte Valerie. «Aber selbst das wäre im Moment nicht das Schlechteste.»
     

Vierzehn
    Es regnete seit Stunden, als Marthaleram Mittwoch, den 15.Juli2005, an der Eckenheimer Landstraße aus dem Taxi stieg. Überall auf der Straße standen große Pfützen,und das Wasser lief in breiten Bächen an den Bordsteinen entlang, bevor es gurgelnd in den Gullys verschwand.
    Die Trauerfeier für Oliver

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