Pastetenlust
einen Neustart mit Hilfe des prominenten
Bruders, von dem auch Thomas bis dahin nichts gewusst hatte, war es leicht, ihn
nach Wien zu locken. Die 1000 .– Euro, die er von
Jürgen über ›Western Union‹ erhalten hatte, ermöglichten es ihm, sich neben den
Reiseunterlagen auch noch neue Bekleidung zu beschaffen. Dem bis dahin in
ärmlichsten Verhältnissen lebenden und seit Jahren arbeitslosen Feinmechaniker
muss das wie Weihnachten vorgekommen sein.
DER MORD AN
THOMAS MÜNZ:
Jürgen Lettenberg holte
seinen Zwillingsbruder am Sonntagnachmittag vom Bahnhof ab. Nach dem Abendessen
schickte er ihn mit einem Taxi zum Hotel ›Gruber‹, wo ein Zimmer für ihn
reserviert war. Zum Abschied gab er dem Bruder die Adresse der Wohnung im 19.
Bezirk, Hauptstraße 17 und trug ihm auf, dort am nächsten Abend ab 20 Uhr zu
warten. Sobald das Licht im obersten Stockwerk rechts hinten anginge, sollte er
den Klingelknopf mit der Nummer 15 beim Eingang Stiege 3 betätigen. Eine Frau
würde ihm dann weiterhelfen. Und er, Jürgen würde gegen Mitternacht dazustoßen.
Am nächsten Abend beobachtete
Thomas das besagte Haus vom gegenüberliegenden Restaurant ›Mama Maria‹ aus, wie
der Verfasser dieser Zeilen bei Gericht bestätigte.
Später ging er in die Wohnung
auf Stiege 3, 4. Stock, wo er von einer schönen Frau empfangen wurde. Sophie
gab sich als ›Eve‹ aus und erklärte ihm, sein Bruder habe sie engagiert, um ihm die Zeit bis Mitternacht zu vertreiben, Nach einigen
Gläsern Alkohol war Thomas nur zu gerne bereit, sich von der schönen Frau zu
einigen Kostproben ›westlicher Dekadenz‹ verführen zu lassen. Der in sexuellen
Dingen reichlich unerfahrene Mann ließ sich arglos ans Bett fesseln und dachte
wahrscheinlich auch noch, dass die über den Kopf gezogene Plastiktasche
Bestandteil eines raffinierten Liebesspiels war. Vermutlich hatte er, wenn man
es mit ausreichend viel schwarzem Humor betrachtet, sogar einen recht
angenehmen Tod.
Dann rasierte Sophie der
Leiche den Oberlippen- und Backenbart ab und schnitt sein Haupthaar in der Art
der Frisur ihres Mannes. Danach tauschte der inzwischen eingetroffene Jürgen
die Kleidung mit seinem Bruder. Besonders dieser Vorgang soll ihm laut Aussage
seiner Frau, die ihn in diesem Zusammenhang als ›nervenschwachen Softie‹
bezeichnet hat, sehr unangenehm berührt haben.
Abschließend steckte er dem
Bruder noch den etwas zu kleinen Ehering an den Finger und seinen Pass in die
Tasche. Von seiner teuren Rolex wollte sich Lettenberg allerdings, bewusst oder
unbewusst nicht trennen.
Mit einer blonden Perücke und
einem schwarzen langen Unisexmantel verfremdet aussehend schleppte Jürgen mit
seiner Frau die Leiche wie einen Betrunkenen hinunter in den Hof. Als sich
durch das angehende Ganglicht auf der Stiege 1 ein später Hausbewohner
ankündigte, setzten sie den Toten auf die Bank im Hof. Jürgen schirmte die
Leiche mit seinem Körper ab und versuchte, den Eindruck eines Liebespaares zu
erwecken. Was ihm dank seiner Verkleidung, der Dunkelheit und der angeborenen
Dezenz des Verfassers dieser Zeilen auch gelang.
In der Zwischenzeit entfernte
sich Sophie, um das Auto zum weiteren Abtransport der Leiche zu holen. Da der
so spät noch muntere Hausbewohner ein erdgeschossiges Fenster geöffnet hatte
und für Jürgen erkennbar wurde, dass der Mann noch länger nicht zu Bett gehen
würde, änderte er spontan den ursprünglichen Plan. Statt die Leiche in den von
ihnen dafür ausgesuchten ›Hansl-Teich‹ zu werfen, wurde sie von Lettenberg auf
die Bank gebettet.
Danach entfernte er sich,
tauschte die blonde Perücke gegen eine, die der Frisur seines Bruders in dessen
rumänischen Pass ziemlich ähnlich war und setzte dessen mit 1 und 1,5 Dioptrien
erträglich schwache Brille auf. So konnte er durchaus als Roman Schuster
auftreten, ohne befürchten zu müssen, dass der Schwindel erkannt wird.
Sophie brachte ihren Mann
noch zu einem Taxistandplatz, dann fuhr sie direkt zurück nach Thalgauberg.
Jürgen ließ sich ins Hotel
›Gruber‹ bringen, wo er als Herr Schuster begrüßt wurde.
SOPHIES ALIBI
– DER MORDFALL ›TESSLER‹:
Sophie Lettenberg war der
Kopf hinter dem Mordplan. Ihr Alibi hatte sie lange vorbereitet.
Der Tod eines wertvollen
Pferdes auf ihrem Reiterhof lieferte ihr den Vorwand für einen
Nervenzusammenbruch. Freiwillig begab sie sich zur Behandlung in eine
Privatklinik am Thalgauberg.
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