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Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Titel: Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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schmalen Körper neben sich gespürt. Wahrscheinlich hatte er seinen Arm um ihre Schultern gelegt. Und dann . . . – er konnte sich nicht erinnern.
    »Um es kurz zu machen«, sagte Ermittler Nummer eins, »wir haben leider nicht die Handhabe, Sie hier länger festzuhalten. Aber das kann sich schnell ändern.«
    »Ihnen ist hoffentlich bewusst, dass momentan alles gegen Sie spricht«, sagte der andere mit drohendem Unterton. »Uns fehlt nur noch ein Augenzeuge dafür, dass Sie in Begleitung der Getöteten tatsächlich noch einmal ins Lochgefängnis gegangen sind.«
    »Warum auch immer Sie das getan haben«, ergänzte Pauls Gegenüber in anzüglichem Ton. »Ich weiß ja nicht, auf welche Art von Sex Sie stehen . . .«
    Paul riss sich zusammen. Er wollte aufspringen und die beiden Polizisten anschreien. Denn diese Vorhaltungen waren ungeheuerlich. Aber er hatte nichts, rein gar nichts, was er zu seiner Verteidigung Vorbringen konnte.
    Denn ihm fehlte ein entscheidender Teil seiner Erinnerung. Ihm wollte partout nicht einfallen, was auf die Szene mit dem Sommermantel gefolgt war. Hatte Bea sich verabschiedet und war gegangen? Oder waren sie beide zusammengeblieben? Waren sie womöglich gemeinsam in Pauls Atelier gelandet und hatten miteinander. . .
    Paul fiel in diesem Zusammenhang eine Episode aus seiner Vergangenheit ein. Es war kurz nach dem Abitur gewesen, als er erstmals Bekanntschaft mit dem Phänomen des sogenannten Blackouts gemacht hatte. Bei einer Party war er ziemlich abgestürzt. Er hatte wahllos alle möglichen Drinks konsumiert: Bier, Wein, Schnäpse, Cocktails. Am anderen Morgen hatte ihn die Gastgeberin damit konfrontiert, er habe die Reinigung ihres Kleides zu zahlen, das er absichtlich mit Rotwein bekleckert hätte. Paul hatte im Brustton der Überzeugung widersprochen. Bis ihm schließlich Fotos vorgelegt wurden, die ihn in voller Aktion zeigten: Breit grinsend stand er mit einer Weinflasche vor der Gastgeberin und hatte sichtlich Spaß daran, ihrem Kleid einen neuen, rot gescheckten Look zu verpassen.
    »Sie haben offensichtlich bei jemandem einen Stein im Brett – über die Gründe möchte ich hier nicht spekulieren«, sagte Pauls Gegenüber mit kaum verhohlener Wut. »Deshalb – aber auch nur deshalb! – werden wir Sie laufen lassen.«
    »Aber die Sache ist nicht ausgestanden«, betonte der andere noch einmal.
    »In unseren Augen sind Sie schuldig.« Der erste Beamte sah Paul eindringlich an. »Der kleinste Fehler, und wir haben Sie.«
    »Danke.« Paul erhob sich. Er bemühte sich um einen freundlichen Tonfall. »Einen schönen Tag noch.«
    Er verließ das Revier in dem Bewusstsein, dass er womöglich ein Mörder war. Ihm fehlten die Erinnerungen an mindestens sieben oder acht Stunden der letzten Nacht.
    3
    Der Rückweg nach Hause, zum Weinmarkt, so kurz er auch sein mochte, geriet für Paul zum Martyrium. Die Vorstellung, das Gedächtnis verloren zu haben, war allein schon erschreckend genug. Aber dieser Mordvorwurf – das war zuviel für ihn. Paul fühlte sich schrecklich, und er gab sich keine Mühe, seinen Gemütszustand zu verbergen.
    Zum Glück traf er keinen Bekannten, dem er Rechenschaft über seine Niedergeschlagenheit hätte ablegen müssen. Er war froh, als er unbehelligt das Haus erreicht hatte.
    Während er die Treppen bis ins oberste Stockwerk hinaufging, machte er sich bittere Vorwürfe wegen des vergangenen Abends. In seinen Ohren hallten die Worte Jan-Patricks nach:
    »Riskier doch nicht deine Beziehung mit Katinka«, hatte der Wirt ihm zugeraunt, als er eine neue Runde Getränke servierte.
    »Beziehung?«, hatte Paul gezischt. »Was ist denn das für eine Beziehung, bei der es dem einen Partner nur immer um die Karriere geht? Sie hat mich für ihren ach so tollen Juristenjob in Berlin sitzen lassen, so sieht’s aus!«
    »Du hattest die Wahl, sie zu begleiten«, hatte ihn Jan-Patrick leise an die Realität erinnert.
    »Ja«, hatte Paul sauertöpfisch erwidert. »Aber das wollte ich nicht, und jetzt lass mich in Ruhe damit.«
    Paul schloss seine Wohnungstür auf. Wie weit war diese Sache mit Bea gegangen, fragte er sich zum wiederholten Mal. Im Goldenen Ritter war außer gelegentlichem Händchenhalten nichts gewesen. Da war sich Paul ganz sicher, allein schon wegen Jan-Patricks argwöhnischen Blicken. Aber als sie das Lokal verlassen hatten, später am Abend? Es musste ihm doch endlich wieder einfallen!
    Paul plumpste auf sein Sofa und ließ den Kopf in die Hände sinken. Er

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