Pastetenlust
Freundin Martina
Tessler, eine sehr gutmütige, naive Frau, die die um zwei Jahre jüngere Sophie
aus nicht weiter nachvollziehbaren Gründen verehrte (lesbische Neigung?)
übernahm für sie leichtgläubig verschiedene Aufgaben. So beauftragte sie einen
Privatdetektiv damit, Jürgen Lettenberg zu überwachen, reservierte die Wiener
Wohnung und übernahm einen versiegelten Umschlag mit ihr
unbekanntem Inhalt zur Aufbewahrung. Damit hatte Martina Tessler
unbewusst selbst Belastungsmaterial gegen sich geschaffen und verwahrt. Zuletzt
ließ sie sich sogar dazu missbrauchen, der ›Freundin‹ ohne es zu wissen ein
Alibi zu verschaffen. Während Sophie als Martina verkleidet in deren Auto nach
Wien fuhr und Thomas ermordete, lag Martina in Sophies Bett im Sanatorium am
Thalgauberg und schlief. Zusätzliche Tarnung verlieh ihr ein Kopfverband,
äußeres Zeichen einer Kopfverletzung, die sich Sophie angeblich einige Tage
vorher bei einem Sturz im parkähnlichen Garten der Privatklinik zugezogen
hatte. Und den sie selbst wechselte, was ihr als promovierte Medizinerin jeder
zutraute. Die genauen Gründe, aus welchen sich Frau Tessler dazu bereit erklärt
hat, blieben im Dunkeln. Es kann aber ausgeschlossen werden, dass sie von dem
tatsächlichen Vorhaben ihrer Freundin gewusst hat.
Sophie hatte natürlich
mitbekommen, dass der Lebensmittelhandelskonzern BIGENI erpresst wurde. Sie
beschloss, sich diesen Umstand zu Nutze zu machen und bei der Ermordung der
einzigen Person, die ihr Alibi gefährden könnte, nach dem Muster der Erpresser
vorzugehen. Sie vergiftete zwei Packungen der Lieblingsnascherei Martinas mit
Digitalis, das sie aus der Apotheke ihres Vaters beschafft hatte. Am Wege
zurück zur Privatklinik kaufte sie im BIGENI-Markt in Mondsee zwei weitere
Packungen dieses Krokantgebäcks.
Auf dem Parkplatz schenkte
sie einer zufällig vorbeigehenden Pensionistin eine Packung der vergifteten
Leckereien. Auf diesen willkürlichen Mord angesprochen, meinte Sophie
Lettenberg, dass sie damit den Eindruck, die Tat sei von den Erpressern zu
verantworten, verstärken wollte.
Nachdem sie ihren Platz
wieder mit Martina Tessler getauscht hatte, fuhr diese nach Salzburg. Dabei
bekam sie offensichtlich Lust auf die einladend am Beifahrersitz liegenden
Naschereien. Einige Minuten später war sie tot.
DER MORD AN
JÜRGEN LETTENBERG:
Sophie Lettenberg hatte nie
die Absicht, die 1,5 Millionen Euro der Lebensversicherung mit ihrem Mann zu
teilen. Da sich der Mordmodus, dem Martina Tessler zum Opfer gefallen war, gut
bewährt hatte, wollte sie den Erpressern noch eine weitere Leiche anhängen.
Lettenberg aß für sein Leben
gerne diese ›Schoko-Nougat-Pasteten‹, die man auch bei BIGENI bekommt. Daher
wollte sie eine Packung dieser Leckereien im Leihwagen platzieren, mit dem ihr
Mann am nächsten Tag nach Preßburg fahren sollte. Nach ihren Intentionen hätte
ihr Mann spätestens zu diesem Zeitpunkt seinen Lieblingskuchen definitiv zum
allerletzten Mal genossen.
Dass
sich ihr Plan auch noch nach ihrer Verhaftung erfüllen konnte, weil ein
gutmeinender Kriminalbeamter Lettenberg noch eine letzte kleine Freude vor den
langen Jahren hinter Gittern gönnen wollte, war vor allem eine Verkettung
unglücklicher Zufälle. Hätte aber mit etwas mehr Aufmerksamkeit verhindert
werden können.
Dieser Vorwurf trifft vor
allem den Verfasser dieser Zeilen. Besonders tragisch in diesem Zusammenhang
ist, dass auch einer der beiden Kriminalbeamten, die Lettenberg wegbrachten,
dem ebenfalls mit Digitalis vergifteten Kuchen zum Opfer fiel.
DAS MOTIV:
Neben den wachsenden
Aversionen der Mörderin gegen ihren Mann war es vor allem die mit 1,5 Millionen
Euro sehr beachtliche Summe, die die Lebensversicherung bei Lettenbergs Tod
zahlen musste.
Der für europäische
Verhältnisse Spitzengagen beziehende Schauspieler war dank seiner Spielsucht
hoch verschuldet. Sophie hatte sich durch die Heirat auch finanzielle Hilfe für
ihren dringend renovierungsbedürftigen Reiterhof erwartet. Diese Hilfe konnte
ihr ihr Mann nicht geben. Im Gegenteil, er versuchte sogar, Geld von seiner
Frau zu bekommen.
Als sie vom Zwilling ihres
Mannes Kenntnis bekam, reifte in ihr der Plan. Ein Plan, zu dem sie sich durch
zwei Kriminalromane inspirieren hatte lassen. Und den sie entsprechend
modifizierte. Wertneutral muss anerkannt werden, dass der Plan nur an einigen
Fehlern im Detail sowie am Zufall scheiterte.
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